EZB gibt Banken Zuckerbrot und Peitsche

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EZB-Präsident Jean-Claude Trichet versucht, die wegen ihrer zögerlichen Kreditvergabe heftig in die Kritik geratenen Banken aus der Schusslinie zu nehmen. Aus der Verantwortung entlassen will er die Banker aber deswegen noch lange nicht. Den Leitzins tastete die EZB wie erwartet nicht an.

Er sei "glücklich" mit dem Ergebnis des ersten über ein Jahr laufenden Refinanzierungsgeschäfts der EZB in der vergangenen Woche, sagte der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) nach einer Sitzung des EZB-Rats in Luxemburg. Es sei nicht überraschend, dass die Banken das Geld zum Teil wieder bei der EZB geparkt hätten. Er erwarte in Zukunft wieder einen geringeren Grad an Überschussliquidität. Die Banken würden sich an die neuen Verhältnisse anpassen und bei künftigen Geschäften weniger nachfragen.

Trichet ermahnte die Banken, die von der EZB bereitgestellten Gelder nun in den Wirtschaftskreislauf einzuspeisen. "Wir appellieren an die Banken ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die Realwirtschaft zu unterstützen." Die schleppendere Kreditvergabe in der Euro-Zone sei sowohl durch geringere Nachfrage wegen der Rezession, aber auch durch geringeres Angebot bedingt. Die Banken müssten die Hilfen der Regierungen annehmen und sich rekapitalisieren.

Zinssenkungen an die Verbraucher weitergeben

Auf die Drohung von Bundesbank-Präsident Axel Weber von vergangener Woche, die EZB könnte Unternehmen auch direkt Kredit geben, ging Trichet auch auf Nachfrage nicht ein. Das Wichtige sei nun, dass das frische Geld nach und nach dazu führe, dass das Finanzsystem besser funktioniere, sagte Trichet. "Die Märkte sind nun stark mit Liquidität ausgestattet." Die zurückliegenden Zinssenkungen der EZB würden von den Banken schrittweise an die Verbraucher weitergegeben. Gerade hieran zweifeln aber Verbraucherschützer und Politiker.

Die EZB hatte vergangene Woche erstmals in ihrer Geschichte den Geschäftsbanken Geld für ein ganzes Jahr zum Festzins von nur einem Prozent zur Verfügung gestellt. Insgesamt deckten sich mehr als 1.000 Banken mit rund einer halben Billion ein. Seitdem parken sie einen guten Teil dieses Geldes aber über Nacht auf Einlagekonten bei der EZB. Der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück und Wirtschaftsvertreter hatten die Banken deshalb in den vergangenen Tagen scharf attackiert.

Der europäische Unternehmerverband Business Europe nannte das Verhalten der Banken eine "Bedrohung für das Überleben vieler Firmen". Der Autoimporteurs-Verband VDIK sprach von einer "Kampfansage der Banken" und forderte ein Eingreifen der Regierung. Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann hatte die Branche dagegen in Schutz genommen. Die Banken finanzierten ihre Kredite an Unternehmen nicht vornehmlich aus Zentralbankgeldern. Die Refinanzierungskosten der Banken bewegten sich trotz der Unterstützung der EZB weiterhin auf einem erhöhten Niveau.

EZB hat "an der Seitenlinie" Platz genommen

Die EZB beließ ihren Leitzins unterdessen wie erwartet auf dem Rekordtief von einem Prozent. Trichet bekräftigte frühere Äußerungen, das Zinsniveau sei "angemessen". Analysten gehen nun davon aus, dass der Leitzins bis weit in das kommende Jahr hinein so niedrig bleiben dürfte. Weitere Maßnahmen zur Stützung der Wirtschaft seien derzeit nicht geplant, sagte Trichet. "Wir gehen davon aus, dass das, was wir jetzt tun, angemessen ist." LBBW-Analyst Jens-Oliver Niklasch erklärte, die EZB habe vorerst "an der Seitenlinie" Platz genommen. Die Finanzmärkte blieben entsprechend unbeeindruckt.

Das vom EZB-Rat zuletzt beschlossene Ankaufprogramm für Pfandbriefe über 60 Mrd. Euro werde am kommenden Montag (6. Juli) beginnen, kündigte Trichet an. Der Löwenanteil der Käufe werde durch die nationalen Zentralbanken der Euro-Länder abgewickelt, lediglich acht Prozent durch die EZB selbst. Die EZB will mit dem Programm den von der Finanzkrise besonders hart getroffenen Pfandbriefmarkt wiederbeleben. Dieser ist für die Refinanzierung der Banken in Europa von großer Bedeutung.

Bezüglich der weiteren konjunkturellen Entwicklung gab sich Trichet etwas optimistischer als zuletzt: "Die makroökonomischen Impulse könnten stärkere Effekte haben als bislang angenommen. Das Vertrauen könnte sich zudem schneller wieder festigen als derzeit erwartet. Wir erwarten für den Rest des Jahres 2009 weiterhin eine schwache wirtschaftliche Aktivität. Allerdings dürfte der Rückgang nicht mehr so stark ausfallen wie im ersten Quartal."

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