EU-Gipfel will stabilen Euro trotz Griechenland

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Stabiler Euro trotz Finanzchaos in Griechenland: Dafür wollten sich die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Winter-Gipfel in Brüssel einsetzen. Ein Staatsbankrott in Athen droht nach Einschätzung mehrerer "Chefs" nicht. Sie wollten sich auch auf milliardenschwere Hilfen für arme Länder im Kampf gegen den Klimawandel verständigen - als starkes Signal für die UN-Klimakonferenz in Kopenhagen.

Der Gipfel versicherte Griechenland Unterstützung. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte am 10. Dezember zum Auftakt des zweitägigen Gipfeltreffens, sie erwarte, dass der EU-Gipfel auch über die Stabilität des Euro berät. In der Eurogruppe hätten sich alle Mitgliedsstaaten darauf geeinigt, wieder auf einen Ausstiegspfad von der Verschuldung hinzuarbeiten und die Stabilitätskriterien einhalten zu wollen, sagte sie. "Diejenigen, die größere Schwierigkeiten haben - mit denen werden wir darüber sprechen, wie wir den Euro stabil halten. Das ist ja unser aller Sorge, ich bin sicher, dass das so besprochen wird", sagte Merkel.

Die Krise in Griechenland ist nach Ansicht des Chefs der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, keine Gefahr für die Stabilität der gemeinsamen Währung. "Die Perspektive, die einige zeichnen, als stünde Griechenland kurz vor dem Staatsbankrott, entspricht überhaupt nicht meiner Beobachtung", sagte der luxemburgische Regierungschef. "Das wird nicht eintreten." Juncker sieht Griechenland in der Verantwortung.

EU-Gipfel zuversichtlich

Der EU-Gipfel hat sich in der Nacht zum 11. Dezember zuversichtlich gezeigt, dass Griechenland trotz der drastischen Staatsverschuldung seine Probleme meistern wird. Der schwedische Ministerpräsident und EU-Ratsvorsitzende Fredrik Reinfeldt erklärte nach dem ersten Gipfeltag, der griechische Regierungschef Giorgos Papandreou habe bei der Aussprache klar gemacht, dass es große Probleme mit seiner Volkswirtschaft gebe und dass er die notwendigen Maßnahmen ergreifen werde.

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso betonte, es sei "klar, dass Griechenland vor beträchtlichen finanziellen und wirtschaftlichen Herausforderungen steht". Papandreou habe unterstrichen, dass er "gesunde Finanzen erreichen" wolle. Die Kommission werde Griechenland "sehr genau im Auge behalten, aber nach der Diskussion mit Papandreou bin ich absolut zuversichtlich, dass Griechenland erfolgreich sein wird", sagte Barroso.

Regierungschef will Reformen

"Die neue griechische Regierung ist sich ihrer Verantwortung sehr wohl bewusst, die griechische Wirtschaft zu sanieren, den öffentlichen Sektor zu modernisieren, chronische Probleme wie Korruption und Vetternwirtschaft zu bekämpfen, und sicherzustellen, dass wir eine gesunde und tragfähige Wirtschaft haben mit einem reduzierten Budgetdefizit", sagte Papandreou in Brüssel. "Wir sind bereit, zu sehr wichtigen Veränderungen, um unser Land in eine neue Ära zu führen und unsere Wettbewerbsvorteile zu nutzen, die uns in eine gesunde grüne Wirtschaft bringen werden", erklärte der griechische Ministerpräsident. "Wir sind entschlossen. Ich glaube, wir haben einen starken Rückhalt in der Europäischen Union", fügte er hinzu.

Der EU-Ratsvorsitzende und Gipfelgastgeber Fredrik Reinfeldt sieht die Griechen in der Pflicht. "Es ist im Wesentlichen ein hausgemachtes Problem, das nationale Entscheidungen erfordert", sagte der schwedische Regierungschef. Die neue griechische Regierung werde eine Menge zu tun haben, um damit fertig zu werden. "Wir haben Regeln, wie man mit diesen Problemen umgeht." Er wollte nicht von einem "Bankrott" Griechenlands sprechen. Merkel warnte vor einer Überbewertung. "Andere Länder haben auch Probleme." Die EU-Länder hätten sich darauf verständigt, nach der Finanzkrise die Stabilitätskriterien wieder einzuhalten. Sie betonte aber die gemeinsame Verantwortung.

"Gemeinsame Finanzierungsinstrumente"

Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann (S) meinte am 10. Dezember vor Beginn des Europäischen Rats der 27 Staats- und Regierungschefs zum Thema Griechenland, "man müsste gemeinsam in der EU darüber reden, wie weit die Instrumente reichen, die wir haben". Er sei jedenfalls "sehr dafür, die Instrumente zu stärken". Es sei "so was wie ein Zusammenhalt nötig". Die Menschen in Europa würden "sehr genau sehen, ob man in kritischen Situationen auch gemeinsame Finanzierungsinstrumente zustande bringt".

Faymann erinnerte an die Probleme mit Banken in Osteuropa und Südosteuropa. "Ich bin sehr froh, dass wir da etwas getan haben", wobei Österreich auf Stabilität Wert gelegt habe. Bisher habe es die Europäische Zentralbank (EZB) und den Internationalen Währungsfonds (IWF) gegeben. Alle Maßnahmen müssten allerdings "immer im Zusammenhang mit der sozialen Ausgewogenheit erfolgen". Jedes Land könne ein Sparprogramm vorlegen, das rasch wirke. Aber es gehe auch darum, die Kaufkraft der Bevölkerung und die soziale Ausgewogenheit im Auge zu behalten, "Sparprogramme brauchen immer eine Balance".

OeNB-Gouverneur und EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny warnte davor, die Budgetprobleme Griechenlands überzubewerten. Die Eurozone stehe deswegen nicht vor einer Zerreißprobe. "Griechenland hat keine andere realistische Alternative, als die Defizite zurückzuführen", sagte Nowotny bei einem Pressegespräch in Wien.

Kreditwürdigkeit heruntergestuft

Griechenland ist von der Finanzkrise schwer getroffen und kürzlich von den Ratingagenturen in seiner Kreditwürdigkeit dramatisch heruntergestuft worden. Brenzlig wird es, wenn sich das Land an den Finanzmärkten keine neuen Kredite besorgen kann. Für Länder mit der Euro-Währung wie Griechenland gibt es keinen festgeschriebenen Hilfsmechanismus bei schweren Finanzproblemen.

Die politische Elite Griechenlands will bei einem großen Krisentreffen gemeinsam nach Wegen suchen, wie eine mögliche Staatspleite des hochverschuldeten Euro-Landes abgewendet werden kann. "Es ist national notwendig, dass dieses Treffen stattfindet und dass dabei auch Entscheidungen getroffen werden", sagte Staatspräsident Karolos Papoulias nach einem Gespräch mit dem griechischen Ministerpräsidenten Papandreou. Das Treffen wird nach Angaben der griechischen Staatspräsidentschaft am 15. Dezember stattfinden.

300 Milliarden Euro Schulden

Unterdessen bestätigte der griechische Staatssekretär im Finanzministerium, Filippos Sachinidis, dass Griechenland mehr als 300 Milliarden Euro Schulden drücken. "Das ist die größte Schuldsumme in der Geschichte unseres Landes", sagte er im Parlament.

"Ich habe den Staatspräsidenten über die kritische und schwierige Lage informiert, durch die unser Land und unsere Gesellschaft gehen", sagte Papandreou. Das Wirtschaftsproblem sei Folge weitverbreiteter Korruption und Vetternwirtschaft. Große Summen würden dabei verschwendet, hieß es. "Wir wollen die Reihen fest schließen für Transparenz, für ein richtiges Steuersystem und ein vernünftiges Funktionieren des Staates", sagte Papandreou. Nur so werde Griechenland der Welt die Nachricht schicken, dass "das Land entschlossen ist, richtig zu hauszuhalten".

Harte Sparmaßnahmen

Die Griechen machen sich angesichts einer drohenden Staatspleite auf noch nie dagewesene Sparmaßnahmen gefasst. In der gesamten griechischen Presse war am 11. Dezember die Rede von einem "Steuer- und Sparsturm" der auf das Land zukomme. Als mögliche Maßnahmen nennen Kreise des Athener Finanzministeriums die Einfrierung der Gehälter für mindestens drei Jahre, die Abschaffung von Überstunden im öffentlichen Bereich und die Versetzung überflüssiger Beamten in anderen Behörden. Für je 50 in Pension gehende Beamte sollen demnach nur noch 15 neue angestellt werden. Eine Sondersteuer soll künftig auf alle Immobilien erhoben werden, die mehr als 200 Quadratmeter groß sind. Zudem sollen die indirekten Steuern für Tabak, Spirituosen und Treibstoffe drastisch erhöht werden. Diese seien nur einige Maßnahmen, die sehr schmerzhaft sein würden, berichtete die Athener Zeitung "Apogevmatini".

Die politische Elite Griechenlands will bei einem großen Krisentreffen gemeinsam nach Wegen suchen, wie eine mögliche Staatspleite des hochverschuldeten Euro-Landes abgewendet werden kann. Papoulias bezeichnete das Gespräch als "national notwendig". "Danach wird der Steuersturm kommen", hieß es in einem Kommentar des griechischen Rundfunks.

Die griechische Neuverschuldung übersteigt mit 12,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts die erlaubte Obergrenze von drei Prozent bei Weitem. Am 8. Dezember hatte die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit Griechenlands auf BBB+ von A- herabgestuft. Bereits am 7. Dezember hatte die Ratingagentur S&P davor gewarnt, dass die Bonitätsnote A- akut gefährdet sei.

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