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Milchbauern legen in Brüssel Forderungskatalog vor

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Die Milchbauern haben die Nase gestrichen voll. Die Preise befinden sich im freien Fall, derzeit bekommen die österreichischen Bauern zwischen 23 und 28 Cent pro Kilogramm Milch. Grund für den "historisch niedrigen Milchpreis" ist das Überangebot bei gleichzeitig niedriger Nachfrage. "Wir ersaufen in Europa in der Milch", polarisierte der Obmann der IG Milch, Ewald Grünzweil. Dem müsse endlich ein Ende gesetzt werden.

Deshalb werden die IG-Milch und der europäische Dachverband European Milk Board (EMB) in Brüssel vorstellig und legen Agrarkommissarin Mariann Fischer-Boel sowie 680 EU-Abgeordneten einen Forderungskatalog vor. Am 7. September wird der Inhalt des Papiers im EU-Sonderagrarministerrat behandelt.

Um den europäischen Milchmarkt zu stabilisieren, müsste eine Monitoringstelle eingerichtet werden, die Angebot und Nachfrage analysiert und einschätzt, so Punkt 1 des Forderungspapiers. Alle Beteiligten, sprich Milcherzeuger, Molkereien, Verbraucherorganisationen und Politik, sollten darin vertreten sein und regelmäßig die Kosten der Milcherzeugung ermitteln. Der entsprechende Erzeugerpreis soll Maßstab für die Festlegung der Milchmenge und den Einsatz verschiedener Instrumente durch die Monitoringstelle sein , hieß es.

Laut IG-Milch, die heute gleich in sechs österreichischen Bundesländern Pressekonferenzen abgehalten hat, reicht es nicht, nur beim Absatz aktiv zu werden. Die Produktionsmenge müsse verringert werden. "Wenn sich nicht bald was tut, sterben die Bauern aus", sagte Grünzweil in Wien. Seit Österreich der EU beigetreten ist, hätten jeden Tag neun Milchbetriebe dicht gemacht. Das könnte sich sogar noch verstärken, meinte der IG-Milch-Obmann. Derzeit gibt es hierzulande rund 38.000 Milchbauern.

Eine weitere Forderung von IG-Milch und EMB ist die Schaffung einer rechtlichen Grundlage, die die Einführung einer für alle EU-Milchproduzenten verbindliche Erzeugerumlage erlaubt. Diese soll zur Finanzierung einer bedarfsorientierten Mengensteuerung genutzt werden, das heißt, je nach Entwicklung der Nachfrage, um die Menge zu steigern oder zu senken.

EU-weite Mengenbegrenzung

Damit marktgestaltende Instrumente greifen können, brauche es eine EU-weite, rechtlich abgesicherte Mengenbegrenzung auf der Basis einzelbetrieblicher Referenzmengen, schlagen die Interessensvertreter der Milchbauern vor. Außerdem sei eine rechtliche Grundlage zu schaffen, die es den Milcherzeugern erlaubt, sich auf der Ebene der Mitgliedsstaaten und darüber hinaus zu Erzeugergemeinschaften zusammenzuschließen. Für Österreich wünscht sich Grünzweil eine Erzeugerorganisation, die den Molkereien vorgeschaltet ist.

Als kurzfristig umzusetzende Maßnahme begehrt die IG-Milch, die die Interessen von rund 4.000 heimischen Bauern vertritt, dass der Preis per 1. Oktober auf 30 Cent pro Kilogramm angehoben wird. Einen Monat später müsste er bei 33 Cent liegen, am 1. Dezember bei 37 und ab 1. Jänner 2010 bei 40 Cent.

Sollte am 7. September in Brüssel nichts vernünftiges herauskommen, schließt Grünzweil weitere Maßnahmen, sprich Streiks, nicht aus. Wenn Deutschland und Frankreich, die zusammen 40 Prozent der europäischen Milchproduktion innehaben, streiken, "ist Österreich auch dabei", kündigte er an. Am 10. September findet in Paris die außerordentliche EMB-Versammlung statt. Dort werden die Ergebnisse des Agrarministerrates besprochen, analysiert und eventuelle Maßnahmen beschlossen.

Grüne und LK fordern Handeln

Die Grünen unterstützen den Vorstoß der IG-Milch und des europäischen Dachverbands European Milk Board (EMB), die mit einem konkreten Forderungskatalog an die EU-Kommission, die Agrarminister und die Abgeordneten des Europäischen Parlaments herantreten. Auch laut dem Präsidenten der Landwirtschaftskammer Österreich, Gerhard Wlodkowski, gilt es, Brüssel klarzumachen, dass es sich um eine "tiefe, lange und prekäre" Situation am europäischen Milchmarkt und nicht nur um eine kurzzeitige "Marktdelle" handelt.

Um die schlechte Lage der Milchbauern in Griff zu bekommen, fordert die Landwirtschaftskammer (LK) "spürbare Absatzförderung, klare Kennzeichnung, um "Schummelprodukte" kenntlich zu machen, und klare Regeln zur Mengensteuerung auch für die Zeit nach 2013". Die LK Österreich habe Absatz fördernde Maßnahmen gefordert, damit die Übermengen konsumiert und nicht nur eingelagert werden.

Als eine der nächsten Maßnahmen biete sich die Wiedereinsetzung der Absatzbeihilfe für Magermilchpulver in der Kälberfütterung an. Dieses Instrument sei in der EU-Milchmarktordnung nach wie vor vorgesehen, aber derzeit inaktiviert. "Wir fordern daher, die Beihilfe für Magermilchpulver für Milchaustauscher, also für Kälberfutter, wieder zu aktivieren", so Wlodkowski. Die "unerfreuliche und für viele Milchbauern existenziell bedrohliche Situation" am Milchmarkt zeig, dass es auch nach 2013 nicht ohne Mengen steuernde Maßnahmen, wie Intervention, Abschöpfung und Exportförderung, gehen werde.

Der Grüne Agrarsprecher Wolfgang Pirklhuber kritisiert die Vorgangsweise der EU-Agarminister und der EU-Kommission, die im Vorjahr trotz überquellender Märkte eine Erhöhung der Milchquote für fünf Jahre um jährlich 1 Prozent beschlossen haben. Sämtliche Appelle der Milcherzeugerverbände, die produzierte Menge an den Markt flexibel anzupassen, seien bisher ignoriert worden. Brüssel habe das "Preisdesaster" bei der Milch verursacht und müssen nun dazu gebracht werden, beim EU-Sonderagrarministerrat am 7. September ihre "Fehlentscheidungen umgehend zu korrigieren", so der Grüne Agrarsprecher.

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