Tourismusministerin Elisabeth Köstinger will trotz "extrem besorgniserregender Prognosen" zu Omikron die Wintersaison mit der 2G-Regel so gut es geht handhaben und die Betriebe offen halten
Der Branche, die nach mehr Planbarkeit ruft, sagt sie weiter Unterstützung zu, Unwägbarkeiten seien pandemiebedingt aber unausweichlich. Zur Frage, ob sie persönlich dem Koalitionspartner vertraut, sagte die ÖVP-Politikerin im APA-Interview, es gehe nicht um persönliche Befindlichkeiten.
Zur Kritik aus Hotellerie und Gastronomie, die Regierung agiere mit Regeln und Verordnungen zu kurzfristig und praxisfern sowie dem Ruf nach mehr Planbarkeit sagte Köstinger, dass sie den Unmut der Branche verstehe. "Es ist extrem schwierig, alle Auflagen zu erfüllen. Aber wir sind bedauerlicherweise in einer Pandemie, die in vielerlei Hinsicht genau so wenig planbar ist wie das Umsetzen von Maßnahmen."
Hilfen bis Ende März
Weder der Zeitpunkt von Wellen noch das Auftreten von Mutationen ließen sich planen. Daher brauche es manchmal sehr kurzfristige Maßnahmen. So sei die "Omikron-Wand vor einem Monat noch nicht absehbar und daher nicht planbar" gewesen. Das eingesetzte Expertengremium Gecko habe vor allem die Gesundheit der Menschen zentral vor Augen, auch bei der derzeitigen Sperrstunde von 22 Uhr. Trotzdem gelte es alles dafür zu tun, einen weiteren Lockdown zu vermeiden. Bei der Sperrstunde hofft Köstinger, "dass es sehr bald zu Lockerungen kommt". Die Buchungslage für den Februar sei "ganz gut".
Wirtschaftshilfen, die vorerst bis Ende März laufen, blieben im Bedarfsfall aufrecht. "Dieses aktuelle System bleibt auf jeden Fall bestehen und wird immer an die Lage angepasst." In Hotellerie und Gastronomie seien bisher 4,2 Mrd. Euro an 37.000 Unternehmen ausbezahlt worden, so Köstinger.
Unklarheiten bei Impfpflicht
Zur Impfpflicht, die ab 1. Februar geplant ist, gibt es auch noch Unklarheiten bezüglich ausländischer Saisonkräfte. "Wir wollen da eine gute, gangbare Lösung haben. Wir haben in den vergangenen Monaten gesehen, dass es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Ausland gibt, die oft mit Impfstoff geimpft sind, der in der EU von der EMA nicht zugelassen wurde." Für diese und alle weiteren Fragen zur Impfpflicht müsse es im konkreten Gesetzesvorschlag nach Sichtung aller Stellungnahmen Lösungen geben, die für die Betriebe und Mitarbeiter handhabbar seien.
"Impfpflicht ist wie Gurtpflicht, beide retten Leben", hielt Köstinger grundsätzlich fest. Beides sei wichtig für die Sicherheit und Impfen sei wichtig für die Planbarkeit für Betriebe. "Weder Entwurmungsmittel noch parteiinternes Trotzverhalten wird eine Pandemie beenden", sagte sie in Richtung FPÖ und deren Parteichef Herbert Kickl sowie SPÖ und deren burgenländischen Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil. Es gehe weder um Verschwörungstheorien noch parteiinterne Konflikte. Doskozil habe auch im Rahmen der Landeshauptleutekonferenz in Tirol vor Weihnachten "eine Unterschrift unter die Impfpflicht gesetzt", sagte Köstinger. "Warum er sich später um 180 Grad dreht, ist nicht nachvollziehbar."
Aber auch Köstinger selbst hat etwas unterschrieben, als ihr früherer Parteichef Ex-Kanzler Sebastian Kurz noch an der Macht war: Nämlich dass sie, wie alle anderen ÖVP-Regierungsmitglieder auch, zurücktreten werde, müsse Kurz gehen. Die Unterschrift habe sich auf einen möglichen Misstrauensantrag und einhergehenden Sturz von Kurz bezogen. Das sei damals auch richtig gewesen, so die Vertraute von Kurz. Da Kurz aber von selbst "einen Schritt zur Seite" gemacht habe, sei das nicht notwendig geworden.
Klima in der Koalition
Auf die Frage nach der Rolle der Grünen in der Bundesregierung und den Druck, den diese für einen Kurz-Rücktritt aufbauten, sagte Köstinger: "Ich glaube, persönliche Befindlichkeiten sollen in der Politik und vor allem in so einer heiklen Situation wie der Bewältigung einer Pandemie keine Rolle spielen. Die inhaltliche, sachliche Zusammenarbeit mit den Grünen funktioniert sehr gut", verwies sie etwa auf die Steuerreform.
Dass manch ÖVP-Landeshauptmann zuletzt gar nicht unglücklich klang, dass Kurz nicht mehr im Amt ist, kommentierte Köstinger so: "Politik ist ein ziemlich raues Geschäft. Manchmal ist es intern sogar rauer als von außen. Jeder ist auf seiner Ebene gefordert, das Beste für die Menschen in diesem Land und im Bereich, für den er zuständig ist, zu leisten. Dass die Volkspartei Sebastian Kurz eine unglaublich erfolgreiche Zeit verdankt, ist glaube ich komplett unbestritten." Gewonnene Wahlen sprächen für sich und für die "klare Politik", die Kurz verfolgt habe. "Jeder ist eingeladen zu zeigen, dass er an solche Wahlerfolge anschließen kann."
Intentionen, dies selbst zu tun erteilt Köstinger eine Absage. "Das war weder mein persönlicher Wunsch noch stand es jemals zur Debatte", sagte sie auf die Frage, warum nicht sie ÖVP-Chefin und damit Bundeskanzlerin geworden ist.
Aber auch Köstinger selbst galt, glaubte man manch Medienberichten, als Ablösekandidatin, nachdem Karl Nehammer neuer Bundeskanzler und interimistischer ÖVP-Chef wurde. Dieser habe sie gebeten, zu bleiben. Auch von Landeshauptleuten habe es dafür Unterstützung gegeben. "Die Diskussion hat rein medial stattgefunden. Parteiintern ist das aber nicht zur Diskussion gestanden."
Hat Köstinger selbst überlegt, sich im Zuge des Rückzugs von Kurz aus der Regierung zu verabschieden? "Meine Zuständigkeiten in Tourismus und Landwirtschaft sind aktuell in großen Herausforderungen. Ich lasse diese Branchen nicht im Stich. Ich habe mich sehr bewusst entschieden, dem Regierungsteam auch weiterhin anzugehören."