Neues Rezept: Basel II auf österreichisch

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Das 2010 in Kraft tretende neue Reglement aus dem Bankenabkommen "Basel II" soll einer österreichischen Lösung zugeführt werden. Finanzministerium, FMA, Nationalbank, und Wirtschaftskammer haben zusammen mit den Banken Strategien ausgetüftelt, die es erlauben sollen die konjunkturschädlichsten Auswirkungen von Basel II abzumildern ohne gegen die Vereinbarung zu verstoßen.

Mit diesen erarbeiteten Strategien könnten sich die Banken 4 bis 5 Mrd. Euro an Eigenkapital ersparen, die sie ansonsten zusätzlich aufbringen müssten, sagte Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl. Dies wiederum ermögliche theoretisch ein um 50 Mrd. Euro höheres Kreditvolumen und um 300 Mio. Euro niedrigere Kreditkosten.

"Wir können 'Basel II' nicht abschaffen, aber wir können Handlungsspielräume ausnutzen und das bestehende Regelwerk an die Realität anpassen", so FMA-Chef Helmut Ettl bei einer gemeinsamen Veranstaltung mit der Wirtschaftskammer.

Das Abkommen, das die Eigenkapitalerfordernisse für die Banken festlegt, wird - so fürchten Berufsverbände - die ohnedies angeschlagene Kreditvergabe an die Realwirtschaft weiter in Mitleidenschaft ziehen und die Zinsen in die Höhe treiben. Es würde den Effekt der aktuell beispiellos niedrigen Leitzinsen weitgehend zunichtemachen, ebenso wie den Effekt der staatlichen Kapitalspritzen. Wegen der Wirtschaftskrise erwarten Experten für 2009 blutrote Bilanzen, was nach den Regeln von "Basel II" die Kreditvergabe verteuert.

Zum einen müssen in Zukunft Ausfälle in den besten Bonitätskategorien unbedingt vermieden werden um die Einstufung (und damit die Kosten) der besten Kreditnehmer nicht zu beinträchtigen, sagte Ettl. Problemkandidaten sollten frühzeitig in schlechtere Ratingkategorien abgestuft bzw. rascher in eine Restrukturierungsphase gebracht werden. Besonders viel verspricht man sich aber davon, den dem Rating zugrunde gelegten Beobachtungszeitraum von 2 bis 3 auf 5 bis 6 Jahre zu verlängern.

"Wenn das gelingt, führt das zu einer Abflachung der Risikokurve über den Konjunkturzyklus", sagte Ettl, der den Banken empfahl, die Einstufung nicht nur einmal im Jahr, sondern öfter vorzunehmen. Die Verlängerung des Beobachtungszeitraumes könne das Problem lösen, dass in der heutigen Krisensituation zu viel Eigenkapital verlangt werde. Es gebe keinen Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Strategien, beteuerten Ettl und Leitl. Diese lägen innerhalb des zugebilligten Gestaltungsraums und seien "wasserdicht".

"Basel 2" auf die österreichische Art würde rund 40 Prozent der österreichischen jährlichen Inlandskredite betreffen, nämlich jenen Anteil der geratet ist (etwa 130 Mrd. Euro); die Strategien würden auch keine Verbilligung bringen, sondern eine Verteuerung (teilweise) verhindern, wurde eingeräumt. Nach einer Analyse der Nationalbank für das zweite Quartal 2009 werden die niedrigen Leitzinsen gerade bei den Unternehmenskrediten zwar weitgehend weitergegeben - das Volumen der Neukreditvergabe sinkt aber nach wie vor.

Der Wirtschaftskammerpräsident griff die drei großen US-amerikanischen Ratingagenturen (Moody's, S&P, Fitch) frontal an und versprach eventuelle Kläger in Musterprozessen zu unterstützen. Die Agenturen seien beispiellos "präpotent" uns hätten (nicht nur) in der österreichischen Wirtschaft enorme Schäden verursacht. Bedauernswerterweise seien europäische Alternativen zu den Ratingagenturen aber derzeit nicht absehbar, sagte er. In den kleineren Geschäftsfällen sei die Einstufung der Kreditnehmer aber ohnedies ein traditionelles Kerngeschäft der Banken.

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