Der Datenskandal im ÖBB-Konzern ist weitreichender als bisher bekannt. Wie das Nachrichtenmagazin "profil" in seiner neuen Ausgabe berichtet, wurden körperliche Gebrechen, Verletzungen und ärztliche Befunde im Konzern in großem Stil erfasst und auf Anweisung von oben in allen Bereichen des ÖBB-Konzerns zur Bewertung von Mitarbeitern herangezogen.
Die dubiosen bis ungesetzlichen Praktiken rissen unter der Ägide des im Juli abgelösten Personalchefs Franz Nigl ein. Sie reichen von Hausbesuchen durch Vorgesetzte über Krankenstandsrückkehrgespräche bis zu Formularen, in denen die Vorgesetzten eintragen mussten, woran ihre Mitarbeiter leiden.
In dem Zusammenhang berichtet das Magazin über einen besonders eklatanten Fall von Verletzung der ärztlichen Verschwiegenheitspflicht und des Datenschutzes. Zwei Mitarbeiter des Verschubs wurden nach einem Krankenstand zu einem Termin beim Betriebsarzt bestellt. Ihr Vorgesetzter bestand darauf, bei dem ärztlichen Gespräch dabei zu sein. In dem ausführlichen Magazinbericht unter dem Titel "Aus der Bahn" packen Betroffene und erstmals auch Betriebsräte aus.
Die ÖBB waren vorige Woche laut "profil" nach außen hin um Abkühlung bemüht. Ein Sprecher habe ausgerichtet, der Vorstand der ÖBB Holding AG, Peter Klugar, "hat sofort reagiert und unter der Leitung des neuen Personalchefs Emmerich Bachmayer eine Untersuchungskommission installiert. Als erster Schritt wurden mit sofortiger Wirkung alle Formulare durchforstet bzw. werden ab sofort alle Felder, die das Thema Diagnose betreffen, gestrichen."
Alle Verantwortlichen seien angewiesen worden, "dass etwaige Erhebungen von Diagnosen sowohl schriftlich als auch mündlich zu unterlassen sind", so der ÖBB-Sprecher. Was es nicht gebe, sei eine "zentrale Datenbank, die sämtliche Fälle archiviert. Die ÖBB haben sofort gehandelt und werden in den nächsten Tagen in sämtlichen Unternehmen des Konzerns dafür sorgen, dass alle diesbezüglichen Daten gelöscht werden, so vorhanden."