China und Taiwan schließen historisches Abkommen

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Der sogenannte ECFA-Vertrag sieht vor, Einfuhrzölle für zahlreiche Produkte aufzuheben.

Annäherung durch Handel: Die Volksrepublik China hat am Dienstag mit Taiwan ein als historisch eingestuftes Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit unterzeichnet. Der sogenannte ECFA-Vertrag sieht vor, Einfuhrzölle für zahlreiche Produkte aufzuheben. Zudem gibt er taiwanesischen Firmen mehr Zugang zum Festland-Markt, vor allem im Dienstleistungsbereich. Der Vertrag ist das Ergebnis der Annäherungspolitik des taiwanesischen Präsidenten Ma Ying-jeou.

Taiwan ist seit dem Ende des chinesischen Bürgerkrieges 1949 politisch vom Festland getrennt. Nach dem Sieg der Kommunisten hatte sich die chinesische Nationalregierung von Diktator Tschiang Kai-schek auf die Insel zurückgezogen. Die Nationalisten betrachteten sich weiter als legale Regierung der Republik China, während in Peking die Volksrepublik errichtet wurde. Bis 1971 hatte die nationalchinesische Regierung den UNO-Sitz Chinas inne. Die jetzige taiwanesische Regierung lehnt die staatsrechtliche Eigenständigkeit Taiwans ebenso ab wie eine Wiedervereinigung mit dem Festland unter den derzeitigen Bedingungen. Sie plädiert für einen "Friedensvertrag" mit Peking, der zu einer Entmilitarisierung der Meerenge zwischen Taiwan und dem Festland führen soll, und für intensive Wirtschaftsbeziehungen.

Chinas Nationaler Volkskongress hatte 2005 in Peking ein "Antisezessionsgesetz" verabschiedet, das den Einsatz militärischer Gewalt gegen die Insel für den Fall einer einseitigen Unabhängigkeitserklärung ermöglicht.

Präsident Ma Ying-jeou lobte das Abkommen als weiteren "Schritt in Richtung Frieden und Wohlstand". Zehntausende Taiwanesen hatten am vergangenen Samstag in Taipeh gegen den Handelspakt mit der Volksrepublik protestiert. Für Kritiker in Taipeh ist das Abkommen der erste Schritt von einem de facto unabhängigen Staat zu einer chinesischen Sonderverwaltungszone nach dem Vorbild Hongkongs oder Macaos entsprechend dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme". Diese Formel war bisher von der taiwanesischen Regierung als "Schwindel" abgelehnt worden. Taiwan hat das Modell mit Hinweis auf die fehlende Demokratie in dem von Peking gleichgeschalteten Sonderverwaltungsgebiet Hongkong kategorisch abgelehnt.

40 Prozent der Ausfuhren Taiwans gehen nach Festland-China, werden aber mit neun Prozent Zoll belegt. Konkurrenz droht vor allem aus Südostasien. Anfang des Jahres unterzeichnete Peking ein Freihandelsabkommen mit den Ländern der Südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN, wodurch Einfuhrzölle zum großen Teil entfallen. Auch der ECFA-Pakt entspricht einem Freihandelsabkommen, doch wurde es nicht so genannt, weil Peking Taiwan nicht als unabhängigen Staat ansieht. Ungeachtet aller bisherigen Spannungen verdienen Millionen Taiwanesen inzwischen ihr Geld in Festland-China als Angestellte taiwanesischer Firmen oder Unternehmer. Schätzungsweise 70 Milliarden US-Dollar haben taiwanesische Geschäftsleute auf dem Festland investiert.

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