Mit mehreren Rechtsgutachten zur Causa Madoff buhlt die Wiener Anwaltskanzlei PHH um Primeo-Fonds-Anleger, die sich geschädigt fühlen. Ein Gutachten der Kanzlei kommt zum Schluss, dass Ansprüche gegen die Bank Austria geltend gemacht werden können, die den Primeo-Fonds als Cayman-Island-Offshore-Gesellschaft gegründet habe.
Die Bank bezeichnete die Expertise der Kanzlei am Dienstag gegenüber der APA als "recht durchsichtige Marketingaktion und weder besonders substanziell noch gut recherchiert". Man könne nicht vollziehen, wieso die Bank Austria an dem Betrugsfall in den USA ein Verschulden treffen sollte, "denn wir sind unseren entsprechenden Informations- und Aufklärungspflichten voll nachgekommen".
Die Anwälte dagegen meinen, der Bank Austria - deren 95-Prozent-Tochter LB Holding den Fonds gegründet hatte - müsse klar gewesen sein, dass die Anlegergelder an den mittlerweile zu 150 Jahren Haft verurteilten Milliardenbetrüger Bernard Madoff fließen. Dies erklärte die Rechtsanwaltskanzlei Prochaska Heine Havranek am 11. August in einer Aussendung, nachdem das Wochenmagazin "profil" diese Woche über diese Expertisen berichtet hatte. "Die Bank Austria ist kein Opfer, es wurde bewusst gehandelt - und dafür muss jetzt die Verantwortung übernommen werden", so Wirtschaftsanwalt Dieter Heine: "Wir bieten Geschädigten die Möglichkeit, sie gegen die Bank Austria zu vertreten und ihre Ansprüche durchzusetzen."
Bank Austria als Repräsentant und Prospektkontrollor
Bei der Zulassung des Primeo-Fonds zum Vertrieb in Österreich laut Investmentfondsgesetz (InvFG) sei die Bank Austria als Repräsentant und Prospektkontrollor aufgetreten. Als der Repräsentantenvertrag im Juni 2009 gekündigt wurde, habe die Finanzmarktaufsicht (FMA) den weiteren Vertrieb des Fonds untersagt, aber bestätigt, dass die Repräsentanten-Verpflichtungen bis zur Liquidation aufrecht bleiben. Das sieht die Bank anders: Nach Kündigung des Vertrages mit Primeo sei die Funktion als Repräsentant und Zahlstelle beendet gewesen.
2004 sei Anlegern fälschlicherweise im Emissions-Prospekt mehrfach glauben gemacht worden, dass eine Risikostreuung stattfinde und mehrere Manager eingesetzt würden, so die Vorwürfe der Anwälte weiter. Letztendlich seien die Gelder aber an die durch Madoff verwalteten Herald Fonds und Alpha Prime gegangen. Die Kontrolle des Prospekts sei der 95-prozentigen Bank-Austria-Tochter BA Worldwide Fund Management Ltd. oblegen, so die Anwälte. Die Bank Austria betont dazu, dass die Emissionsprospekte vom Fonds selbst herausgegeben wurden und sie als Repräsentant lediglich für die formelle Prüfung des Prospekts und die Unterstützung der Kommunikation zwischen Fonds und Anlegern verantwortlich gewesen sei: "Diese vom Gesetz vorgesehenen Funktionen haben wir erfüllt."
Verkauf der Primeo-Gesellschaften 2007
Die Anwälte argumentieren, auch "scheinbare" Verkauf der Primeo-Gesellschaften 2007 von der Bank Austria an Pioneer Global Asset Management SpA ändere an der Zuständigkeit bzw. Verantwortung nichts, da beide zur UniCredit-Gruppe gehören. Die Bank Austria hält dem entgegen, dass der Verkauf der Gründungsaktien an Pioneer Alternative Investments - im Zuge der Integration der Bank Austria in die UniCredit Group - eine echte Aktienübertragung gewesen sei.
Alpha Prime hat wie berichtet seinerseits die britisch-chinesisch Großbank HSBC und die international tätige Wirtschaftsprüfungskanzlei Ernst & Young als Mitschuldige bezeichnet und ihnen Sorgfaltsmängel vorgeworfen. Auch die Bank Austria betonte heute, die konkreten Einzelinvestments wären von der HSBC als Custodian (Verwahrstelle) zu kontrollieren gewesen. Madoff war zumindest vier Jahre lang Aushilfs-Depotbank für Alpha Prime, den Primeo Fund der Bank Austria und den Herald Fund der Wiener Bank Medici - statt der eigentlichen Depotbank HSBC -, berichtete "Format" vorige Woche mit Verweis auf das "Sub-Custody Agreement" zwischen Madoff und HSBC vom September 2004.
Klassisches Pyramiden-System von Madoff
In der ersten Phase seien die Primeo-Millionen - insgesamt sollen zumindest 805 Mio. Euro bei Primeo-Fonds veranlagt worden sein - direkt an den vermeintlichen Wall-Street-Guru bzw. die Bernard L. Madoff Investment Securities LLC gegangen, so das "profil". Ab 2004 habe der Primeo-Fonds einfach in den von der Bank Medici aufgelegten Fonds "Herald USA" investiert, der das Geld an die Madoff Investment Securities LLC weitergeleitet habe. Dabei habe nicht nur die Bank Austria über die BA Worldwide Fund mitverdient, sondern auch der Investmentberater des Herald-Fonds - eine zu 100 Prozent im Eigentum der Medici-Gründerin Sonja Kohn stehende Herald Asset Management Ltd. auf den Caymans, so das Magazin. Wie sich später herausstellte, hat Madoff das ihm anvertraute Geld nicht angelegt, Gewinne wurden aus Einlagen von Neukunden bezahlt - ein klassisches Pyramiden-System.
Bei einer eingehenden Prüfung oder den im Prospekt angekündigten weiteren ständigen Kontrollen hätte einem sachverständigen Prüfer auffallen müssen, dass das "Madoff-System" nicht funktioniere und massiv risikoträchtig ist, so die Anwaltskanzlei weiter. Zudem habe die Bank zum Start des Primeo Executive Fonds inhaltlich unrichtige Presseaussendungen verbreitet, woraus sich eine Haftbarkeit ergebe.
Mit dem PHH-Gutachten habe die Kanzlei nun die Grundlage für weitere rechtliche Ansprüche durch Klienten und somit einen zeitlichen Vorteil für Kunden geschaffen. Außerdem sei eine Faktenprüfung durch den Börse- und Banken-Sachverständigen Anton Fink erfolgt, der zu selben Ergebnissen gekommen sei. "Einige unserer Mandanten haben bei Madoff Geld verloren. Deswegen haben wir in der Causa gemeinsam mit dem Sachverständigen Fink mögliche Haftungen untersucht, so Rechtsvertreter Heine im "profil". Ein weiteres universitäres Gutachten soll die Prozessführung in Regress-Fällen unterstützen, kündigten die Wiener Anwälte am 11. August an.