Die älteste Kryptowährung der Welt ist in einem Monat um mehr als 40.000 Dollar abgestürzt. Wie geht es für das »digitale Gold« weiter?
Bitcoin ist von mehr als 126.000 US-Dollar auf unter 90.000 Dollar gefallen, zeitweise bis auf 80.660. ETF-Abflüsse und extreme Angst am Markt werfen die Frage auf: Beginnt ein neuer Bärenmarkt – oder bietet die Korrektur eine Einstiegschance?
Milliarden haben sich in Luft aufgelöst
Zuletzt hatte Bitcoin die 91.000 US-Dollar wieder erobert, die Nervosität blieb aber groß.
In den letzten Tagen pulsten auf den Screens der Trader rote Balken, Coinglass meldet binnen eines Tages fast eine Milliarde Dollar an Liquidationen – später werden es rund zwei Milliarden. Der Fear-&-Greed-Index rauscht auf 16 Punkte, „extreme Angst“. Für viele wirkt es wie der tiefste Stimmungseinbruch seit Monaten, ausgelöst durch Tech-Abverkäufe, ein nervöses Zinsumfeld und massive ETF-Abflüsse. Ist dieser Rücksetzer eine Chance – oder fällt Bitcoin noch tiefer?
Bitpanda-CEO Lukas Enzersdorfer-Konrad
Milliardenabflüsse verstärken Abwärtsdynamik
Ein zentraler Treiber des jüngsten Rücksetzers sind die massiven ETF-Abflüsse in den USA.
Allein im November zogen Anleger mehr als 3,8 Milliarden Dollar aus Bitcoin-Produkten ab – ein außergewöhnlich hoher Wert in einer Phase, in der die Spot-ETFs monatelang als wichtigster Motor der Rally galten. Seit ihrer Einführung im Jänner 2024 sind insgesamt rund 59 Milliarden Dollar in diese Vehikel geflossen und trieben den Bitcoin-Kurs zeitweise von 45.000 auf über 126.000 Dollar. Dreht dieser Kapitalfluss ins Negative, verstärkt das die Abwärtsbewegung unmittelbar.
Zinsen, Tech-Abverkäufe, KI-Panik
Der Kursrückgang kommt nicht aus dem Nichts. Zweifel an weiteren Zinssenkungen der Fed und Angst vor einer KI-Blase haben Risikoassets weltweit belastet. Zusätzlich wirken die nach dem US-Shutdown verzögerten Konjunkturdaten wie ein Unsicherheitsverstärker.
Mark J. Valek, Fondsmanager und Krypto-Experte bei der Incrementum AG: „Bitcoin reagiert sensibel auf das Liquiditätsumfeld. Sinkende Wahrscheinlichkeit einer Dezember-Zinssenkung, ETF-Abflüsse und Risk-Off-Stimmung belasten eindeutig.“ Gleichzeitig erinnert er daran, dass Bitcoin zunehmend als „Digitales Gold“ wahrgenommen werde.
"Kleinanleger bleiben erstaunlich gelassen"
Während institutionelle Anleger Gewinne mitnehmen und Risiko reduzieren, sieht Bitpanda-CEO Lukas Enzersdorfer-Konrad ein deutlich differenziertes Bild auf der Retail-Seite. „Wir sehen keine Panikverkäufe in der Breite“, sagt er. Viele erfahrene Nutzer würden den Rücksetzer aktiv für Nachkäufe nutzen, besonders bei Bitcoin und Ethereum. Auch die Margin-Schließungen auf der Plattform seien kontrolliert verlaufen: „Durch klare Risikolimits blieb die Lage stabil. Der überwiegende Teil unserer Nutzer investiert ohne Hebel.“
Altcoins stürzen ab – Bitcoin dominiert
Absturz. Während Altcoins, also kleinere und deutlich spekulativere Kryptowährungen außerhalb von Bitcoin und Ethereum, teilweise mehr als 50 Prozent verloren haben, hält sich Bitcoin vergleichsweise stabil. Sein Anteil an der gesamten Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen ist wieder auf über 60 Prozent gestiegen.
Das gilt als typisches Muster in nervösen Marktphasen, weil Anleger in unsicheren Zeiten verstärkt in Bitcoin zurückkehren.
„Bitcoin ist nicht einfach ein Krypto-Asset, sondern das zentrale Reservemedium des gesamten Ökosystems“, sagt Mark J. Valek.
Bitpanda-Plattform: Viel Handel
Auch auf der österreichischen Plattform Bitpanda zeigt sich diese Entwicklung. „In unsicheren Phasen orientieren sich Anleger wieder stärker an etablierten Werten wie Bitcoin und Ethereum“, so Enzersdorfer-Konrad.
Ist das der Boden – oder folgt ein Absturz?
Noch dominiert Vorsicht. „Wir sehen keine dynamische Erholung, aber auch keine starke Verkaufswelle“, sagt Enzersdorfer-Konrad.
Trotz des dramatischen Rückgangs sehen Experten keine strukturelle Krise. Das Protokoll bleibt robust, institutionelles Interesse ist vorhanden, und Retail-Anleger zeigen bemerkenswerte Ruhe. Für Enzersdorfer-Konrad ist der Rat an Kleinanleger klar: „Kühlen Kopf bewahren, keine impulsiven Entscheidungen. Wer langfristig investiert und breit streut, ist weniger anfällig für kurzfristige Schwankungen.“
Die kommenden Wochen dürften entscheidend werden – ob der Markt weiter rutscht oder den Grundstein für die nächste Aufwärtsbewegung legt.