In der regierenden Demokratischen Partei (DS) des serbischen Präsidenten Boris Tadic schrillen die Alarmglocken. Gemäß jüngsten Meinungsumfragen hat die Partei ihre Führungsposition im Land neuerdings verloren. Die DS wurde demnach von der erst im Herbst gebildeten oppositionellen Serbischen Fortschrittlichen Partei (SNS) des früheren amtierenden Ultranationalistenchefs Tomislav Nikolic überholt.
Die SNS kann zur Zeit mit einer 35-prozentiger Unterstützung der Bürger Serbiens rechnen, die DS kommt nur auf 33 Prozent und damit den zweiten Rang. Nikolic, früher ein enger Mitarbeiter des Haager Angeklagten Vojislav Seselj, bekräftigte jüngst bei seinem ersten Besuch in Brüssel die Ausrichtung seiner Partei auf die EU-Eingliederung Serbiens.
Der SNS-Chef wusste in den vergangenen Monaten, seine Position des führenden Oppositionspolitikers auch durch anhaltende Kritik an der Regierungsarbeit bei der Bekämpfung der Wirtschaftskrise zu festigen. Auch wenn die DS und ihre Regierungspartner behaupten, vorgezogene Parlamentswahlen nicht zu planen, scheinen die Vorbereitungen darauf auf Hochtouren zu laufen. Experten erwarten, dass sich die Wirtschaftskrise in den kommenden Monaten weiter vertiefen dürfte. In Medien wird bereits ein "heißer Herbst" prognostiziert.
Niemand sei so verrückt, sich in der aktuellen Situation zu Wahlen zu entschließen und Serbien damit in Ungewissheit und Populismus zu stürzen, zitierte die Tageszeitung "Blic" am 20. Juli eine DS-Quelle. Tatsächlich dürften Zerwürfnisse in der Regierungskoalition, über welche neuerdings immer häufiger spekuliert wird, vorgezogene Parlamentswahlen aber unvermeidlich machen.
Wie "Blic" berichtete, hat Tadic mit den kleineren Bündnispartnern, der Sozialistischen Partei (SPS) von Innenminister Ivica Dacic und der Demokratischen Partei der Region Sandschak von Arbeitsminister Rasim Ljajic bereits eine grundlegende Einigung über ein gemeinsames Auftreten bei der nächsten Parlamentswahl und die Partnerschaft in einer künftigen Regierung erzielt. Der Expertenpartei G17-plus von Wirtschaftsminister Mladjan Dinkic sollte dem Blatt zufolge ein solches Angebot vorerst nicht gemacht werden. Der Grund dürfte derselben Quelle zufolge in den Spannungen liegen, die in der Regierungskoalition immer wieder gerade von Dinkic ausgehen.
Ein jüngstes Beispiel dafür soll das neue Mediengesetz sein, das drastische Strafen für Medien bei Verstößen gegen das Prinzip der Unschuldsvermutung vorsah. Von der Regierung wurde der Entwurf, der im Volksmund bereits in "Dinkic-Gesetz" umgetauft wurde, nach heftiger Kritik von Medienvertretern und Journalistenverbände erneut abgeändert. Der G17-plus-Chef war in den vergangenen Jahren besonders häufig zum Gegenstand falscher Informationen und Angriffe der Boulevardblätter geworden. Der Gesetzesentwurf wurde im Kulturministerium vorbereitet, das von einem Parteifreund Dinkic', Nebojsa Bradic, geleitet wird.
Wegen ausgebliebener Budgeteinnahmen bereitet die Regierung von Premier Mirko Cvetkovic (DS) aktuell eine weitere Budget-Korrektur vor. Das Minus im Budget soll sich gemäß der Tageszeitung "Politika" bereits auf 500 Mio. Euro belaufen, die Industrieproduktion liegt seit Jahresbeginn um 18,1 Prozent niedriger als in der Vergleichsperiode des Vorjahres, das Bruttoinlandsprodukt sank um 3,5 Prozent. Die Investitionen wurden seit dem Jahresbeginn halbiert. Die Prognosen sind keineswegs rosig.
Von Breda Ozim/APA