Die EU-Kommission will über eigene Einnahmequellen verfügen können.
Die EU-Kommission will sich nach Informationen der "Financial Times Deutschland" eigene Steuereinnahmen verschaffen. Haushaltskommissar Janusz Lewandowski plant demnach, den Mitgliedsstaaten im September mehrere Optionen für eine Steuer vorzuschlagen, die direkt in den EU-Haushalt fließen soll. Als Einnahmequelle vorstellen könnte sich Brüssel eine Luftverkehrsabgabe und die von Deutschland und Frankreich geforderte Finanztransaktionssteuer. Zudem will die Kommission anregen, die Einnahmen aus der geplanten Versteigerung von CO2-Emissionsrechten an die EU zu überweisen.
Dafür weniger Überweisungen aus Nationalstaaten
Bisher speist sich der Brüsseler Haushalt zum größten Teil aus Überweisungen der Regierungen; eine eigene neue EU-Steuer lehnten die meisten Mitglieder bislang ab. Laut Lewandowski hat sich die Stimmung in den EU-Staaten inzwischen aber wegen der Sparzwänge der nationalen Haushalte gewandelt. "Viele Länder wollen entlastet werden. Damit öffnet sich die Tür, über eigene Einnahmen nachzudenken," sagte er der FTD. Auf diese Weise könnten die Überweisungen aus den nationalen Haushalten sinken. "Ich höre aus mehreren Hauptstädten, einschließlich wichtigen wie Berlin, dass sie ihren Beitrag gern verringern würden," sagte Lewandowski. Deutschland überweist in diesem Jahr insgesamt rund 21 Milliarden Euro an die EU.
Pröll für Finanztransaktionssteuer
ÖVP-Finanzminister Josef Pröll steht einer europäischen Finanztransaktionssteuer als EU-Steuer positiv gegenüber. Man müsse auch "emotionslos" auch über die Einbeziehung des Luftverkehrs diskutieren, da Kerosin derzeit vollkommen unversteuert sei, heißt es aus seinem Büro. Jedenfalls müsse es sich um eine praktikable Lösung handeln.
"Entlastung der Nettozahler"
"Wir haben immer erwartet, dass die Debatte über die nächste Finanzperiode der EU auch unserem Vorschlag einer Finanztransaktionssteuer Auftrieb geben wird. Das ist vollkommen klar". Eine derartige Finanztransaktionssteuer könne man nur europaweit einführen und "wenn man die als Finanzquelle für die EU nimmt, ist das eine Entlastung der Nettozahler. Ob die Finanztransaktionssteuer in das nationale Budget einfließt oder für die Refinanzierung der EU verwendet wird und ein geringerer Beitrag an die EU überwiesen wird, ist nicht so wichtig".
Was die Einbeziehung des Luftverkehrs betrifft, habe das bereits der frühere ÖVP-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel vorgeschlagen. Jedenfalls müsse man sich aber hier auch die Wettbewerbssituation mit den USA anschauen.
Deutschland kategorisch dagegen
Berlin lehnt auch nach einem erneuten Vorstoß aus Brüssel eine EU-Steuer kategorisch ab. "Die Forderung nach Einführung einer EU-Steuer steht im Widerspruch zu der im Koalitionsvertrag bestätigten Haltung der Bundesregierung", so ein Sprecher des Finanzministeriums. Darin wird diese Instrument klar abgelehnt. An dieser Position habe sich nichts geändert. "Die Bedenken der Bundesregierung beziehen sich auf das Instrument der EU-Steuer als solches", so der Sprecher. Auch zahlreiche andere Mitgliedsstaaten der Union, insbesondere die Mehrheit der Nettozahler, teilen die deutschen Vorbehalte. Allerdings ist Deutschland der größte Nettozahler ins EU-Budget.