Jede zweite Betriebspension steigt

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Nach der Börsenerholung im Vorjahr, die den heimischen Pensionskassen 2009 einen Anlageertrag von 9 Prozent gebracht hat, wird heuer jede zweite Betriebspension angehoben werden können. Je nach Vertrag dürften die Erhöhungen zwischen 0,5 und 2 Prozent ausmachen, nur in ganz wenigen Fällen auch mehr, sagte Fachverbandsobmann Christian Böhm am 14. Jänner.

Für knapp die Hälfte der gut 50.000 Bezieher wird die Zusatzrente gleich bleiben, bei 7 bis 8 Prozent könnte sie wegen hoher Rechnungszinsen und der gestiegenen Lebenserwartung gekürzt werden. Zur geplanten Kassenreform sieht Böhm, der auf die Novelle auch verzichten könnte, keinen Dissens mehr. Im Staatssekretäriat von Reinhold Lopatka (V) bestätigte man am 14. Jänner, dass die Reform kommt, Zeitplan nennt man aber keinen.

Betriebskassen "back to normal"

Mit den 9,0 Prozent Anlageertrag bei den überbetrieblichen Kassen - nach 12,9 Prozent Einbruch 2008 - sei das System der Betriebskassen wieder "back to normal". Allerdings werde sich ein derartiger Wert nicht jedes Jahr wiederholen können, so Böhm: "Langfristig wollen wir nicht nur über der Inflationsrate liegen, sondern auch über der Sekundärmarktrendite von Bundesanleihen, die im vergangenen Jahr bei drei Prozent gelegen ist." In ihrer 18-jährigen Geschichte ist die Rendite acht mal zweistellig gewesen, Spitzenwert waren 13,4 Prozent in den Jahren 1993 und 1999. Im langjährigen Durchschnitt wurden 5,9 Prozent p.a. erzielt, wobei außer 2008 auch die Jahre 2001 (-1,6 Prozent) und 2002 (-6,3 Prozent) negativ waren.

Auch nach der Erholung der Börsen würden die Pensionskassen die zu veranlagenden Gelder nicht maximal in Aktien stecken, sondern weiterhin "mischen und streuen", um ein "gutes Verhältnis zwischen Risiko und Ertrag" zu haben, sagte Böhm vor Journalisten. Trotz Gegenrechnung der paar Negativ-Jahre hätten die Pensionskassen bisher kumuliert 4,6 Mrd. Euro aus Kapitalmarkterträgen erwirtschaftet, allein 2009 eine Milliarde Euro. Im Vorjahr ist das Vermögen aller Firmenpensionen von 12,4 auf mehr als 13,8 Mrd. Euro gestiegen. An laufenden Pensionen zahlten die Kassen 453 Mio. Euro aus. Die Durchschnittszusatzpension beträgt 474 Euro pro Monat. Die Zahl der Anspruchsberechtigten wuchs im Vorjahr um 210.000 auf 770.000.

"Wir brauchen Novelle nicht unbedingt"

Die Hauptpunkte der geplanten Pensionskassen-Reform sind für Böhm unstrittig. Wann die ursprünglich für den Jahreswechsel geplante Novelle kommt, wagt er nicht abzuschätzen: Es werde noch Sozialpartnergespräche geben und auch Diskussionen zu technischen Einzelheiten. "Wir brauchen die Novelle aber nicht unbedingt. Wenn sie nicht kommt, können wir auch weiterleben", meinte Böhm am 14. Jänner zur APA. Lopatka sieht trotz des guten Anlageertrags der Pensionskassen im Vorjahr "nach wie vor Reformbedarf", wie seine Sprecherin Iris Brüggler am 14. Jänner zur APA sagte: "Ja, die Reform kommt." Einen Zeitplan wollte sie nicht nennen: "Wir stehen noch in Verhandlungen mit dem Sozialministerium." Mit den Kassen seien bis dato keine Gespräche vorgesehen, so Böhm.

Der Pensionskassen-Fachverband sieht einen Konsens zu den wesentlichen Punkten "Sicherheits-VRG", Held-to-maturity-Ansatz ("Halten bis zur Fälligkeit") bei Bonds guter Bonität sowie generelle Rechnungszinsobergrenze von 3,5 Prozent für alle Neueintritte, was die Pensionskürzungsgefahr durch schlechte Veranlagungsjahren senkt.

Mit Unternehmensanleihen nach "Held to maturity" - also ohne schwankungsanfällige Tagesbewertung - ließe sich die Volatilität senken und mehr Stabilität in die Veranlagungs- und Risikogemeinschaften (VRG) bringen, erläuterte Böhm: "Wir könnten dann mehr Bonds in unsere Portfolios hineinbringen. Staaten sind ja zuletzt negativer beurteilt worden als Unternehmen." Bei derartigen Wertpapieren macht eine Abwertung bei vorübergehender Wertminderung keinen Sinn, da es einen garantierten Rücknahmepreis gibt. Steigt der Tageswert (fair value) über die Anschaffungskosten hinaus, würde dann auch keine Aufwertung erfolgen.

Weniger Risiko und mehr Sicherheit

Die neuen "Sicherheits-VRG" - die laut der Lopatka-Vorgabe von Sommer "mit einer Mindestgarantie ausgestattet" sein sollen - sieht Böhm ebenfalls ohne Dissens. Man könne die Angebotspalette in Richtung weniger Risiko und mehr Sicherheit erweitern, allerdings würden Garantien auch mehr Kosten aufwerfen. Auch die Arbeiterkammer (AK) müsse zur Kenntnis nehmen, dass das nicht zum Nulltarif gehe. Dem ursprünglichen Finanzministeriumsplan zufolge sollen Anwartschaftsberechtigte künftig in einem bestimmten Zeitraum vor ihrem Pensionsantritt in eine "Sicherheits-VRG" wechseln können, erstmals 2010. Dabei gebe es eine durch die Pensionskasse garantierte Antrittspension, so die Polit-Vorgabe vom Sommer. Die AK hatte im Herbst gewarnt, die Garantiekosten nur den Versicherten anzulasten.

Auch in der Verfassungsklage der gesamten Opposition, aber auch von zehn SPÖ-Mandataren, in Sachen Pensionskassen vom Herbst, sehen Böhm und Fachverbands-Geschäftsführer Fritz Janda einen Grund für die Verschiebung der Reform. "Die Verfassungsklage ist nicht ganz förderlich. Da haben sich gewisse Leute ein Eigentor geschossen", sagte Janda zur APA. Wie berichtet musste sich der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in seiner Winter-Session dem Thema widmen, nachdem 84 Nationalratsabgeordnete - das erforderliche Drittel - wegen fehlender Ausstiegsmöglichkeit aus einer Pensionskasse das Höchstgericht angerufen hatten. Entscheidung ist noch keine bekannt.

Dem Schutzverband der Pensionskassenberechtigten (pekabe), der seit Jahren immer wieder erfolgte Kürzungen bei Betriebspensionen kritisiert, warf Böhm am Donnerstag vor, er verallgemeinere Einzelinteressen: Die pekabe-Proponenten würden trotz der Kürzungen das "Top-Dezil" der Zusatzrentenbezieher darstellen. pekabe-Sprecher Günter Braun kritisierte am 14. Jänner die positive Performance-Darstellung und meinte, um die Verluste der vergangenen Jahre auszugleichen, wären zweistellige Prozentzuwächse über mindestens zehn Jahre notwendig: "Das würden die meisten der heute im Schnitt 70-jährigen Pensionisten nicht erleben", so Braun.

Khol wartet auf "überfällige" Gesetzesreform

Seniorenbund-Obmann Andreas Khol begrüßte am 14. Jänner zwar die 2009 erzielten guten Veranlagungsergebnisse der Pensionskassen, meinte aber, dies ersetze nicht die "überfällige" Gesetzesreform. Bei den Pensionsverhandlungen im Herbst seien dem Seniorenrat Verhandlungen zur Novelle für Jahresbeginn zugesagt worden, erinnerte er in einer Aussendung.

Der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) kann die Begeisterung der Pensionskassen über die Erträge nicht teilen. "Wenn man sich anschaut, dass der ATX im gleichen Zeitraum um mehr als ein Drittel gestiegen ist, kann man kaum noch stolz sein auf neun Prozent Ertrag", meinte Bernhard Achitz, Leitender Sekretär im ÖGB, in einer Aussendung. Die Differenz erklärt er sich damit, dass die Kassen nicht dort investieren, wo der beste Ertrag zu holen wäre, sondern in Produkte von jenen Banken, die Eigentümer der Pensionkassen sind. Achitz: "Der ÖGB fordert ein Verbot von solchen Investments in die eigenen Muttergesellschaften."

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