Einlagen-Strafzins bleibt bei minus 0,2 Prozent.
Europas Währungshüter machen das Geld im Euroraum nicht noch billiger. Nach der überraschenden Zinssenkung von 0,15 auf 0,05 Prozent im September bleibt der Leitzins nun zunächst auf diesem Rekordtief. Das beschloss der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag bei seiner Sitzung in Neapel, wie die Notenbank in Frankfurt mitteilte.
Der EZB-Rat tagt turnusgemäß zweimal jährlich außerhalb Frankfurts. Die Sitzung in Neapel wurde von Protesten begleitet: Einige tausend Menschen demonstrierten in der Stadt.
Notenbank-Präsident Mario Draghi hatte die Entscheidung für den Minizins im September mit der anhaltend schwachen Konjunktur und der geringen Inflation im Euroraum begründet. Seit Monaten liegt die Jahres-Teuerung in den 18 Ländern mit der Gemeinschaftswährung deutlich unter der EZB-Zielmarke von knapp unter 2,0 Prozent. Im September fiel die Inflation im Euroraum nach jüngsten Eurostat-Zahlen auf 0,3 Prozent und damit auf ein 5-Jahres-Tief - Österreich wies jedoch mehrmals die höchste Teuerung in EU oder Eurozone auf..
Hartnäckig halten sich darum Befürchtungen, dass es eine Deflation geben könnte, also einen Preisverfall auf breiter Front. Der könnte wiederum dazu führen, dass Verbraucher und Unternehmen Investitionen aufschieben, weil sie weiter sinkende Preise erwarten. Das könnte die Konjunktur abwürgen.
Um die Kreditvergabe und damit letztlich die Konjunktur anzukurbeln, hatte sich der EZB-Rat in seiner September-Sitzung zudem auf einen höheren Strafzins von 0,2 Prozent für bei der Notenbank geparktes Geld verständigt. Das soll Banken dazu bringen, mehr Kredite an Unternehmen und Verbraucher auszureichen und so die Wirtschaft anzukurbeln. Dieser negative Einlagenzins bleibt unverändert.
Entlasten will die Notenbank Geschäftsbanken zudem über den Ankauf von Kreditverbriefungen (Asset Backed Securities/ABS) und Pfandbriefen. Heute, Donnerstag, will EZB-Präsident Draghi erläutern, wie das Programm, das von Oktober an laufen soll, genau ausgestaltet ist. Ziel ist, die lahmende Kreditvergabe in Schwung zu bringen: Nimmt die EZB den Banken ABS-Pakete ab, hätten die Institute Freiräume zur Vergabe von Krediten. Denn trotz der seit Jahren anhaltenden Geldflut der EZB kommt die Kreditvergabe gerade in Südeuropa nicht recht in Schwung.
Nach einem Medienbericht will die Notenbankführung dabei auch Ramsch-Papiere aus Griechenland und Zypern kaufen.
Das ABS-Kaufprogramm ist umstritten - schließlich gelten Geschäfte mit undurchsichtigen Kreditpaketen als Mitauslöser der Finanzkrise 2007/2008. "Wenn überhaupt, sollte die EZB nur risikoarme Papiere übernehmen - und das nach sorgfältiger Prüfung", mahnte Bundesbank-Präsident Jens Weidmann jüngst im "Spiegel"-Interview. "Klar ist: Wenn sich die EZB, um das angestrebte große Volumen zu erreichen, eben doch riskante Papiere auf die eigene Bilanz lädt oder zu hohe Preise zahlt, dann belastet das letztlich den Steuerzahler."
Der Frankfurter Ökonom Jan Pieter Krahnen bezweifelt, dass die EZB mit dem angekündigten Ankauf von ABS-Papieren die Kreditvergabe der europäischen Banken wesentlich ankurbeln kann. "Dass die Erwartungen an dieses Programm sehr hoch sind, zeigt, wie dramatisch die Lage auf den Kreditmärkten insbesondere in den südeuropäischen Ländern wahrgenommen wird", erklärte Krahnen. Etliche Volkswirte sind überzeugt, dass das ABS-Programm für die EZB nur die Vorstufe zu einem umfassenden Kauf von Anleihen ("Quantitative Easing"/QE) ist.