Der US-amerikanische Pilot Gail Halvorsen, der während der Berliner Luftbrücke unter dem Namen "Candy Bomber" weltweite Berühmtheit erlangte, wird heute sensationelle hundert Jahre alt.
Über 70 Jahre ist es her, als der US-Air-Force-Pilot Gail Halvorsen über dem zerbombten Berlin erstmals kleine Fallschirme mit leckeren Süßigkeiten für die deutschen Kinder abwarf. In den Jahren der Berliner Luftbrücke 1948 und 1949, als die Versorgung der Stadt nur noch über Flugzeuge der Westalliierten sichergestellt werden konnte, zauberte Halvorsen gemeinsam mit seiner Crew den Kindern mit über 425 Kilo Süßigkeiten tagtäglich ein Lächeln ins Gesicht.
Anfänglich bekam die Luftbrücken-Legende für diese Aktion noch mächtig Ärger von seinen Vorgesetzten. Es wurde ihm jedoch nicht ausdrücklich verboten und somit verteilte Halvorsen die Naschereien unbeirrt weiter. Spätestens als die Verteilaktion von den damaligen deutschen Pressemedien aufgegriffen wurde, wurde die Besatzung um Gail Halvorsen für viele andere Crews zum Vorbild und gegen Ende der Luftbrücke hatten beinahe 30 Flugzeugmannschaften weit über 20 Tonnen Schokolade und andere Leckereien für die Nachkriegskinder abgeworfen.
Onkel Wackelflügel
Von den Kindern selbst wurde Halvorsen nur „Onkel Wackelflügel“ genannt. Dies kam davon, dass der Soldat den Heranwachsenden erklärte, dass sie seine Maschine, die Douglas C-54, vom Boden aus von den anderen Flugzeugen unterscheiden könnten, indem er mit den Tragflächen, fast so als würde er ihnen winken, hin und her wackelt. Durch diese Aktionen, die den Kindern in Zeiten von Not und Elend eine Freude machen sollten, wurde das Bild der US-amerikanischen Besatzungssoldaten im Deutschland der Nachkriegszeit wesentlich geprägt.
Erinnerungen voll Dankbarkeit
Der ursprünglich in Salt Lake City geborene Held erhielt im Jahr 1974 das große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland und die Legion of Merit, eine der höchsten Auszeichnungen der US-amerikanischen Streitkräfte. Wird der Pilot heute nach seinem damaligen Einsatz für die Kinder gefragt, erinnert er sich vor allem an eine Geschichte: Im kalten Winter von 1948/49 begegnete er einigen Jugendlichen, die ihn vom Leben in den sowjetisch besetzten Gebieten erzählten. Die jungen Buben und Mädchen wussten, dass die im Osten lebenden Menschen weder frei reisen, noch frei sprechen durften. Sie hätten große Angst gehabt, dass diese Zustände auch im westlichen Berlin eintreten würden und hofften darauf, eines Tages richtig frei zu sein.
An diese Zeit zurückerinnernd sagt Halvorsen nun, über 70 Jahre später: "Wenn ich zurückdenke, danke ich den Kindern der Berliner Blockade dafür, dass sich mich daran erinnert haben, die eigenen Prinzipien über das Vergnügen zu stellen, wenn man mit einer wichtigen Entscheidung konfrontiert ist. [...] Die Berliner Kinder haben mir gelehrt, dankbar für alles zu sein, was ich habe, vor allem für Freiheit."
Gerne erinnert sich Halvorsen auch an die enorme Dankbarkeit zurück, die ihm von den Berlinerinnen und Berlinern damals entgegengebracht wurde. Dies bezeichnete er immer wieder als Grundstein dafür, dass die einstmals verfeindeten Nationen Amerika und Deutschland zu Freunden werden konnten.
Historischer Wendepunkt
Immer wieder nahm Gail Halvorsen seitdem persönlich an den Jahresfeierlichkeiten der Berliner Luftbrücke teil. Anlässlich des 70. Jahrestages wurde der ehemalige Flugplatz Tempelhof in „Gail S. Halvorsen Park“ umbenannt. Anlässlich dieser großen Ehre erschien der damals 98-jährige sogar noch einmal persönlich auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens.