Ignoriert, spät erkannt, langfristig zur Invalidität führend: Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist weltweit auf dem Vormarsch. Die Europäische Lungengesellschaften ERS (European Respiratory Society) und ELF (European Lung Foundation) wollen bei ihrem Kongress in Wien (12.-16.9.) mit rund 20.000 Teilnehmern ein Zeichen zur Früherkennung dieser potenziell tödlichen Erkrankung setzen.
Jeder Mensch soll die Funktion seiner Lunge kennen. Was ehemals die Infektionskrankheiten als die häufigsten und frühesten Todesursachen waren, sind heute chronische Erkrankungen. Ganz vorne dabei ist die COPD. 3 Mio. Menschen sterben pro Jahr weltweit daran. In Europa sind es jährlich zwischen 200.000 und 300.000 Opfer.
Und in Österreich sind von dem Leiden mehr als ein Viertel der Menschen über 40 betroffen. Die düsteren Zukunftsaussichten: Im Jahr 2020 wird diese Lungenerkrankung bereits weltweit die dritthäufigste Todesursache sein.
An der Größe des Problems gibt es keinen Zweifel. Der Salzburger Lungenspezialist Michael Studnicka: "Wir haben 1.300 Menschen über 40 Jahre nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und die Lungenfunktion gemessen. Bei mehr als einem Viertel dieser Menschen war die Lungenfunktion nicht in Ordnung. Sie sind zumindest leicht an COPD erkrankt. Vier von fünf Betroffenen hatten keine Ahnung von ihrer Erkrankung."
Die Europäischen Lungengesellschaften (ELF-European Lung Foundation und ERS- European Respiratory Society) engagieren sich seit Jahren, um die Bevölkerung vor den Gefahren der COPD zu warnen und darüber zu informieren.
"Die Lunge ist ein sehr gutmütiges Organ"
Husten und Auswurf sind zwar zumeist die ersten Zeichen für die COPD. Aber Raucher - zwischen 80 und 90 Prozent der Fälle der Erkrankung sind auf Zigarettenkonsum zurückzuführen - halten diese Anzeichen für "natürlich". Die Wiener Spezialistin Sylvia Hartl, ERS-Generalsekretär, Vizepräsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP): "Die Lunge ist ein sehr gutmütiges Organ. Ist sie gesund, dann spüren wir nichts von ihr." Erst sehr spät reagiert das Organ auf chronische Schädigungen mit Schleimbildung und Husten.
Die Konsequenz: Die Betroffenen gehen nicht zum Arzt, die COPD aber "arbeitet" langsam und unerbittlich. Sie zerstört durch eine chronische Entzündung und eine Verengung der Bronchien das Lungengewebe unwiderruflich. Dabei wäre die rechtzeitige Diagnose einfach. "Wir können die COPD schon früh erkennen, wenn wir die Lungenfunktion mit der sogenannten Spirometrie messen", betonte Studnicka. "Jeder Mensch sollte ab einen gewissen Alter - etwa ab 40 - nicht nur seinen Blutdruck und seine Cholesterinwerte kennen, sondern auch seinen Lungenfunktionswert."
Die Messung der Lungenfunktion ist unkompliziert, schmerzlos und dauert nur ein paar Minuten. Otto C. Burghuber, Präsident des Europäischen Lungenkongresses: "Mit der Spirometrie kann nicht nur die Diagnose einer COPD gestellt werden, sondern auch das Ausmaß der Erkrankung exakt angegeben werden." Seit Jahren wird von der ÖGP auch die Finanzierung von Spirometrie-Messungen beim Hausarzt durch alle österreichischen Krankenkassen gefordert.
Die Organisatoren des Europäischen Lungenkongresses und die österreichischen Pneumologen (ÖGP) laden deshalb in Wien zur Lungenfunktionsmessung in ein "Spirometrie-Zelt" vor der Oper (Herbert-von-Karajan-Platz) ein - am 11.9. (10 bis 19 Uhr), und am 12.9. (10 bis 20 Uhr).