Pensionssysteme Mitverursacher der Krise

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AK-Studie: Kapitalgedeckte Systeme sind nicht nur Opfer, sondern verursachten auch den aktuellen Abschwung.

Die umlagefinanzierte öffentliche Alterssicherung sei meist billiger als private Modelle und auch langfristig finanzierbar. Zudem wirke das öffentliche System antizyklisch und sei sozial fairer.

Seit den 1990er Jahren erfuhr die private Altersvorsorge ein "ungeheures Wachstum", sagt Studienautorin Agnes Streissler. In Europa sei das in Pensionsfonds veranlagte Vermögen 2001-2007 um 141 % auf 4.300 Mrd. Dollar (2.915 Mrd. Euro) angestiegen. 2007 seien alleine die Pensionsfonds weltweit 17,9 Billionen Dollar (12,14 Bill. Euro) schwer gewesen, 57 % davon seien auf die USA entfallen. Im OECD-Schnitt seien damit über 75 % des BIP in Pensionsfonds veranlagt. Im EU-Schnitt seien es derzeit etwa 30 %, in Österreich fünf bis 6 %.

Dieses "ungeheure Wachstum" habe eine "Kapitalmarktinflation" erzeugt und zum "ungesunden Aufblähen" der Finanzmärkte beigetragen, zeige die Studie. Die krisenbedingt massive Entwertung von Pensionsvermögen führe nun zu erheblichen Finanzierungslücken. Viele Unternehmen könnten ihre Leistungszusagen nicht nicht mehr halten. Zusammen mit den geringeren Ertragserwartungen ziehe dies Nachfrageausfälle nach sich, was wiederum den Abschwung verschärfe.

Fonds auch als Opfer

Pensionsfonds sind aber nicht nur Mitverursacher der Krise, sondern haben auch selbst darunter gelitten. Zwischen Dezember 2007 und Oktober 2008 sei der Marktwert von privaten Pensionssparplänen in der OECD um rund 5 Billionen Dollar eingebrochen - das entspricht 33 % der gesamten Wirtschaftsleistung der EU-27. In den USA werde damit gerechnet, dass die jetzigen Verluste der Pensionsfonds die Gewinne der vergangenen fünf Jahre ausradiert haben. In Österreich müssen rund 42.000 der 63.000 Bezieher von Firmenpensionen mit teils massiven Verlusten rechnen.

Sowohl das umlagefinanzierte als auch das kapitalgedeckte System hingen von der demografischen und der realwirtschaftlichen Entwicklung ab, sagte Alice Kundtner, Bereichsleiterin für Soziales bei der AK Wien. Das private System sei aber zusätzlich den Risiken der Finanzmärkte ausgesetzt und außerdem teurer. Die öffentlichen Pensionsversicherungsanstalten geben laut Studie im Schnitt 2,1 % ihrer Beitragseinnahmen für Verwaltung aus, die größte überbetriebliche Kasse VBV hingegen 4,2 %.

Pensionsreformen wirken

Trotz steigender Zahl der Älteren laufe bei der Finanzierung der heimischen öffentlichen Altersvorsorge "die nächsten 50 Jahre nichts aus dem Ruder", so Kundtner. In Summe steige der Bundesbeitrag (Beamte und gesetzliche Pensionsversicherung) von heute 5,2 % des BIP auf 5,8 % im Jahr 2060. Gründe für den recht moderaten Anstieg seien die Pensionsreformen und die zunehmende Eingliederung der Beamten in die ASVG.

Ein weitere Nachteil kapitalgedeckter Systeme sei, dass ohnehin benachteiligte Gruppen wie Leiharbeiter dazu gar keinen Zugang haben. Außerdem würden bei privaten Systemen Kindererziehungszeiten oder Arbeitslosigkeit nicht angerechnet. Wenn Frauen aufgrund ihrer höheren Lebenserwartung weniger Geld pro Jahr bekämen, sei dies ebenfalls eine Ungleichbehandlung, so Streissler.

AK-Direktor Werner Muhm rechnet damit, dass die Verzinsung langfristig nicht mehr als drei bis vier Prozent betragen wird. Die jahrelang geschürten hohen Ertragserwartungen der Privaten sind für ihn "Scharlatanerei", zumal die Betriebspensionen "schon mehrmals vor dem K.o. gestanden" seien. Muhm warnte davor, nun - krisenbedingt - die öffentliche Altersvorsorge auf die Sparagenda zu nehmen und die Krise als "Betriebsunfall" zu sehen. "Unser Kasinoturbokapitalismus ist gerade kräftig an die Wand gefahren."

Das öffentliche Pensionssystem diene der Sicherung des Lebensstandards und solle gerade jetzt Priorität haben. Die Forderung der Seniorenverbände nach einer Pensionsanpassung gemäß dem Pensionistenpreisindex lehnt Muhm ab. Wenn man laufend von der Inflationsanpassung abweiche, "verliert man Systemstabilität".

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