OGH weist Stifter in die Schranken

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Privatstiftungen werden in Österreich immer stärker als Rechtsform für Vermögen genützt. Ein OGH-Urteil sorgt nun für Unruhe.

Der OGH verweist auf die im Privatstiftungsgesetz (PSG) geregelten Unvereinbarkeitsbestimmungen und hat einem Stifter die von ihm - über einen Beirat - angestrebten weitgehenden Rechte über die Stiftungsorgane versagt.

Eine Stiftung ist laut Gesetz ein "Rechtsträger, dem vom Stifter ein Vermögen gewidmet ist, um durch dessen Nutzung, Verwaltung und Verwertung der Erfüllung eines erlaubten, vom Stifter bestimmten Zwecks zu dienen; sie genießt Rechtspersönlichkeit und muss ihren Sitz im Inland haben".
Die Rechte der Begünstigten der Stiftung sind begrenzt: So dürfen "ein Begünstigter, dessen Ehegatte sowie Personen, die mit dem Begünstigten in gerader Linie oder bis zum 3. Grad der Seitenlinie verwandt sind" nicht Mitglieder des Stiftungsvorstands sein. Auch für den Aufsichtsrat - sollte einer eingerichtet werden - bestehen Einschränkungen: "Begünstigte oder deren Angehörige dürfen nicht die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder stellen", heißt es im Gesetz.

Unvereinbarkeitsbestimmungen

Im Anlassfall ging es um eine steirische Stiftung, die der Versorgung der Familienmitglieder des Stifters und seiner selbst dient. Der Stifter bzw. Begünstigte wollte einen Beirat bilden, der nur aus ihm selber bestehen sollte und neben zahlreichen Rechten auch den Stiftungsvorstand "aus wichtigen Gründen" abberufen hätte können. Letztlich hätte also der Stifter weitgehende Verfügungsmacht.

Der OGH (Entscheidung vom 5.8.2009, 6Ob42/09h) lässt das nicht zu, dadurch würden nämlich die Unvereinbarkeitsbestimmungen des Privatstiftungsgesetzes umgangen. Ein Beirat könne nicht mehrheitlich mit Begünstigen besetzt werden, wenn dem Organ eine sehr allgemein formulierte Bestellungs- und Abberufungskompetenz ("aus wichtigen Gründen") in Bezug auf den Stiftungsvorstand zukomme.

Konkret heißt das, dass die Stifter ihre Privatstiftung weitgehend "loslassen" sollten. Tatsächlich ist die Stiftung ja eine eigene Rechtspersönlichkeit mit eigenen Organen, die Begünstigten sollen in die Stiftung nicht hineinregieren. In der Praxis sind aber in Österreichs Privatstiftungen oft große Unternehmen, deren Eigentümer die Rechtsform der Stiftung nutzen, weil es steuerrechtliche Vorteile bietet sowie auch Konsolidierungs- und Haftungsvorteile bringen kann. Dass diese de facto nicht "loslassen" wollen, sondern über Zusatzurkunden, Beiräte etc. die von ihnen eingerichtete Stiftung letztlich doch im Griff haben wollen, schafft immer wieder Probleme.

Der steirische Anlassfall wurde von der Kanzlei Arnold vertreten. Rechtsanwalt Nikolaus Arnold wetterte in der "Presse" gegen die Entscheidung und sieht eine "böse Überraschung" für die Stiftungspraxis. Die Entscheidung stelle gerade Familienstiftungen vor große strukturelle Probleme: "In strenger Umsetzung würde dies nämlich bedeuten, dass Familienfremde andere Familienfremde bestellen und kontrollieren", kritisiert Arnold.

"Steuersparmodell der Reichen"

Notar Gernot Fellner, selbst Stiftungsvorstand, kontert (ebenfalls in der "Presse"): Der Anwalt habe mit seiner Kritik "der ursprünglichen Idee einer Privatstiftung als der Möglichkeit, das von einem oder mehreren Stiftern geschaffene Lebenswerk über dessen bzw. deren Tod hinaus zu erhalten, einen Bärendienst erweist. Damit erhält nämlich nur die hochaktuelle politische Diskussion zur Frage des als unethisch abzulehnenden Zwecks einer Privatstiftung als reines 'Steuersparmodell der Reichen' neue Nahrung".

Die Kritik am OGH-Urteil würde "zu der dem Grundgedanken der Privatstiftung zweifellos abträglichen politischen Auffassung führen: nämlich, dass ein Stifter im Wege der Privatstiftung zwar gewisse Steuervorteile lukrieren möchte - andererseits aber das Vermögensopfer, die Aufgabe seines maßgeblichen Einflusses auf das Schicksal seines gestifteten Vermögens, nicht erbringen will. Dieser Einfluss bliebe dem Stifter nach dieser Auffassung ja indirekt im Umweg über einen Beirat erhalten, der unter anderem auf die Bestellung und Abberufung des Stiftungsvorstandes maßgeblichen Einfluss hätte".

Die OGH-Entscheidung zwinge viele Stiftungen zur Reorganisation, konstatiert Rechtsanwältin Katharina Müller im "Standard": Die Entscheidung könnte weitreichende Folgen für bestehende Privatstiftungen haben. "Gerade die Auswahl des Stiftungsvorstands und die Möglichkeit, diesen aus wichtigem Grund rasch und ohne gerichtliches Verfahren abberufen zu können, war und ist für viele Stifter ein wesentliches Kriterium bei der Entscheidung, eine Stiftung zu errichten. Nimmt man den Stiftern - an den Bedürfnissen der Praxis vorbei - dieses Recht, wird die Stiftung an Attraktivität verlieren."

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