Als der US-Kaffeesieder Starbucks 2001 seinen ersten Shop in Wien eröffnete, wurden die Pläne hoch angelegt: innerhalb von fünf Jahren wollte die Kette 60 Shops in Österreich führen. Anno 2009 gibt es gerade einmal elf Starbucks-Ableger in Österreich, zwei Filialen mussten im Zuge der Wirtschaftskrise sogar wieder geschlossen werden. Außer McDonalds konnte kaum eine international erfolgreiche Gastro-Kette ihre angepeilten Ziele in Österreich verwirklichen. Etliche brauchten am heimischen Markt sogar mehrere Anläufe, um Fuß zu fassen.
Dennoch ist die Systemgastronomie in Österreich derzeit ein Aufsteiger unter den Verköstigern. Neben alteingesessenen Granden wie Wienerwald, Wein &Co, Trzesniewski oder Aida, haben sich dabei in den vergangenen Jahren nahezu unbemerkt die Selbstbedienungsrestaurants in Möbelhäusern oder Supermärkten zu veritablen Umsatzbringern entwickelt. "Bereits 24 Prozent des Gesamtumsatzes in der Systemgastronomie gehen auf das Konto der stillen Riesen", geht aus einer aktuellen Studie des Standortspezialisten RegioPlan hervor. Dazu scharren neue Ketten in den Startlöchern, die den Markt aufmischen sollen. Die RegioPlan-Analysten erwarten einen Verdrängungswettbewerb zum Nachteil traditioneller Wirte und Kaffeehäuser.
Eine Milliarde Umsatz
Rund eine Milliarde Euro setzten Gastroketten 2008 laut RegioPlan in Österreich um. Ungefähr so viel wie Schuh- oder Sportartikelhändler. Gemeinsam mit den herkömmlichen Gastronomen teilen sie sich einen Markt mit einem Ausgaben-Potenzial von 7 Mrd. Euro fürs Essen gehen in Privathaushalten. Dazu kommen noch Touristen und Geschäftsessen oder Firmenfeiern.
Noch immer entfällt der Löwenanteil in der Systemgastronomie mit 41 Prozent auf die Fastfood-Ketten. Platzhirsch McDonalds, jahrelang praktisch konkurrenzlos in Österreich, kommt mittlerweile auf 165 Standorte. Weit dahinter rangiert Burger King mit 32 Filialen. Der "Whopper"-Produzent hatte im Jahr 2000 einen neuen Anlauf gewagt, nach einem erfolglosen Versuch mit Spar als Lizenznehmer Anfang der 80er Jahre. Brötchenhersteller Trzesniewski ist mit 7 Verkaufsstellen die Nummer drei am Fastfoodmarkt.
Dieser Sektor dürfte übrigens bald einen altbekannten Zuwachs bekommen. Die US-Sandwich-Kette Subway möchte sich nach zwei gescheiterten Versuchen noch einmal in Österreich behaupten. Der Misserfolg internationaler Ketten hierzulande lag laut RegioPlan neben falschen Standortentscheidungen und fehlender Erfahrung auch an der Gewohnheits-Mentalität der Österreicher und der großen Zahl an traditionellen Alternativen: Weckerl gibt’s auch beim Bäcker ums Eck und für einen heißen, herzhaften Snack findet man in fast jeder Straße einen Würstlstand.
Restaurant-Konzepte gewinnen an Bedeutung
Abseits des Fastfood-Marktes haben in den vergangenen Jahren andere Lösungen deutlich an Bedeutung gewonnen: Dazu zählen die Restaurant-Konzepte, die 27 Prozent des Umsatzes (knapp über 300 Mio. Euro) in der Systemgastronomie erwirtschaften. Ein großer Teil des Segments wird von altgedienten Betrieben dominiert. Allen voran Schnitzelhaus (41 Standorte), Nordsee (37) und Landzeit (15), und die anderen bekannten Größen wie Rosenberger, Wienerwald, Mr. Lee, Wein & Co oder Akakiko.
Etliche neue Varianten entstehen seit einiger Zeit im urbanen Raum. Etwa die stark expansive deutsche Restaurantkette Vapiano, die 2006 erstmals den Schritt nach Österreich tat und heuer seinen zweiten Standort in der Bundeshauptstadt eröffnete. In den nächsten drei Jahren sollen jedes Jahr zwei weitere Restaurants in Österreich entstehen, ab 2010 will man auch in die Bundesländer. Weltweit plant die Vapiano-Gruppe heuer 30 neue Restaurants zu eröffnen.
In den Startlöchern scharren außerdem Unternehmen wie Supergood oder Campo’s. Sie könnten "die "Gastronomielandschaft in den kommenden Jahren noch kräftig verändern", heißt es bei RegioPlan.
Daneben haben sich "unauffällig aber bestimmt" die (Selbstbedienungs-)restaurants in Möbelhäusern und Verbrauchermärkten etabliert. Lutz ist mit 41 Restaurants der größte Essensanbieter im Möbelhandel, Merkur mit 65 im Lebensmittelhandel. Günstig und gutbesucht, sind sie laut RegioPlan zu wichtigen Umsatzmotoren für ihre Mutterkonzerne geworden.
Café-Ketten bringen neue Konsumtrends
Den geringsten Umsatzanteil an der Systemgastronomie machen mit rund 8 Prozent diverse Café-Konzepte aus. Obwohl die Expansionspläne im Café-Land Österreich nicht immer aufgegangen sind (siehe Starbucks), gehören Ketten mittlerweile fix zur Kaffeehauslandschaft. Sie haben neue Konsumtrends wie "Coffee-to-Go" eingeführt. Eine Gefährdung der traditionellen Kaffeehauskultur sieht man bei RegioPlan aber nicht. "Die neuen Konzepte sprechen eher die junge, urbane Bevölkerung an, die traditionellen Kaffeehäuser sind beim älteren Publikum und bei den Touristen sehr beliebt", heißt es in der Analyse.
Zu den größten drei Anbietern gehören immerhin auch zwei heimische Betriebe. Der Wiener Zuckerbäcker Aida kommt auf 28 Standorte hinter der burgenländischen Coffeeshop Company (33) und dem italienischen Segafredo (37). Auch in diesem Sektor sind interessante Neueinsteiger dabei, etwa der indische Anbieter Coffee Day, der seit 2005 in Wien am Markt ist.
Kleine Betriebe in Nebenlagen gefährdet
Die traditionsreichen gut positionierten Aushängeschilder unter den heimischen Kaffeehäusern - Landtmann, Demel, Sacher und Co - müssen sich kaum vor finanzkräftigen Ketten fürchten. Sehr wohl könnten aber "kleinere Betriebe in Nebenlagen und ohne Profil unter die Räder kommen", meinte RegioPlan-Pressesprecherin Rita Kremsner zur APA. An der Standortfrage seien nicht zuletzt auch internationale Ketten gescheitert, etwa ein auf junges Publikum spezialisierter Café-Betreiber, der sich Uninähe ansiedelte und daher in den vier Ferienmonaten auf seine wichtigste Kundschaft verzichten musste.
Ebenso müssten sich die traditionellen Betriebe den neuen Gegebenheiten anpassen, so Kremsner. Das bedeute zumindest laufende Investitionen, könne aber bis zum Standortwechsel gehen, meinte sie. Es gelte, sich die Maßnahmen früh genug zu überlegen. "Ist die Spirale einmal in der Abwärtsbewegung kommt ein Betrieb schwer wieder heraus." Wie im Einzelhandel komme es auch in der Gastronomie zu einem Prozess der Zentralisierung und der Filialisierung. Handelszonen werden weniger und bedeutender. Für kleine Wirte und Kaffeehäuser werde es hier immer schwieriger, mitzuhalten. Überlegenswert könnte es für selbstständige Gastronomen auch sein, auf Franchising umzusteigen. Erfahrene Leute seien in der Systemgastronomie heiß begehrt.
Von Edith Lackner/APA