Steiler Aufstieg und tiefer Fall von Lehman

Teilen

Der 15. September 2008 hat die Finanzwelt auf den Kopf gestellt: An diesem Tag meldete die US-Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz an. Aus der Pleite entwickelte sich die schwerste Wirtschaftskrise seit 1945. Österreichische Banken, Versicherungen und Anleger waren von der Insolvenz zum Teil massiv betroffen. Klagen gegen Lehman sind weltweit anhängig.

Die Geschichte der Investmentbank Lehman Brothers, die zu einem der Branchengiganten aufstieg und von der Subprime-Krise in die Knie gezwungen wurde, begann tief im 19. Jahrhundert in dem kleinen Ort Rimpar bei Würzburg. Angesichts ihrer jüdischen Herkunft hatte es die Familie im Geschäftsleben schwer - und so suchte Heinrich Lehman mit 23 Jahren sein Glück in Amerika.

Schon in den 1950er Jahren des 19. Jahrhunderts stiegen die Brüder in den Rohstoffhandel ein, indem sie Baumwolle als Zahlungsmittel in ihrem Laden annahmen und das Naturprodukt gegen Bargeld oder Ware weiterverkauften. Daraus entstand eine Warenvermittlung für Baumwolle. 1858 eröffneten Lehman Brothers ein Büro in New York.

Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg verlegten Lehman Brothers ihren Sitz nach New York. 1889 ging das Bankhaus an die Börse. Im 20. Jahrhundert weitete Lehman sein Geschäft global aus. 1977 fusionierte das Geldhaus mit Kuhn, Loeb & Co.

Nach einer tiefen Krise in den 1980ern gelang unter dem Chef Richard Fuld ein rasanter Aufstieg zu einem der weltgrößten Investment-Häuser. Vorübergehend verlor Lehman seine Selbstständigkeit, als die Bank 1984 von American Express übernommen wurde. Doch 1994 erstand Lehman Brothers von neuem als eigenständiges Unternehmen. Investmentbanking und festverzinsliche Wertpapiere waren die Schwerpunkte des Geschäfts.

9/11 als schwerer Schlag für Lehman Bros

Ein schwerer Schlag war die Zerstörung des neben dem World Trade Center gelegenen Hauptsitzes von Lehman Brothers am 11. September 2001. Doch während die Bank die Arbeit nach dem dem Terroranschlag fast nahtlos fortsetzte und schon 2002 ein Ausweichquartier fand, geriet sie im Sommer 2007 massiv in die Finanzmarktturbulenzen. Lehman schloss seine Subprime-Abteilung und entließ 1.200 Mitarbeiter.

Nach gescheiterten Gesprächen über eine Beteiligung der staatlichen Korea Development Bank stürzte die Lehman-Aktie auf einen Bruchteil ihres früheren Wertes. Lehman hatte wegen fauler Immobilienkredite milliardenschwere Verluste angehäuft. Alleine im dritten Geschäftsquartal 2008 meldete das traditionsreiche Geldhaus einen Verlust von 3,9 Mrd. Dollar. Für Lehman gab es keine Möglichkeit mehr nötige Finanzmittel aufzutreiben.

Die Geschäftspartner bzw. der Kapitalmarkt konnten oder wollten notwendige Finanzierungen nicht mehr bereitstellen. Die US-Regierung verweigerte die Rettung von Lehman Brothers. An der Spitze der "Treasury" stand damals der ehemalige CEO des schärfsten Lehman-Mitbewerbers Goldman Sachs, Henry Paulson. Seine Handlungen beziehungsweise Unterlassungen in Bezug auf die Lehman-Pleite haben in den USA zu heftigen Diskussionen geführt.

Am 15. September 2008 begab sich Lehman Brothers unter Gläubigerschutz nach "Chapter 11". Das Unternehmen wurde inzwischen zum großen Teil an das britische Institut Barclays und das japanische Brokerhaus Nomura verkauft. Viele Experten haben es als offensichtlichen Fehler bezeichnet, dass die US-Behörden den Konkurs der Investmentbank Lehman Brothers nicht verhindert haben.

Österreichs Banken massiv von der Pleite betroffen

In Österreich verloren Banken und Versicherungen wegen der Lehman Pleite kolportierte 600 Mio. Euro. Stark betroffen waren die RZB, die Volksbanken und die Vienna Insurance Group. Aufgrund der Pleite verloren auch zahlreiche Kleinanleger in Österreich ihre Ersparnisse. Derzeit sind weltweit, auch in Österreich, zahlreiche Klagen von geschädigten Anlegern in Lehman-Produkte gerichtsanhängig.

Für Geschädigte von Lehman Brothers läuft nach Angaben der deutschen Verbraucherzentralen eine erste Frist bis 22. September, um Forderungen anzumelden. Diese gelte jedoch nicht für Zertifikate, die von der niederländischen Tochter Lehman Brothers Treasury ausgegeben wurden. Käufer dieser Papiere hätten länger Zeit und müssten ihre Ansprüche bis 2. November in den USA anmelden.

Die Opfer der Lehman-Pleite müssen aber noch Jahre auf die Rückzahlung ihrer Einlagen warten. Der Insolvenzverwalter PricewaterhouseCoopers (PWC) geht davon aus, dass die Abwicklung der Lehman-Insolvenz noch mehrere Jahre dauert.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.