Streiks in Athen

Randale: Griechen machen Ärger Luft

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Bahn und Fähren werden bestreikt, zudem behandeln Ärzte nur Notfälle.

Mehrere tausend Griechen haben sich am Samstag in der Innenstadt von Athen versammelt, um gegen das Sparprogramm ihrer Regierung zu protestieren. Zu der Demonstration hatten die Gewerkschaften aufgerufen. Ministerpräsident Giorgos Papandreou hatte seine Landsleute am Freitag auf neuerliche Einschnitte eingestimmt und erklärt, es gehe darum, Griechenland vor dem Bankrott zu bewahren. Die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) verhandeln derzeit mit der griechischen Regierung über Beistandskredite. Die Verhandlungen sollen bis Sonntag abgeschlossen sein.

Der Präsident der Staatsbediensteten-Gewerkschaft (ADEDY), Spyros Papaspyros, rief die Beamten zum "Kampf" auf, um ihre Rechte zu schützen. "Die Rechnung müssen diejenigen zahlen, die für die Defizite verantwortlich sind", meinte der Gewerkschaftler im Fernsehen. An den Demonstrationen nahmen nach Ansicht von Beobachtern trotz des Maifeiertages weniger Menschen teil als von den Gewerkschaften erhofft.

Ausschreitungen
In Athen ist es wie befürchtet zu vereinzelten Krawallen gekommen. Nach einer zunächst friedlich verlaufenen Demonstration von etwa 10.000 Menschen gegen das Sparprogramm der Regierung griffen Autonome die Polizei mit Steinen und Brandflaschen an. Vor allem rund um den zentralen Syntagmaplatz und um das Parlamentsgebäude kam es zu Zwischenfällen. Hier attackierten die Autonomen auch Fernsehteams und zündeten den Übertragungswagen des griechischen Fernsehens (ERT) an. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die Randalierer auseinanderzutreiben und die Journalisten zu schützen. Viele Menschen flüchteten wegen des Tränengases aus dem Zentrum. Die Lage beruhigte sich am frühen Nachmittag.

Gleichzeitig fanden auch Streiks gegen die geplanten Sparmaßnahmen statt. Am Samstag wurden die Bahn und die Fähren bestreikt. Zudem behandelten die Ärzte in staatlichen Krankenhäuser nur Notfälle. Die Gewerkschaften wollen dann am 5. Mai das Land mit weitreichenden Streiks lahmlegen. Vom Montag an wollen die Lehrer jeden Tag vier Stunden streiken. Industrielle und Händler sind besorgt, dass diese Maßnahmen den Markt abwürgen und zu einer dramatischen Depression führen könnten.

Das massive Sparprogramm der Regierung soll spätestens am morgigen Sonntag bekanntgegeben werden. Seine Grundrisse: Die Gehälter im staatlichen Sektor sollen eingefroren werden. Das 13. und 14. Monatsgehalt sollen komplett wegfallen. Das durchschnittliche Pensionsalter soll von 61,3 auf 63,4 Jahre steigen. Die Mehrwertsteuer soll von 21 auf möglicherweise 23 oder sogar 25 Prozent klettern. Auch die Steuern auf Tabak, Spirituosen und Kraftstoff sollen steigen.

Einigung am Sonntag
Die Einigung über milliardenschwere Finanzhilfen für Griechenland soll nach Angaben aus griechischen Regierungskreisen am Sonntag bei einem Kabinettstreffen in Athen verkündet werden. "Das Abkommen ist noch nicht unterzeichnet, aber es wird bis Sonntag abgeschlossen", hieß es am Samstag in der griechischen Hauptstadt. Das Kabinett werde wahrscheinlich am Sonntagvormittag zusammentreten. Details werde der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou anschließend bei einer Pressekonferenz bekanntgeben.

Die Griechen müssen in den kommenden drei Jahren eine Herkules-Aufgabe stemmen. Insgesamt muss das elf Millionen Menschen zählende Land 24 Milliarden Euro sparen. Das sieht die Einigung mit dem IWF und der EU nach bisherigen Informationen vor. Nur so kann Athen auf die Kredithilfen des IWF und der Euro-Länder in Höhe von voraussichtlich rund 120 Milliarden Euro über drei Jahre hoffen.

Der IWF rechnet einem Bericht des "Spiegel" zufolge damit, zehn Jahre lang in Griechenland engagiert bleiben zu müssen. Die Organisation rechne damit, dass die begonnenen Wirtschaftsreformen erst dann abgeschlossen seien und Früchte trügen, berichtete das deutsche Nachrichtenmagazin am Samstag im Voraus. Der IWF verhandelt seit über zehn Tagen gemeinsam mit der Europäischen Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB) über Sparprogramme der griechischen Regierung. Diese sind Grundlage für die geplanten Notkredite an Griechenland.

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