Zürcher Forscher haben herausgefunden, wie sich aus roten Blutkörperchen ausgetretenes Hämoglobin unschädlich machen lässt. Die Methode könnte Krankheiten wie Sichelzellenanämie oder schwere Malaria bekämpfen helfen und zur Entwicklung von künstlichem Blut führen.
Hämoglobin ist das Eiweiß, das dem Blut seine rote Farbe gibt. Es kommt in den roten Blutkörperchen vor und hilft dort, Sauerstoff im Körper zu transportieren. Bei Krankheiten wie schweren Formen der Malaria oder Sichelzellenanämie aber werden die Blutkörperchen zerstört und Hämoglobin gelangt in die Blutbahnen.
Dieses freie Hämoglobin ist schädlich für den Körper. Unter anderem verengen sich die Blutgefäße, was zu einem erhöhten Blutdruck und im Extremfall zu Schlaganfällen führen kann. Ein Forschungsteam um Dominik Schaer vom Universitätsspital Zürich und der Vetsuisse Fakultät der Universität Zürich fand nun erstmals einen Weg, um dieses frei zirkulierende Hämoglobin unschädlich zu machen.
Haptoglobin fängt Hämoglobin ein
Die Forscher nutzten dazu ein Eiweiß namens Haptoglobin, das natürlicherweise im Körper vorkommt. Im Fachmagazin "The Journal of Clinical Investigation" zeigten die Wissenschafter bei Hunden und Meerschweinchen, dass Haptoglobin Hämoglobin einfängt und dass ein erhöhter Haptoglobin-Pegel im Körper den Blutdruck auf normalem Niveau hält.
Der Haptoglobin-Anteil im Körper lässt sich auf zwei verschiedene Arten steigern, wie Schaer auf Anfrage sagte. Den Meerschweinchen spritzten die Forscher einfach das gereinigte Eiweiß. Die Hunde hingegen erhielten ein entzündungshemmendes Cortison. Dieses führte dazu, dass sich im Körper der Tiere mehr Haptoglobin bildete.
Die Methode könnte laut den Forschern künftig bei der Behandlung von Krankheiten helfen, bei denen Hämoglobin in die Blutgefäße gelangt. Ein Vorteil dabei sei, dass Haptoglobin in Japan bereits als Wirkstoff zugelassen sei - allerdings für andere Krankheiten, sagte Schaer.
Das verkürze den Weg der klinischen Erprobung: Beispielsweise ist bereits nachgewiesen, dass das Eiweiß keine übermäßigen Nebenwirkungen hat. Er rechne deshalb damit, dass Pharmafirmen innert kurzer Zeit mit klinischen Studien anfangen würden.
Einsatz bei schweren Unfällen
Den Forschern schwebt aber noch eine andere Anwendung ihrer Entdeckung vor. Schaer und seine Zürcher Kollegen arbeiteten für die Studie nämlich mit Wissenschaftlern der US-Behörde für Arzneimittelsicherheit FDA zusammen. Unter Aufsicht der FDA führten in den letzten Jahren amerikanische Firmen große klinische Studien mit künstlichem Blut durch.
Diese künstlichen Blutprodukte basieren auf rotem Hämoglobin als Sauerstoffträger. "Bei schweren Unfällen wäre eine Infusion mit einem künstlichen Sauerstoffträger oft schon auf der Unfallstelle sehr wünschenswert, weil dort noch kein Spenderblut zur Verfügung steht", sagte Schaer.
Die US-Studien mit Hämoglobin scheiterten jedoch derart kläglich, dass die FDA bisher kein einziges Produkt für eine Vermarktung zulassen konnte: Das Molekül entfaltete - wie bei schwerer Malaria oder Sichelzellenanämie - eine toxische Wirkung. Viele der in den Studien behandelten Patienten erlitten Herzinfarkte, Schlaganfälle oder starben gar.
Das lasse sich mit Hilfe von Haptoglobin vielleicht verhindern, hofft Schaer. Ein künstliches Blut aus Hämoglobin und Haptoglobin, so die Vision, könnte die Sauerstoffversorgung von Schwerverletzten sichern, ohne dass sich ihre Blutgefäße verengen.