Erneuerbare bekommen die Finanzkrise zu spüren

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Die für das Erreichen der internationalen Klimaschutzziele wichtigen Investitionen in erneuerbare Energien sind durch die Finanzkrise weltweit ins Stocken geraten. Die dadurch entstandenen Finanzierungslücken müssten durch "staatliches Handeln" geschlossen werden, etwa durch Kapitalzuschüsse, Förderungen oder Formen von Kofinanzierungen, sagte der Energie- und Corporate-Finanz-Experte Bernhard Haider von PricewaterhouseCoopers (PwC) Österreich bei der Verbund-Tagung "energy2020" in Fuschl in Salzburg.

Im ersten Halbjahr 2009 sind die Investitionen in Renewables dem Experten zufolge global deutlich zurückgegangen. Fremdkapitalfinanzierungen solcher Projekte seien deutlich schwieriger geworden, am Markt habe es in den vergangenen Monaten kaum noch Syndizierungen und nur noch wenige langfristige Kredite gegeben - und dies bei Projektzyklen in diesem Sektor von 20 Jahren aufwärts.

Projektbetreiber müssten mit höheren Finanzierungskosten rechnen und die Rendite-Vorstellungen seien weitaus ambitionierter. Oft seien 15 Prozent die Untergrenze. Auch werde die Bonität von Projektanten strenger geprüft. Dieser für die CO2-Reduktion kontraproduktiven Entwicklung müsse durch staatliche Maßnahmen entgegengewirkt werden. Dazu zählten auch EIB-Darlehen und Exportkredite.

Österreich ist Wasserkraft

Das Erneuerbaren-Ziel von 20 Prozent bis zum Jahr 2020 in der EU bzw. von 34 Prozent in Österreich sei nur zu erreichen, wenn wieder die Renewables-Wachstumspfade von 2002 bis 2006 erreicht werde. In dieser Zeit hätten die Investitionen in Windkraft und Photovoltaik jährlich um 10 bzw. 30 Prozent zugelegt, sagte Haider.

Derzeit liegt die EU bei den Erneuerbaren bei 7 Prozent Anteil, Österreich bei über 23 Prozent. Für Österreich hält der PwC-Experte vor allem eine Förderung der erneuerbaren Wasserkraft für sinnvoll.

Um das 450-ppm-CO2-Szenario zur Stabilisierung des Temperaturanstiegs bei 2 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu erreichen, müsste der Anteil der Renewables weltweit zwischen 2005 und 2030 von 18 auf 40 Prozent steigen. Dafür wären mindestens 5,5 Bill. US-Dollar (3.749 Mrd. Euro) an Investitionen nötig, rechnete Haider vor.

Allerdings seien etwa 2008 weltweit nur 120 Mrd. Dollar in Erneuerbare gesteckt worden, davon etwa 50 Mrd. Dollar in Europa. Zuletzt seien etwas mehr als 20 Prozent der neuen Energiekapazitäten aus Renewables gekommen, großteils Wind- und Solarprojekte.

Die früheren durchschnittlichen langjährigen Steigerungsraten der Investments in erneuerbare Energien von knapp 3,5 Prozent seien zu wenig. Es müssten zumindest gut 2 Prozentpunkte mehr sein, sonst drohe bis zum Jahr 2030 eine weltweite Erzeugungs-Lücke im Bereich Renewables von 4.000 TWh Strom; dies entspreche etwa 3.800 Mal dem Kraftwerk Freudenau.

Damit in der EU die Lücke zwischen den derzeit 7 Prozent Erneuerbaren und dem 20-Prozent-Ziel bis 2020 schließen zu können seien, je nach technologischer Umsetzung, Investitionen zwischen knapp 2 und 22 Bill. Euro erforderlich, so der Experte.

Talsohle bereits Ende 2008

Mittlerweile könne die Branche wieder positiv in die Zukunft schauen, meint wiederum der internationale Marktbeobachter Frost & Sullivan (FS). Laut FS-Erhebungen hatte der Ökoenergie-Markt Ende 2008 die Talsohle erreicht. Nun gehe es wieder aufwärts, hat das Unternehmen im Sommer in einer Analyse geschrieben.

Der Weg zum Erfolg sei jedoch nicht ganz ohne Hindernisse. So werde eine Anpassung an die veränderten Bedingungen unabdingbar sein. Die Verknappung der finanziellen Ressourcen, ein hohes Zinsniveau und ein zutiefst erschüttertes Investorenvertrauen sind laut FS nur einige Auswirkungen der weltweiten Wirtschaftskrise. Für die Akteure am Markt für grüne Energien bedeute dies sinkende Erträge, einen zunehmenden Konkurrenzdruck und in manchen Sektoren sogar regelrechte Preiskriege.

Hoffnung auf eine positive Entwicklung 2009 würden die niedrigeren Preise für Rohmaterialien und technische Geräte machen. Zudem bewegen sich laut FS die Projektbewertungen wieder auf einem vernünftigen Niveau.

Treiber: Ölpreis und technische "Reife"

Es sei nicht davon auszugehen, dass sich die Situation so entwickelt wie in den 70er und 80er Jahren, als die Investitionen im Bereich grüne Energien infolge des drastischen Ölpreisverfalls erheblich zurückgingen: "Erstens halten wir es für unwahrscheinlich, dass die Ölpreise irgendwann in den nächsten Jahren wieder auf den Stand von 1990 fallen - ganz im Gegenteil: Infolge der zunehmenden Erschließungs- und Produktionskosten und der erhöhten Nachfrage aus den Schwellenländern ist sogar ein Preisanstieg denkbar", erläuterte Alina Bakhareva, Green Energy Research Manager bei Frost & Sullivan.

Zudem seien die Technologien reifer als noch vor 30 Jahren. Die Kosten für grüne Energie nähern sich zusehends jenen konventioneller an. "Nicht zuletzt sind die grünen Energien ein wichtiges Instrument zur Reduzierung der CO2-Emissionen, und viele Regierungen weltweit betonen immer wieder ihre Bereitschaft, diesen Markt auch in harten Zeiten wie jetzt zu unterstützen", argumentiert Bakhareva.

Erneuerbare als Jobmotor

Das Arbeitsplatzargument führt die Umweltorganisation Greenpeace an, um für weitere nachhaltige finanzielle Anstrengungen im Erneuerbaren-Sektor zu plädieren. Laut einer australischen Greenpeace-Studie würden nämlich Investitionen in Erneuerbare bei weitem mehr Arbeitsplätze schaffen als die weitere Finanzierung von Kohle-, Gas- oder Atomkraftwerken.

Durch zunehmende Rationalisierungen im Bergbau und in den Kraftwerken selbst werde die Kohleindustrie 2030 weltweit nur mehr knapp 1,4 Mio. Menschen beschäftigen, derzeit seien es noch 4,7 Mio. Die Erneuerbaren Energien kämen bis 2030 hingegen auf eine Beschäftigtenzahl von 6,9 Mio. In Österreich könnten die Erneuerbaren ebenso zu einem "Schwergewicht" am Arbeitsmarkt werden, wenn es "ein Ökostromgesetz gebe, das seinen Namen verdient".

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