In Athen prüft Troika, in Deutschland entscheiden Richter über 500-ESM-Mrds.
Sonntag Nachmittag haben Prüfer der EU-Troika in Athen Finanzminister Giannis Stournaras in die Mangel genommen. Geklärt werden sollte, ob Griechenland tatsächlich die nächste Hilfstranche von 31,5 Milliarden erhält. Ausbezahlt wird nur dann, wenn Athen weitere 11,5 Milliarden einspart.
Zuvor wüteten in Athen und in der Hafenstadt Thessaloniki Zehntausende gegen das Sparpaket. Melonen flogen, die Polizei konterte mit Tränengas: „Umsturz! Entweder die oder wir“, warfen sie der konservativen Regierung „EU-Hörigkeit“ vor.
Premier Samaras seinerseits warb für das neue Reformpaket: „Es werden die letzten Kürzungen sein“, sagte er. Gleichzeitig versprach er, diese zurückzunehmen, sobald Griechenland wieder auf Erfolgs-Kurs ist. Doch nicht nur Athen wartet auf Hilfs -Milliarden: Laut „Spiegel“ könnte auch das absturzgefährdete Spanien in den nächsten Wochen um Unterstützung durch den Euro-Rettungsfonds ESM bitten.
Höchstrichter fordert: „ESM- Prüfung auch in Österreich"
Ob es in Zukunft die ESM-Milliarden überhaupt geben wird, ist – zumindest bis Mittwoch – höchst fraglich. Dann entscheiden deutsche Verfassungsrichter in Karlsruhe darüber, ob Deutschland sich am endgültigen Rettungsmechanismus beteiligen darf, oder nicht.
Deutschland haftet immerhin für 200 Milliarden der 500 Milliarden Euro. Fällt Berlin aus, ist der ESM tot. 37 000 Deutsche haben gegen den Rettungsschirm geklagt. 54 Prozent hoffen, dass der Vertrag nicht kommt.
Österreich hat seine Beteiligung am ESM (21,5 Milliarden) bereits abgesegnet – trotz Protesten: BZÖ und FPÖ sind dagegen, Strache will klagen. Eine Prüfung von EU-Verträgen durch das Verfassungsgericht (VfGH) ist aber in Österreich erst nach dessen Inkrafttreten möglich. Gerhart Holzinger, Chef des VfGH sagte am Sonntag: „Bei EU-Entscheidungen sollte es eine Vorab - Kontrolle geben. Auch bei uns soll der ESM juristisch geprüft werden“.
Fekter: "Mehr Rechte für den Währungs-Kommissar der EU"
ÖSTERREICH: Für den Euro-Rettungsschirm und die weitere Griechenhilfe beginnt jetzt die entscheidende Phase. Bekommt Athen die nächsten Milliarden aus dem Hilfspaket ausgezahlt?
Maria Fekter: Die Troika ist derzeit in Athen, nach ihrem Bericht werden wir die Entscheidung treffen. In Griechenland passiert mehr, als wir von außen wahrnehmen, wenngleich etwa bei Privatisierungen noch viel weitergehen muss.
ÖSTERREICH: Sollte man Athen mehr Zeit geben?
Fekter: Mehr Zeit heißt im Allgemeinen mehr Geld, und das ginge in den nationalen Parlamenten nicht durch. Die Griechen müssen ein Programm fahren, wo sie mit dem bereits beschlossenen Geld wieder auf die Beine kommen.
ÖSTERREICH: Also kein Aufweichen des Zeitplans?
Fekter: Der Zeitraum ist nicht ausschlaggebend – die Hauptsache ist, dass es nicht noch mehr Milliarden kostet. Wir haben einen Vertrag mit den Griechen, den sollen sie einhalten. Technischen Support leisten wir gemeinsam mit der EU-Kommission gerne mehr, etwa für den Aufbau eines Steuersystems.
ÖSTERREICH: Wie bewerten Sie die Bereitschaft der EZB, unbegrenzt Anleihen von Krisenstaaten zu kaufen?
Fekter: Das hat Beruhigung an den Märkten gebracht. Fiskalpolitisch bin ich zufrieden, dass der Anleihenkauf an Auflagen gebunden ist. Das ist ein guter Weg.
ÖSTERREICH: Verstärkt das nicht die Inflationsgefahr?
Fekter: Die Inflationsbekämpfung als Hauptaufgabe der EZB wird dadurch nicht außer Kraft gesetzt. Sie muss jetzt genau darauf achten und wenn nötig gegensteuern. Derzeit ist das aber nicht der Fall.
ÖSTERREICH: Müsste die EU noch mehr Durchgriffsrecht auf die Staaten bekommen?
Fekter: Mit Fiskalunion und Bankenunion inklusive zentraler Aufsicht und Einlagensicherung haben wir schon viel auf den Weg gebracht. An diesem Projekt müssen wir sukzessive arbeiten.
ÖSTERREICH: Ist für Sie ein EU-Finanzminister denkbar?
Fekter: Was ich mir vorstellen kann, ist, dem Währungskommissar stärkere Rechte zu geben – ähnlich, wie sie der Wettbewerbskommissar hat. Sodass er im Falle von Undiszipliniertheiten beim Budget oder im Bankenbereich einschreiten könnte.
ÖSTERREICH: Andere Frage – zur Heeresdebatte. Was würde ein Berufsheer für unser Budget bedeuten?
Fekter: Ein Berufsheer würde unvergleichlich mehr kosten. Es müssten höhere Gagen gezahlt werden, damit sich genug Berufssoldaten melden – das hat man in Deutschland gesehen. Und wie sollen wir ohne Zivildiener auskommen? Schon jetzt gibt es zu wenig Pflegepersonal, wie soll das nur mit Freiwilligen gehen, die entsprechend zu entlohnen sind? Wer bezahlt das – die Länder und Gemeinden können es jedenfalls nicht.