ORF 1 laut RTR-Analyse zu unterhaltungslastig

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ORF 1 ist in punkto Programmvielfalt noch immer ein "Sorgenkind". Zu diesem Schluss kommt der Kommunikationswissenschafter Jens Woelke, der im Auftrag der RTR eine Programmanalyse heimischer TV-Sender durchgeführt hat. Mit 86 % ist der Anteil an Unterhaltungsformaten in ORF 1 "mehr als dominant".

Gegenüber der letzten umfassenden Programmanalyse aus 2007 ist dieser Anteil sogar noch um 5 Prozentpunkte gestiegen. In Summe sei das österreichische Fernsehen, inklusive ORF 1, ORF 2, ATV und Puls 4, aber "vielfältiger als noch 2007", bilanzierte Woelke bei der Präsentation der Programmanalyse.

Ein Paradebeispiel für öffentlich-rechtliches Fernsehen - auch im internationalen Vergleich - ist ORF 2, dessen Programm mit 37 % Unterhaltung, 32 % Information zu Sach- und Politikthemen sowie 10 % Information zu Softthemen und 17 % sonstiger Formate "sehr ausgewogen" ist. Gegenüber der vergangenen Analyse aus dem Jahr 2007 hat sich der Anteil der "harten" Informationen sogar noch gesteigert, und zwar von 28 auf 32 %, so der Studienautor.

Ganz anders ist das Verhältnis bei ORF 1, das seinen Informationsanteil bei den harten Themen von sieben auf drei Prozent reduzierte und die Informations-Unterhaltung von fünf auf vier Prozent senkte. Die fiktionale Unterhaltung lag hingegen bei 75, die nonfiktionale Unterhaltung bei 11 %. Im internationalen Vergleich kann allenfalls der Schweizer Sender SF Zwei mit 59 % fiktionaler und 8 % nonfiktionaler Unterhaltung ähnlich hohe Werte aufweisen.

Privatsender ausgewogener

5 ausgewogener als ORF 1 präsentierten sich laut Woelke die heimischen Privatsender. Bei ATV lag der Unterhaltungsanteil bei 53 % - 45 davon waren fiktionale und 8 % nonfiktionale Unterhaltung. Puls 4 hatte 47 % Unterhaltung (46 und 1 %) im Programm. ATV hielt seinen Informationsanteil mit 5 % bei harten News sowie 8 % bei Soft-News aufrecht.

Der im Vorjahr gestartete Sender Puls 4 konnte 10 % Informationsanteil zu Sach- und Lebensweltpublizistik sowie Servicethemen aufweisen, bei politischen Themen lag der Anteil bei 3 %. Die Informationsunterhaltung lag bei 12 %. Puls 4 biete "eine große Binnenvielfalt, ist allerdings sehr unterhaltungsinformationslastig", erklärte Woelke. Beide Privatsender sollten den Focus stärker auf Politikberichterstattung und wirtschaftliche Themen legen, dadurch könnten sie ihre Relevanz für die öffentliche Kommunikation noch steigern.

Das will Ludwig Bauer, Geschäftsführer von ATV, vor allem durch eine Steigerung des Nachrichtenanteils und neue Formate wie das Kulturmagazin "Highlights" erreichen: "Wir wollen die Nische besetzen, die von ORF 1 aufgegeben wurde", so Bauer.

Während die Chefs der Privatsender die Einseitigkeit von ORF 1 beklagen und einmal mehr die Legitimation der Gebührenfinanzierung für ORF 1 infrage stellen, hällt Klaus Unterberger, beim ORF für Public Value verantwortlich, dagegen, dass Unterhaltung Teil des öffentlich-rechtlichen Auftrags sei. ORF 1 und ORF 2 seien komplementär programmiert und müssten dementsprechend auch als ein Programm betrachtet werden. In den 86 % Unterhaltung seien außerdem das umfangreiche Kinderprogramm sowie zahlreiche eigenproduzierte österreichische Unterhaltungsformate wie etwa die Comedy-Schiene am Donnerstag enthalten.

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