Niedergelassene Ärzte billigen Pakt mit Hauptverband

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Die Bundeskurie Niedergelassene Ärzte hat am Donnerstag (25. Juni) im Rahmen des Ärztekammer-Tages in Goldegg die Vereinbarung mit dem Hauptverband zur Krankenkassen-Reform mit großer Mehrheit abgesegnet. Positiv hervorgehoben wurde der gemeinsame Wille der Vertragspartner, das Kassensystem in Österreich patientenorientiert weiterzuentwickeln. Der Hauptverband hatte die Vereinbarung bereits gebilligt, sie soll morgen an Gesundheitsminister Alois Stöger (S) übergeben werden.

Wie viel man mit dem Paket einsparen kann, wollte die Kammer nicht beurteilen. Nach Ansicht der Bundeskurie Niedergelassene Ärzte enthalte das Konsolidierungspaket ein "erhebliches Kostendämpfungspotenzial". Allerdings sei dieses noch nicht gemeinsam evaluiert, sodass die vonseiten des Hauptverbandes genannten Summen von 2,5 Milliarden zwischen 2010 und 2013 zur Zeit nicht nachvollzogen werden können.

Als Meilenstein sehen die niedergelassenen Ärzte die geplanten Ärzte GmbHs. Bekanntlich sollen neue Formen von Gruppenpraxen eine fachgleiche und fächerübergreifende Zusammenarbeit mehrerer Ärztinnen und Ärzte ermöglichen. Diese Einrichtungen würden ihre Leistungen zeitlich stark ausgeweitet etwa auch zu Tagesrandzeiten und an Wochenenden anbieten, versichert die Kammer in einer Aussendung. Nach übereinstimmender Ansicht der Delegierten sei dies auch ein Aspekt zur politisch geforderten nachhaltigen Entlastung überlaufener Spitalsambulanzen.

Als Durchbruch sieht die Bundeskurie Niedergelassene Ärzte die nun mit der Sozialversicherung abgestimmte Qualitätssicherung in der Medizin. Die Einbindung der Sozialversicherungen in die von der Ärztekammer geschaffenen Strukturen zu Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in den Ordinationen bedeute eine kontinuierliche Fortentwicklung zur Erhöhung der Patientensicherheit. Auch Institute und Ambulatorien sollen einbezogen werden.

Die im Medikamentenbereich vorgesehenen Maßnahmen führten zu einer Dämpfung der jährlichen Kostensteigerungen bei gleicher Qualität der Therapien, sind die Ärzte überzeugt. In der Stellenplanung soll künftig auf den sich ändernden Bedarf Bedacht genommen werden. Bei Nachbesetzungen von kassenärztlichen Stellen sei daher in Zukunft auch auf Veränderungen etwa der Bevölkerungsdichte, der Bevölkerungsstruktur oder der Verkehrsfrequenz zu achten.

Dorner sieht Kassenpaket mit Zufriedenheit

Ärztekammer-Präsident Walter Dorner zeigt sich über den Beschluss der niedergelassenen Mediziner erfreut, die heute das Kassen-Sanierungspaket mit der Sozialversicherung abgesegnet haben. Im Gespräch mit der APA betont er, mit dem Konzept sei sichergestellt, dass eine dynamische Weiterentwicklung im niedergelassenen Bereich möglich sei und so eine Zwei-Klassen-Medizin mit Fahrten von 100 Kilometern und mehr zu einem Spital abgewendet würden.

Dorner unterstricht, dass das Kompromiss-Papier "keine Zangengeburt" sei. Vielmehr habe man mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger auf partnerschaftlicher Ebene ein Zukunftskonzept ausgearbeitet. Das habe nicht mit Schmerzhaftigkeit oder Unterwerfung zu tun gehabt.

Dass auch die Ärzte Zugeständnisse gemacht haben, sieht der Kammer-Präsident mit dem Zug der Zeit begründet. Einsparungen seien nötig, um eine Weiterentwicklung der Qualitätssicherung zu ermöglichen.

Zugestimmt hat die Kammer etwa einer gewissen Lockerung der Kündigungsbestimmungen für Kassenärzte. Konkret wird es die soziale Härteklausel nicht mehr geben, die Ärzte auch bei bestimmten Verfehlungen vor dem Vertragsentzug bewahrt hat. Dies sei bei jenen Medizinern einsichtig, die dauernd aus der Reihe tanzten und ständig das System verletzten, meinte Dorner.

Auch dass es erstmals eine Altersklausel für Kassenärzte gibt - Pensionsalter plus fünf -, ist für Dorner keine Besonderheit in einem Land, wo ständig über Frühpensionierungen geredet werde. Ohnehin gebe es viele Ärzte, die mit 70 in den Ruhestand treten wollten.

Als besonders positiv hebt der Kammerpräsident hervor, dass es die Möglichkeit geben wird, künftig Gruppen-Praxen über GesmbHs zu organisieren. Bisher war das - für die Ärzte deutlich ungünstiger - nur über eine Offene Gesellschaft (früher OHG) möglich. Dorner geht folgerichtig davon aus, dass es graduell zu einem Anwachsen der Gruppenpraxen kommen wird.

Im Gegenzug könnte es passieren, dass einzelne Praxen verschwinden - jedoch nur dann, wenn dafür ein neu geschaffenes Ärzte-Zentrum den Bedarf deckt.

Zum Einsparungspotenzial wollte sich Dorner nicht äußern. Er sei da kein Experte, betonte der Kammer-Präsident, verwies aber darauf, dass die Experten davon ausgingen, dass die Einsparungen unter den vom Hauptverband bezifferten 2,5 Milliarden liegen dürften.

Apothekerkammer: Verhandlungen nach Florianiprinzip

Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger und die Österreichische Ärztekammer mögen stolz auf ihre in der Endphase befindlichen Verhandlungen über die Zukunft der Kassenmedizin sein, nicht direkt Beteiligte melden Skepsis an. "Es wäre gut, wenn Ärzteschaft und Hauptverband mit ihren Verhandlungen belegen, wie sie beitragen können", betonte der Präsident der Österreichischen Apothekerkammer, Heinrich Burggasser, am Donnerstag (25. Juni) bei einer Pressekonferenz in Wien.

Ärztekammerpräsident Walter Dorner hatte bei der Frage nach direkten Finanzleistungen für die maroden Krankenkassen gegenüber Medien auf Pharmaindustrie und Apotheker verwiesen. Burggasser: "Ich halte es nicht für gescheit, wenn zwei Verhandler nach dem Florianiprinzip festlegen wollen, was der Dritte beitragen soll. Wir zahlen seit drei Jahren schon einen hohen Beitrag für die Krankenkassen. Unsere Spannen sind im untersten Bereich." Dies hätten auch Studien belegt.

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