Schärfere Bekämpfung von "Medienexzessen"

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Medienexzesse in der Berichterstattung über Natascha Kampusch und den Amstettner Inzest-Fall haben eine Medienrechts-Novelle ins Rollen gebracht. Ein nun (bis 25. September) in Begutachtung gegebener Entwurf versucht - unter deutlicher Kritik an Auswüchsen der Berichterstattung -, den Persönlichkeitsschutz zu verbessern.

Er sieht höhere Entschädigungszahlungen für die Medien, den erweiterten Schutz auch von Angehörigen und Zeugen sowie einen neuen Tatbestand gegen "Paparazzi" und "Happy-Slapping" vor. In den Erläuterungen des Gesetzesentwurfes geht das Justizministerium mit der jüngsten Entwicklung ins Gericht: "In letzter Zeit ist zu beobachten, dass die mediale Berichterstattung in Österreich verstärkt Persönlichkeitsrechte verletzt." Berichte über "Prominente" vor allem in Kriminalfällen "setzen sich zunehmend über die Regeln journalistischer Ethik mit einer Sorglosigkeit hinweg, die in Österreich bisher unüblich war und die an 'englische Zustände' gemahnt".

Dieser "Sittenverfall" sei in den Causen Kampusch und Josef F. besonders offensichtlich gewesen. "Besonders verwerflich" sei auch gewesen, dass Paparazzi im Inzest-Fall mit allen Mitteln versuchten, an Bilder der Opfer zu kommen. Aber auch in jüngster Zeit habe die "persönlichkeitsverletzende Berichterstattung" - trotz aller Diskussionen über den zunehmenden "Voyeurismus" - nicht abgenommen.

SPÖ und ÖVP haben schon in ihrem Regierungsprogramm Maßnahmen gegen diese Auswüchse der Berichterstattung vorgesehen. Diese Vorgaben werden nun - unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer Enquete im Juli 2008 - weitgehend umgesetzt. Die Novelle versucht einen "adäquaten Ausgleich" zwischen Medienfreiheit und Persönlichkeitsrechten.

Der Inhalt im Detail

- Die Entschädigungen für die Verletzung der Privatsphäre werden erhöht - auf einheitlich 100.000 Euro (statt je nach Tatbestand 20.000, 50.000 oder 100.000) - und eine Untergrenze von 100 Euro eingeführt. Bei besonders schwerwiegenden Auswirkungen und besonders schwerwiegendem Verstoß gegen die journalistische Sorgfaltspflicht können die 100.000 Euro auch überschritten werden. Denn die derzeitigen Beträge "liegen offensichtlich deutlich unter den durch unzulässige Veröffentlichungen erzielbaren Gewinnen, werden von finanzkräftigen Medienunternehmen in Kauf genommen und entfalten daher kaum abschreckende Wirkung".

- Den Opfern wird mehr Zeit zur Geltendmachung einer Entschädigung zugestanden, die Frist wird von sechs auf neun Monate verlängert.

- Der Personenkreis, dessen Identität vor der Veröffentlichung geschützt wird, wird erweitert - und zwar auf die Angehörigen von Opfern, Verdächtigen und Verurteilten sowie Zeugen in Strafverfahren. Besteht ein "überwiegendes Veröffentlichungsinteresse" (z.B. wegen der Stellung in der Öffentlichkeit), gibt es aber weiterhin keinen Anspruch auf Entschädigung.

- Die Durchsetzung von Entschädigungsansprüchen wird erleichtert: Die gesonderte Prüfung, ob schutzwürdige Interessen verletzt wurden, entfällt für Opfer einer Straftat. Für Verdächtige und Verurteilte gilt dieses Kriterium weiterhin - auch um "die gesellschaftspolitisch wichtige Kriminalberichterstattung nicht zu sehr einzuschränken".

- Ein neuer Tatbestand "Verletzung schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen durch Bildaufnahmen" (Par. 120a Strafgesetzbuch) mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bzw. Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen wird eingeführt. Er soll Übergriffen durch Paparazzi eine Grenze setzen und richtet sich auch gegen "Happy Slapping" (wenn - meist - Jugendliche Menschen misshandeln oder erniedrigen, dies aufzeichnen und die Aufnahmen verbreiten). Der "massive Eingriff in den persönlichen Lebensbereich" durch Bildaufnahmen wird strafbar - auch bei missbräuchlicher Verwendung von Bildmaterial aus nicht öffentlicher Verhandlung oder Beweisaufnahme bzw. Akteneinsicht.

- Bild- und Ton-Aufnahmen in Gerichtsgebäuden können künftig nicht mehr nur während, sondern auch rund um die Verhandlung und in den Pausen beschränkt bzw. untersagt werden.

Zwei Maßnahmen, über die diskutiert wurde, werden nicht umgesetzt: Die Prozessbegleitung auch in medienrechtlichen Verfahren wird "im Hinblick auf die Budgetlage noch nicht verwirklicht". Und erwogene "Schutzzonen" um Gerichts- oder sonstige Gebäude - aus denen Berichterstatter weggewiesen werden - sind nicht vorgesehen. Der Schutz in Gerichten scheine ausreichend, heißt es im Entwurf. Der auch zu bedenken gibt, dass eine solche Maßnahme "außer Verhältnis zu dem verfolgten Ziel sein (könnte), weil sie jegliche Berichterstattung unmöglich macht".

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