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Agrarkommissarin will nicht an Milchquote rütteln

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Die EU-Kommission will trotz der schwierigen Lage am Milchmarkt nicht an der bestehenden Quotenregelung rütteln. "Machen Sie nicht die Milchquote zum Sündenbock für die schwierige Lage, in der sich der Milchsektor befindet", betonte EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer-Boel bei einer Pressekonferenz in Brüssel. Fischer-Boel betonte, sie habe "kein Allheilmittel".

Die EU-Kommissarin verwies auf die bisher gesetzten Stützungsmaßnahmen, wie die seit Jahresbeginn wieder eingeführte Intervention und die Ausfuhrerstattungen. In dem von Fischer-Boel vorgeschlagenen Bericht der EU-Kommissarin wird zudem vorgeschlagen, dass die Geringfügigkeitsschwelle für staatliche Beihilfen ("De-Minimis-Regel") von derzeit 7.500 auf 15.000 Euro verdoppelt wird. "Wir wissen, dass viele Milcherzeuger jetzt schwierige Zeiten durchmachen", sagte Fischer-Boel. So seien die Erzeugerpreise pro Liter Milch im Durchschnitt in der EU auf 24 Cent zurückgefallen.

Die EU habe die Quote im Jahr 2008/2009 wie geplant um 1 Prozent angehoben, obwohl die Produktion um 0,9 Prozent zurückgegangen sei, sagte Fischer-Boel. Insgesamt bleibe die Milch-Produktion derzeit damit um 4,2 Prozent hinter der Quote zurück. Der wirkliche Grund für die schlechte Lage am Milchmarkt sei die Wirtschaftskrise, betonte die Kommissarin. "Wir können Problem nicht durch ein Mikromanagement des Marktes lösen. Die EU-Kommissarin will heute noch mit demonstrierenden Landwirten in Brüssel zusammentreffen.

Berlakovich mit Bericht nur teilweise zufrieden

Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich sieht den präsentierten EU-Milchmarktbericht mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Positiv sei, dass der Bericht noch heuer vorgelegt wurde und die Mitgliedstaaten die Quotenerhöhung aussetzen dürfen. Dass letzteres aber nicht EU-weit beschlossen wurde, sieht Berlakovich weiterhin negativ. "Alles in allem ist der heute vorgelegte Bericht ein weiterer Schritt, hier zu einer Lösung zu kommen, allerdings muss noch viel mehr passieren", so Berlakovich.

Lob gab es für die angekündigte Verlängerung der privaten Lagerhaltung bei Butter und der Interventionen von Butter und Magermilchpulver. Auch die Klarstellung der Kommission, dass Käseimitate nicht unter der Bezeichnung "Käse" vermarktet werden dürfen, wird von Berlakovich befürwortet. Dieser sogenannte Analogkäse besteht nur teilweise aus Milch, der Rest sind Speisefette. Rohstofflieferant ist daher wie beim "echten" Käse auch hier der Bauer. Der Bericht wird am 7. September in Brüssel im Agrarministerrat diskutiert werden, Berlakovich sieht dann noch einigen Gesprächsbedarf.

Laut einem im Voraus publizierten EU-Bericht kosten die bisher von der EU ergriffenen Marktstützungsmaßnahmen rund 350 Mio. Euro. Die Gesamtausgaben, inklusive einer längeren Lagerhaltung von Butter und Magermilchpulver, würden sich auf mehr als 600 Mio. Euro summieren

Landwirtschaftskammer sieht düstere Zukunft für Bauern

Die Landwirtschaftskammer hat unterdessen ein düsteres Bild für die heimischen Milchbauern gezeichnet und auf die grundlegenden Strukturprobleme der Milchwirtschaft hingewiesen. Diese würden sich durch Einlagerungsaktionen alleine nicht lösen lassen, sondern nur das Problem nach hinten verschieben. Gefragt seien absatzfördernde Aktionen der EU, wie die Deklaration von Analogkäse.

"Es kann nicht sein, dass auf der einen Seite Milch und Milchprodukte durch Pflanzenfette ersetzt und die Konsumenten mit Analogkäse getäuscht werden, auf der anderen Seite aber die Milchbauern auf ihrer hochwertigen Milch sitzen bleiben", erklärte Josef Moosbrugger, Vorsitzender des Ausschusses für Milchwirtschaft der Landwirtschaftskammer Österreich. Die Ergebnisse der heute präsentierten EU-Milchmarktstudie würden jedenfalls den "schlimmen Zustand" des EU-Milchmarktes bestätigen. "Der Bericht nimmt zur Kenntnis, dass kurzfristig keine Entspannung der Preissituation zu erwarten sei, da die Aufstockung der Interventionsbestände von Butter und Magermilchpulver 2009 und 2010 andauern werde", so Moosbrugger.

Die SPÖ sprach ebenfalls von einem "dramatischen Zustand des Milchmarktes in Europa". SPÖ-Landwirtschaftssprecher Kurt Gassner sieht die ÖVP, die traditionell den Landwirtschaftsminister stellt, gefordert. Er wies darauf hin, dass die ÖVP nicht bereit gewesen sei, im Rahmen der Agrarrechtsänderungsgesetznovelle "eine rigorose Pönale der Überlieferer und Belohnung für Unterlieferer umzusetzen, um den Milchpreis nicht weiter verfallen zu lassen". Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich habe jedenfalls "die volle Unterstützung der SPÖ, es darf nicht länger gezögert werden", so Gassner.

BZÖ-Agrarsprecher Gerhard Huber forderte Berlakovich auf, anlässlich des heute präsentierten EU-Milchmarktberichtes, "nicht länger EU-hörig zu sein, sondern sich für die österreichischen Milchbauern einzusetzen". Nur ein freiwilliger Milchverzicht, der entsprechend gefördert werde, könne die Situation am heimischen Milchsektor entspannen, rät Huber zu einem Griff in den Steuertopf.

Italien fordert transparente Milch-Kennzeichnung

Nach dem Protest der italienischen Milchbauern am Brenner will Italiens Landwirtschaftsminister Luca Zaia der Regierung am kommenden Donnerstag ein Gesetzesprojekt zur Förderung von Transparenz bei der Kennzeichnung italienischer Milch vorlegen. "Die Konsumenten haben das Recht zu wissen, woher die Milch stammt, die sie verbrauchen", betonte Zaia nach Angaben italienischer Medien.

Verbraucher sollen die Herkunft von Landwirtschaftsprodukten und ihrer Derivate nachvollziehen können. Ein ähnliches Gesetz will Zaia auch in Brüssel vorlegen. Österreichs Landwirtschaftsminister Niki Berlakovich (V) hatte gestern vor Journalisten den Protest der italienischen Milchbauern kritisiert und darauf verwiesen, dass Italien ein wichtiger Exportmarkt für heimische Milch ist.

Der italienische Amtskollege warnte indes, dass die Milchproduktionskosten in Europa hoch seien, während die Milchbauer 25 Cents pro Liter Milch bekommen. Dieses Problem betreffe auch österreichische und deutsche Milchproduzenten. "Man kann unsere Bauer nicht zwingen, Preise zu akzeptieren, mit denen sie nicht überleben können", so der Landwirtschaftsminister.

Am Mittwoch belagerten 2.000 Milchbauern mit ihren Traktoren und Lkw den Hafen der Adria-Stadt Ravenna. Am Dienstag hatte es neben dem Protest am Brenner auch ein Sit In von Bauern auf dem Domplatz in Florenz gegeben. Der Protest wurde von dem italienischen Landwirtschaftsverband Coldiretti organisiert.

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