Steiermark

Kritik an Kahlschlag im ÖBB-Fernverkehr

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Nur mehr drei Züge Graz-Salzburg, starke Ausdünnung Graz-Maribor.

Mit dem vergangenen Fahrplanwechsel ist die Direktverbindung Graz-Linz eingestellt worden, nun stand Graz-Salzburg zur Debatte. Vergangene Woche legten die ÖBB nach monatelangen Spekulationen ihre Pläne auf den Tisch: Die Zahl der Direktzüge in die Mozartstadt wird ab Dezember auf drei pro Tag halbiert. Noch drastischer sieht die Kürzung für Graz-Maribor aus: Mit nur noch zwei Zugpaaren - statt bisher sechs - bleiben nur die internationalen Züge von Wien nach Ljubljana und Zagreb erhalten. Damit ist die Bahnverbindung zwischen der Steiermark und Slowenien schlechter als zu Zeiten des Kalten Krieges.

ÖBB sehen kein Potenzial für Verbindungen nach Salzburg

Dass das Angebot für die Verbindung Graz-Salzburg zurückgefahren wurde, begründete die ÖBB mit nur 32 Personen, die täglich dieses Abgebot voll nutzen würden. Das sei zu wenig und auch die insgesamt nur 100 Personen, die mit allen verfügbaren Verkehrsmitteln zwischen den beiden Städten unterwegs seien, böten zu wenig Entwicklungspotenzial, so die Vorstandsdirektorin des ÖBB-Personenverkehrs, Birgit Wagner. Eisenbahngewerkschafter Fritz Ploner findet diese Argumentation der ÖBB unhaltbar: "Die Bahn ist kein Flugzeug, wir fahren nicht Graz-Salzburg non stop, sondern wir bleiben in Leoben, St. Michael, Selzthal stehen, wo Reisende aus- oder zusteigen." Auch nutzen viele Fahrgäste die Verbindung Graz-Salzburg als Zubringer zur Westbahn sowie nach Deutschland

Anbindung der obersteirischen Tourismusgebiete stark verschlechtert

Die Eisenbahnergewerkschaft befürchtet außerdem, dass durch die Einsparungen "die Netzwirkung in den Knoten Leoben, St. Michael, Selzthal für das Murtal, das Mürztal und das Ennstal verloren geht und wir noch weniger Reisende im öffentlichen Verkehrsmittel Bahn vorfinden werden", so Ploner. So könnte durch den Wegfall vieler Anschlussverbindungen von und nach Graz einmal mehr die Bahnstrecke ins Salzkammergut in ihrer Existenz bedroht sein. Bereits in de Vergangenheit war mehrmals eine Einstellung des Personenverkehrs zwischen Stainach-Irdning und Bad Aussee oder sogar Bad Ischl diskutiert worden.

Grüne halten Angebotsverschlechterung für "absurd"

Der Verkehrssprecher der steirischen Grünen, Lambert Schönleitner, warf Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) vor, die Aufrechterhaltung der  Zugverbindungen zwischen Graz und Salzburg zugesagt zu haben. Besonders "absurd" findet Schönleitner, dass gerade die Ennstalstrecke im Vorfeld der nahenden Schi-WM 2013 massiv geschwächt werde. "Millioneninvestitionen in die Bahnhöfe Schladming und Liezen werden getätigt und parallel dazu soll nun die Taktdichte auf der Strecke gegen Null gefahren werden. Das ist betriebswirtschaftlicher Unsinn", empört sich Schönleitner. Die Grünen kündigen nun scharfe Protestmaßnahmen an.

Keine Direktverbindung mehr nach Innsbruck, Kahlschlag Graz-Maribor
Eingespart wird auch die letzte Direktverbindung Graz-Innsbruck sowie das gesamte Angebot von Graz direkt nach Maribor. Dass diese Verbindung durch den langwierigen Lokwechsel an der Grenze zu Slowenien ohnedies wenig attraktiv sei, wurde von den ÖBB ebenso wie die nun beschlossene drastische Reduktion auf die wirtschaftliche Situation der slowenischen Staatsbahnen geschoben. Die entfallenden Züge nach Maribor werden nun im Regionalverkehr bis Spielfeld geführt.

Grüne: "Fatales europapolitisches Zeichen"

Die geplante Ausdünnung der Zugverbindung zwischen Graz und Maribor sieht der Grünen-Politiker Schönleitner auch als "fatales europapolitisches Zeichen": Maribor sei 2012 europäische Kulturhauptstadt, und die ÖBB strichen vier von sechs Zugverbindungen. Kritik übte der Grün-Mandatar auch an der "Reformpartnerschaft" im Landes, die "stillschweigend zusieht, wie der Rest der Mobilitätsversorgung im Land den Bach runter geht."'

BZÖ: Fahrgäste zahlen Zeche für Spekulationsverluste
"Nachdem mit Graz-Linz bereits die Verbindung der zweitgrößten mit der drittgrößten Stadt eingestellt wurde, gibt es jetzt auch noch einen Kahlschlag bei Graz-Salzburg und Graz-Marburg. Das ist inakzeptabel. Hier zahlen die ÖBB-Kunden offenbar direkt die Zeche für die Spekulationsverluste der ÖBB und finanzielle Desaster wie rund um die MAV-Cargo", so der steirische BZÖ-Chef Gerald Grosz. Wenn die Bundesbahnen diese Grundversorgung der Bevölkerung nicht mehr erfüllen wollen, dann sollen auch keine Steuergelder mehr fließen und die ÖBB bis auf das Schienennetz privatisiert werden", so Grosz

VCÖ: Bund ist für den Fernverkehr zuständig
Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) sieht den Bund gefordert, für den Fernverkehr in Österreich ein Mindestangebot zu definieren und dafür Sorge zu tragen, dass dieses erfüllt wird. Der VCÖ ortet einmal mehr die Gefahr, dass im Zuge der Liberalisierung nur noch gewinnträchtige Strecken bedient werden. Die Reduktion von Bahnverbindungen stehe im krassen Widerspruch zu den Umwelt-Appellen der Politik, so der VCÖ.

Auch Landes-Verkehrsreferenten fordern Absicherung des Fernverkehrs

Heftige Kritik an der Ausdünnung des ÖBB-Fernverkehrs übt auch der steirische Verkehrslandesrat Gerhard Kurzmann (FPÖ). In einem Brief habe man die im Gespräch gewesenen Einstellungen nicht befürwortet. Kurzmann sei, entgegen der Behauptung der ÖBB, nicht in die Verhandlungen eingebunden worden. Für ihn werde Graz durch die Ausdünnung der Verbindungen weiter ins Abseits gedrängt, sagte der Landesrat dem ORF Steiermark. Bereits im Frühjahr hatten die Verkehrslandesräte aus Westösterreich in einer Resolution den drohenden Kahlschlag im ÖBB-Fernverkehr abseits der Hauptrouten kritisiert und mehr Engagement des Bundes eingefordert.

Stundentakt Graz-Wien bleibt, ab Herbst Railjet

Unverändert bleibt die mit 33 täglichen Verbindungen weitgehend im Stunden-Takt geführte Strecke Graz-Wien. Hier erfolgt ab Oktober die Umrüstung auf den bisher nur auf der Westbahn eingesetzten Railjet - der ab November auch auf dem Südbahn-Ast nach Villach unterwegs ist.

Weniger Regionalverkehr am Semmering und Neumarkter Sattel
Regionalzüge zurückgenommen werden auch zwischen Neumarkt und Friesach und zwischen Mürzzuschlag und Semmering, wobei ein zusätzlicher IC-Halt in Semmering den Ausfall kompensieren soll.

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