Der Hamburger Unternehmer Werner Otto starb in Berlin.
Werner Otto, der Gründer der Hamburger Otto Group, ist tot. Er starb bereits am vergangenen Mittwoch im Alter von 102 Jahren im Kreise seiner Familie in Berlin, teilte das Unternehmen am Dienstag in Hamburg mit. Otto hatte den Otto-Versand 1949 in Hamburg gegründet und bis Mitte der 60er Jahre zu einem der führenden Unternehmen der Branche ausgebaut. Sein ältester Sohn Michael formte die Otto Group ab den 80er Jahren zu einem Weltkonzern.
Der Unternehmensgründer baute völlig unabhängig davon mit der ECE ein zweites Erfolgsunternehmen auf, heute die führende Entwicklungs-und Managementgesellschaft für Einkaufscenter in Europa. Er betätigte sich vielfach als Mäzen für soziale und kulturelle Ziele. Otto hinterlässt seine Ehefrau Maren sowie fünf Kinder.
Legendärer Nachkriegsunternehmer
Werner Otto kam nach dem Zweiten Weltkrieg als mittelloser Flüchtling mit Ehefrau und zwei kleinen Kindern zuerst nach Schleswig-Holstein, dann nach Hamburg. Hier gründete er 1949 mit gerade einmal 6.000 Mark Startkapital nach einem missglückten Anlauf als Schuhfabrikant im Alter von 40 Jahren den Otto-Versand - und legte so den Grundstein für einen weltweiten Handels- und Dienstleistungskonzern mit Zehntausenden von Arbeitsplätzen.
Die Geschichte liegt so lange zurück und wurde so oft erzählt, dass sie sich inzwischen zum Mythos verdichtet hat. Der erste Katalog von 1950, handgebundene 300 Exemplare mit 14 Seiten und eigenhändig eingeklebten Fotos, ist heute im Haus der Geschichte in Bonn zu sehen. Das Angebot: 28 Paar Schuhe. Ein Jahr später waren es schon 1.500 Kataloge mit 28 Seiten, in denen auch Aktentaschen und Regenmäntel angeboten wurden. Die innovative Geschäftsidee: Otto versandte seine Waren gegen Rechnung. 1958 setzte der Versandhändler bereits 100 Millionen Mark um, 1970 mehr als eine Milliarde. Der Katalog wurde da längst schon in Millionenauflagen gedruckt.
Mehr als 60 Jahre nach der Gründung erwirtschaftet die Otto-Unternehmensgruppe einen Umsatz von mehr als 11 Mrd. Euro und beschäftigt mehr als 50.000 Menschen in 20 Ländern.
Firmengründer Werner Otto selbst zog sich bereits 1965 weitgehend aus dem operativen Geschäft zurück und überließ den Vorstandsvorsitz Günter Nawrath. 1981 übernahm dann Sohn Michael die Geschäftsführung und baute das Unternehmen zu einem Weltkonzern aus.
Werner Otto ruhte sich auch nach der Übergabe an seine Nachfolger nicht auf seinen unternehmerischen Lorbeeren aus und startete eine zweite Karriere: seit 1965 schuf er ein auf Bau und Betrieb von Einkaufszentren spezialisiertes Unternehmen, die ECE. 1973, im Alter von bereits über 60 Jahren, begann er zudem mit dem Aufbau der Paramount Immobiliengruppe in den USA, zu der unter anderem Gebäudekomplexe in New York und Washington gehören.
Otto wurde vor allem in seinen letzten Lebensjahren bekannt für sein soziales Engagement, das allerdings bereits viel früher begann. So gründete er beispielsweise 1969 eine Stiftung, die unter anderem maßgeblich am Aufbau des Kinderkrebszentrums am Uni-Krankenhaus Hamburg-Eppendorf beteiligt war. Weitere ähnlich erfolgreiche Projekte und Stiftungen folgten - so zum Beispiel ein Museumsbau für die US-Eliteuniversität Harvard und eine Stiftung zur Förderung der Altenhilfe in Berlin und Brandenburg.
Otto hatte ein bewegtes Leben. Mit seiner dritten Ehefrau Maren war er gut 50 Jahre verheiratet und hatte mit ihr zwei seiner fünf Kinder: Katharina und Alexander. Aus früheren Ehen stammen Ingvild, Frank und Michael, der heutige Aufsichtsratschef. In den Jahren der Nazi-Herrschaft verbrachte Otto sogar eine Zeit in Haft im berüchtigten Gefängnis Plötzensee, weil er Anti-Hitler-Plakate über die deutsch-tschechische Grenze geschmuggelt hatte. Im Zweiten Weltkrieg wurde er schwer verwundet und erlebte das Kriegsende im Lazarett mit einer Kopfverletzung. Nur wenige Jahre später folgte der Aufstieg zum Versandhandelskönig.