Banken müssen für Sparbücher Zinsen bezahlen. Wie das Sozialministerium am 26. November mitteilte, hat der Oberste Gerichtshof (OGH) Zinsgleitklauseln, die vorübergehend zu einem Entfall der Verzinsung führen können, für gesetzeswidrig erklärt. Zur Frage einer angemessenen Mindestverzinsung hat sich der OGH nicht geäußert.
Der für Konsumentenschutz zuständige Sozialminister Rudolf Hundstorfer droht den Banken dennoch mit Musterprozessen, sollten sie nicht den OGH-Spruch zum Anlass nehmen und die derzeit extrem niedrigen Zinsuntergrenzen anheben. "Ich werde es nicht zulassen, wenn die Banken weiterhin Sparbuchinhaber ausnutzen, die nicht die gleiche wirtschaftliche Macht haben, um sich gegen solche unfairen Zinsregelungen zu wehren", kündigte Hundstorfer an. Er fordere die heimischen Banken auf, die OGH-Entscheidung (vom 13. 10. 2009) zum Anlass zu nehmen, "um die derzeit unzumutbaren Zinssatzuntergrenzen für Sparbücher auf einen tatsächlich angemessenen Betrag zu erhöhen und es hier nicht auf weitere Musterprozesse ankommen zu lassen".
VKI strengte Verfahren an
Das Verfahren wurde vom Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Ministeriums angestrengt. Beklagt war die Volkskreditbank, die zur Regelung der Mindestverzinsung folgende Klausel verwendete: "Die Entwicklung des Indikators kann zu Perioden mit fiktiven negativen Zinssätzen führen. Für diese Perioden unterbleibt die Verzinsung der Spareinlage und wird erst wieder aufgenommen, sobald sich aus der Weiterrechnung des fiktiven negativen Zinssatzes anhand der Indikatorenentwicklung der positive Wert ergibt."
Laut OGH ist ein derartiger Entfall der Verzinsung unzulässig. Der Kunde eröffne ein Sparbuch selbstverständlich zu dem Zweck, mit ihm einen Zinsertrag zu erzielen. Es sei - so der OGH im Ergebnis - daher nicht zulässig, wenn die Bank das Sparbuch mit Hilfe derartiger Vertragsklauseln dazu verwende, sich vorübergehend kostenlos Liquidität zu verschaffen, schreibt das Ministerium.
Keine Aussage über Mindestverzinsung
Keine Aussage mache der OGH zur Frage, wie hoch eine angemessene Mindestverzinsung sein müsste. Nach Ansicht des Konsumtenschutzministeriums macht es aber "wirtschaftlich zweifellos keinen ins Gewicht fallenden Unterschied, ob man für sein Sparbuch Null Prozent oder 0,0625 Prozent bzw. 0,125 Prozent Zinsen erhält, wie das bei einigen Banken der Fall sei. Eine Verzinsung von 0,125 Prozent bei einem Sparbuch mit einer Einlage von 10.000 Euro bringe nach Anzug der Kapitalertragsteue (KEST) nur ein jährliche Zinsertrag von 9,38 Euro.
Diese Berechnungsformel hat für den Sparbuchinhaber einen Haken: Sinken die Geldmarktzinsen stark, kommt es rechnerisch zu negativen Sparbuchzinsen. So betrug etwa der Wert des 3-Monats-EURIBOR im Oktober 2008 noch 5,11Prozent; derzeit ist er auf 0,72 Prozent gefallen. Bei allen Sparbüchern, die im Oktober 2008 mit einem Zinssatz von weniger als 4,39 Prozent eröffnet wurden, ergäbe sich also derzeit eine negative Verzinsung. Um das zu verhindern, sehen die Zinsgleitklauseln immer auch eine Mindestverzinsung vor, die nicht unterschritten werden kann. Allerdings sind diese Mindestverzinsungen verschwindend gering. Bei den meisten Banken liegt die Mindestgrenze bei 0,125 Prozent; bei einem Teil der Banken sogar bei 0,0625 Prozent oder 0 Prozent. Aufgrund solcher Regelungen haben die Banken derzeit die Möglichkeit, sich teilweise praktisch kostenlos mit Liquidität zu versorgen.