Am Tag nach der ORF-Enquete wurde die Diskussion über die Zukunft des Fernsehens und über public value im Rahmen des Rundfunkforums weiter fortgeführt. Public value sei nicht nur öffentlich-rechtlichen Sendern überlassen - auch "Private erzeugen längst public value", findet Tobias Schmid, der beim deutschen Privatsender RTL für Medienpolitik zuständig ist.
Im Gegensatz zu gebührenfinanzierten Sendern würden Private die gesellschaftliche Verantwortung freiwillig übernehmen. Will der Gesetzgeber das auch in Zukunft, müsse er hier ein positives Anreizsystem schaffen, so Schmid.
Grundsätzlich warnte er davor public value mit dem persönlichen Geschmack zu verwechseln und ihn einer "bildungsbürgerlichen Geschmacksdiktatur" zu unterwerfen. Verstehe man unter public value eine gewisse Anzahl an Nachrichten-, Dokumentations- und regionalen Informationsformaten, dann leiste in Deutschland RTL hier etwa ähnlich viel, wie die ARD.
Bisher waren Nachrichten für Privatsender wichtig, um den Status als Vollprogramm zu bekommen, mit dem eine Pflicht für Verbreitung verbunden war. Die Wichtigkeit dieser "must carry"-Regelung sei allerdings vor der Digitalisierung in den Hintergrund gerückt.
Daher meint Schmid, müsse ein anderes Anreizsystem her, wenn der Gesetzgeber auch in Zukunft Privatsender mit einer Art öffentlich-rechtlichem Anspruch haben will. Inhalte wie Kindersendungen oder Nachrichten seien nämlich per se keine refinanzierbaren Formate.
Als Anreize könnten laut Schmid ordnungspolitische Maßnahmen dienen - ausdrücklich keine Gebühren. So wäre etwa eine technische Förderung in Form einer "must be found"-Regelung denkbar. Das heißt, dass Sender, die ein gewisses Ausmaß an gewünschten Formaten, wie Kinder- oder Informationsprogramm, bringen, bei der Senderprogrammierung bevorzugt und unter die vordersten Plätze gereiht werden. "Das kostet niemanden Geld, ist aber für die Sender ein ganz großer Anreiz." Nur ein entsprechender Sendeplatz bringe Quote und das bringe Cash.
Infrastrukturunterstützung für Auslandsberichterstattung
Eine strukturelle Förderung kann sich Schmid in Form von Infrastrukturunterstützung bei der Auslandsberichterstattung vorstellen oder durch eine Flexibilisierung von Werbebeschränkungen. Eine dritte Idee wäre die finanzielle Förderung durch die monetäre Unterstützung bei Infrastrukturkosten in der Regionalberichterstattung oder bei den Kosten der Informationsbeschaffung im Rahmen von Wahlberichterstattung.
Der Rundfunk stehe in enormem Wettbewerb mit der Gattung Online. Die Bedeutung von Fernsehen werde durch die neuen Medien zurückgedränt, so Schmid. Daher würden weitere Erschwernisse für Privatsender lediglich dazu führen, dass Unternehmer kein Programm mehr anbieten, die public value gleichkommen. Im Gegenteil seien jetzt Erleichterungen das Gebot der Stunde.