Finanzkrise in CEE lockt neue Banken in die Region

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Die Wirtschaftskrise in Osteuropa schafft neue Investitionsmöglichkeiten für westeuropäische Banken. Die Bewertungen der Institute in der einst boomenden Region sind teilweise massiv gesunken, zahlreiche Finanzkonzerne müssen oder wollen ihre Töchter verkaufen.

Nach Einschätzung von Experten sitzen Institute wie die Deutsche Bank, die spanische Santander und die britische HSBC, deren Engagements in der Region vergleichsweise gering sind, trotz der dort vorherrschenden Risiken in den Startlöchern.

"Es gibt eine Reihe von Banken, die derzeit - zumindest informell - zum Verkauf stehen", sagt Debora Revoltella, Chefstrategien bei der italienischen Bank Unicredit. "Und es gibt viele Institute, die den Einstieg bei osteuropäischen Banken in früheren Jahren verpasst haben."

Einige der führenden Banken Europas schreckten in der Vergangenheit vor den hohen Preisen zurück, die für osteuropäische Institute auf den Tisch gelegt werden mussten: Gut und gerne kam da in den Boomjahren 2006 und 2007 das Sechsfache des Buchwertes zusammen. Heute gibt es nach Einschätzung von Experten kaum noch eine Bank, die für den doppelten Buchwert gehandelt wird, einige liegen nach Daten von Thomson Reuters sogar weit darunter.

"Die Bankenlandschaft in Osteuropa wird in drei Jahren eine andere sein", ist sich Bankenanalystin Cristina Marzea von Merrill Lynch sicher. Jede Bank, die über ausreichend liquide Mittel verfüge, könne derzeit passende Übernahmeobjekte zu vergleichsweise günstigen Einstiegspreisen finden.

Die Deutsche Bank schaut sich laut mehreren mit den Plänen vertrauten Investmentbankern ein paar kleinere Institute an. Auch Santander und HSBC, die bereits in anderen Schwellenlängern Erfahrungen im Bankgeschäft gesammelt haben, hätten ihre Fühler ausgestreckt.

Der Zusammenbruch der weltweiten Finanzmärkte traf Osteuropa besonders hart. Länder wie Ungarn, Ukraine oder Lettland mussten vom Internationalen Währungsfonds gestützt werden, Währungen in den Staaten verloren drastisch an Wert. Banken wie die Commerzbank, die UniCredit oder sämtliche österreichische Finanzinstitute, die seit Jahren in Osteuropa investiert sind, müssen dadurch hohe Abschreibungen verkraften.

Einige dieser Häuser planen nun den Rückzug - für andere ergeben sich dadurch neue Investitionsmöglichkeiten. Denn die Ertragsaussichten sind nach Ansicht von Experten trotz der Risiken im Kreditgeschäft hoch. Auf längere Sicht werde die Wirtschaft in den osteuropäischen Ländern wieder wachsen, das Geschäft mit Firmenkunden werde sich erholen. Zudem ist das Potenzial bei Privatkunden enorm: Noch immer fehlt Millionen Menschen der Zugang zu einem Bankkonto.

Die größte Masse an osteuropäischen Banken dürfte auf den Markt kommen, weil die EU von westeuropäischen Finanzkonzernen im Gegenzug für die Genehmigung von Staatshilfen einen Verkauf der Töchter fordert. Das steht aller Voraussicht nach bei der BayernLB an, die an der MKB Bank in Ungarn beteiligt ist und über die österreichische Tochter Hypo Alpe Adria einige Engagements in der Region hat. Auch die belgische KBC muss mit ähnlichen Auflagen der EU-Kommission rechnen.

Zudem gibt es Banken in Osteuropa, die verkauft werden, weil ihre Mütter keine strategische Verwendung mehr für sie haben. Analysten nennen etwa das rumänische Geschäft der Royal Bank of Scotland oder die polnische Tochter der Citigroup.

Die nach wie vor große Unsicherheit in der Region schreckt viele potenzielle Käufer aber noch ab. "Es muss eine wirklich gute Gelegenheit geben zum investieren, weil die Grundstimmung gegenüber Osteuropa noch immer sehr schlecht ist", stellt Analystin Marzea fest. "Aber wenn einer den ersten Schritt macht, wird es für den zweiten und dritten einfacher werden."

Von Boris Gröndahl

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