Polen will angesichts der Wirtschaftskrise einen neuen Fahrplan zur Einführung des Euro vorlegen. Das bisherige Zieldatum 2012 für den Beitritt zur Euro-Zone scheint infolge der wachsenden Staatsverschuldung in der Krise nicht mehr erreichbar. Die Regierung werde das Konzept bis Anfang August vorlegen, sagte der stellvertretende Finanzminister Ludwik Kotecki in Warschau. Ministerpräsident Donald Tusk hatte zuvor noch den bisherigen Zeitplan bekräftigt.
Die EU-Kommission leitete am Mittwoch (24. Juni) gegen Polen wie bereits gegen andere EU-Länder ein Sanktionsverfahren wegen eines überhöhten Haushaltsdefizits ein. Das Land bekommt dabei bis 2012 Zeit, die jährliche Neuverschuldung unter die Grenze des Stabilitätspakts von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu drücken. Würde sich die Regierung in Warschau an diesen Termin halten, wären die Bedingungen für die Euro-Einführung erst 2014 erfüllt. Dieses Datum ist auch nach Einschätzung der polnischen Zentralbank realistischer.
Die EU-Kommission erwartet für Polen in diesem Jahr ein Haushaltsdefizit von 6,6 Prozent, das 2010 auf 7,3 Prozent weiter steigen würde. Ministerpräsident Donald Tusk bestritt in Warschau, dass sich der Beitritt zur Euro-Zone wegen des Schuldenanstiegs automatisch verzögern müsste. Sein Land sei nicht dafür, die Kriterien zur Euro-Einführung, die unter anderem ein Defizit unter drei Prozent des BIP erfordern, zu verändern.
Doch die Euro-Anwärter dürften nicht strenger behandelt werden als die 16 Staaten, die die Gemeinschaftswährung bereits eingeführt haben. "Es ist klar, dass die gesamte EU-Finanzpolitik im Kontext der Krise überdacht werden muss - das weiß jeder", ergänzte Tusk.
Von den 16 Euro-Ländern weisen nur Luxemburg, Zypern und Finnland nach der Frühjahrsprognose der EU-Kommission eine Neuverschuldung unter drei Prozent auf. Gegen Frankreich, Spanien, Griechenland, Irland und Malta laufen die Sanktionsverfahren bereits. Weitere Länder, darunter auch Deutschland, wird die Kommission voraussichtlich noch in diesem Jahr ebenfalls unter Schuldenkontrolle stellen. Wegen der Krise gibt sie derzeit aber allen EU-Staaten länger Zeit zur Korrektur der übermäßigen Verschuldung, so dass auf absehbare Zeit keine Strafzahlungen drohen.