Lufthansa wirft den AUA-Streubesitz raus

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Weil die Deutsche Lufthansa mit 95,4 % der Stimmrechte die für einen Sueeze-out-Beschluss nötige Schwelle (90 %) hat, kann sie die verbliebenen Streubesitz-Aktionäre in der Austrian Airlines (AUA) hinausdrängen. Das passiert heute in einer ao. Hauptversammlung (HV) in Wien. Sie hat kurz nach 10 Uhr begonnen. Die Zwangsabfindung wird danach noch länger die Gerichte befassen.

Die Lufthansa will einen "vollkonsolidierten europäischen Konzern", mit dem man "alle Integrationsvorteile" und Synergien heben kann, erklärten in der HV die Aufsichtsräte unter Vorsitz von AUA-Präsident Stefan Lauer. Dazu will man sich auch die Kosten einer Börsenotierung in Wien sparen.

Kritische Anleger - unter ihnen Alexander Proschofsky und Rupert Heinrich Staller - haben zu Beginn der HV ihren Widerstand deponiert. Proschofsky wird auf jeden Fall eine gerichtliche Überprüfung des gebotenen Abfindungspreises beantragen. Weitere Schritte behält er sich ebenso vor wie Staller. Anfechtungsklagen waren im Vorfeld angekündigt worden.

Abfindungspreis und Art des Gesellschafterausschlusses bezeichnete Proschofsky als "Sauerei". Staller sprach von einem "Witz". Beide beklagen, dass den Streubesitzaktionären nachvollziehbare Unterlagen vorenthalten würden.

Der noch verbliebene Streubesitz von 4,44 % (nach Stimmrechten 4,6 %) hat in den Augen von Lufthansa und AUA nicht mehr die erforderliche Liquidität am Finanzmarkt, sagte Michael Niggemann, AUA-Aufsichtsrat und Vorstand der Beteiligungsholding ÖLH (Österreichische Luftverkehrs Holding).

Dem verbliebenen Streubesitz - also jenen Kleinaktionären, die das Angebot der Deutschen um 4,49 Euro je Aktie nicht angenommen haben - bietet die Lufthansa nur mehr 50 Cent cash je Aktie. Das ist den rebellischen Streubesitzern viel zu wenig. Binnen weniger Wochen habe sich heuer die Lage der Airline nicht in diesem Maß verschlechtert, argumentieren sie. Die Lufthansa argumentiert, dass die 4,49 Euro je Aktie auch in den Monaten davor in keiner Weise dem inneren Wert der Aktie entsprochen hätten.

Die Kritik der Streubesitzaktionäre am Mini-Barabfindungspreis von 50 Cent je Aktie konterten die Lufthanseaten in der AUA-Hauptversammlung. Die gewählte Höhe sei die Grenze dessen, was der Lufthansa noch zumutbar gewesen sei.

Niggemann und AUA-Vorstand Peter Malanik berichteten den Aktionären über die zugrundeliegende Bewertung. Demnach ergäbe eine Unternehmensbewertung der AUA per 16.12. zum Discounted Cash Flow Verfahren einen (negativen) Marktwert des Eigenkapitals von -207,2 Mio. Euro. Das entspreche einem (negativen) Unternehmenswert je Aktie von -2,43 Euro je Aktie.

Im Detail beschreiben die Gutachter (Deloitte) den Unternehmenswert per heute mit 902,6 Mio. Euro. Davon seien Nettofinanzschulden von 1,12 Mrd. Euro abzuziehen. Unter Berücksichtigung gesondert bewerteter Vermögensgegenstände und nicht betriebsnotwendigen Vermögens errechne sich der negative Eigenkapitalwert auf -207,2 Mio. Euro.

Dieser negative Wert werde auch durch die "Multiplikatormethode" gestützt, erklären die Gutachter. Hier liegt die Bandbreite des negativen Eigenkapitals zwischen -109,7 und -431,6 Mio.. Euro.

AUA-Vorstand Malanik erwartet den Eintrag des Squeeze-out im Firmenbuch frühestens mit 17. Jänner 2010. Möglicherweise werde das Handelsgericht den Eintragungsprozess unterbrechen, wenn über Anfechtungsklagen zu entscheiden sei. Er selbst geht aber davon aus, dass das Firmenbuchgericht trotzdem einträgt.

Rasinger: "Mit nassem Fetzen verjagt"

Empört ist auch der Anlegerschützer Wilhelm Rasinger über die 50 Cent je Aktie. Dass es keinen "Bonus für Spätkommer" geben könne, sei verständlich, meinte Rasinger, dieses "Angebot" sei aber enttäuschend und ärgerlich. Er sprach von einer "Bestrafungsaktion" für die Aktionäre, die mit der Firma durch dick und dünn gegangen seien. In dem Fall durch dünn.

"Mit diesem Angebot haben Sie eigentlich den Spekulanten und Last-Minute-Investoren Tür und Tor geöffnet", sagte Rasinger vor den rund 100 anwesenden Aktionären bei der Hauptversammlung der AUA im Wiener Austria Center. Er sprach von einem "brutalen Rauswurf".

Angesichts der dramatischen Entwicklung bei der AUA sprach Rasinger von "Inkompetenz", "Realitätsverweigerung", "Verschleierung" und "Eitelkeiten, und da fällt mir nicht nur der Herr Ötsch ein". Das alles auf dem Rücken der Aktionäre, die jetzt mit dem nassen Fetzen aus dem Unternehmen getrieben würden.

Rasinger warnte die Verantwortlichen vor einem langen juristischen Streit. "Es stehen Anfechtungsklagen im Raum. Ein mühsames Überprüfungsverfahren steht im Raum. Für Vernunft ist es nie zu spät." Er appellierte an die AUA- und Lufthansa-Vertreter, nicht bloß auf die juristischen Hardliner zu hören.

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