Tschechiens Präsident will eine Fußnote aus 2 Sätzen hinzufügen, um auf die europäische Menschenrechtscharta Bezug zu nehmen.
Das sagte der schwedische Ministerpräsident Reinfeldt nach einem Telefonat mit Klaus. "Soweit ich das verstanden habe", fügte Reinfeldt hinzu, wolle Klaus dann erreichen, dass der Rat der EU-Staats- und Regierungschefs zu dieser Fußnote einen Beschluss fasse. Auch Polen und Großbritannien hatten sich im Ratifizierungsverfahren von der Menschenrechtscharta distanziert.
Er habe dem tschechischen Präsidenten zu verstehen gegeben, dass dies die "falsche Botschaft" sei, erläuterte Reinfeldt. Der Ratifizierungsprozess des Lissabon-Vertrags sei sehr weit fortgeschritten. Es fehlen nur noch die Unterschriften des tschechischen Präsidenten und seines polnischen Kollegen Lech Kaczynski. Dessen Unterzeichnung wurde in Warschau offiziell für 10.10. angekündigt, nachdem sie zuvor am 11.10. erwartet worden war.
Vaclav Klaus als EU-Skeptiker
Klaus pflegte in den vergangenen Monaten sein Image als EU-Skeptiker. Selbst während der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft ließ er an seinem Amtssitz keine EU-Flagge an seinem Prager Amtssitz, dem Hradschin, hissen. Klaus verwies in seinem Gespräch mit Reinfeldt auch auf die laufende Prüfung des Reformvertrages von Lissabon durch den tschechischen VfGh. Das Urteil müsse abgewartet werden. Den Prüfantrag hatten EU-kritische Senatoren eingereicht.
Ohne die Unterschrift Klaus' kann die EU-weite Ratifizierung nicht ordnungsgemäß abgeschlossen werden. Das Verfassungsgericht in Brno will den Fall vorrangig behandeln und möglichst noch im Oktober eine erste öffentliche Sitzung dazu abhalten. Regierungschef Fischer geht von einer Ratifizierung noch 2009 aus. Beide tschechische Parlamentskammern haben dem Vertrag zugestimmt.
EU-weite diplomatische Offensive
Schwedische Beobachter vertraten die Ansicht, Klaus wolle mit diesem Vorgehen möglicherweise den Ratifizierungsprozess nach dem kürzlichen Ja der Iren bei einem 2. Referendum blockieren. Am 9.10. will der Präsident des EU-Parlamentes, Jerzy Buzek, nach Prag reisen, um mit Klaus zu sprechen. Dies wird als Teil einer EU-weiten diplomatischen Offensive zur endgültigen Ratifizierung des Vertragswerkes angesehen.
Die schwedische Europaministerin Cecilia Malmström kam am 8.10. nach Prag, wo sie den Senatsvorsitzenden Premysl Sobotka und Ministerpräsident Jan Fischer traf. Ziel der Reise sei, mehr über den tschechischen Zeitplan bei der Ratifizierung zu erfahren, sagte Malmström.
Frankreich gegen Änderungen
Frankreich lehnt Änderungen am EU-Reformvertrag von Lissabon für Klaus unterdessen ab. Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner betonte am 8.10.: "Er (der Vertrag) wurde vom tschechischen Parlament gebilligt und vom tschechischen Senat und zwar genau in der Form, die von allen akzeptiert wurde."
Klaus setzte zuvor bei der Ratifizierung des Reformvertrags von Lissabon weiter auf Verzögerungstaktik. In einem Telefonat mit dem amtierenden EU-Ratsvorsitzenden, Reinfeldt habe Klaus eine Ergänzung zum Lissabon-Vertrag in Form einer Fußnote bezüglich der Grundrechte-Charta im Vertrag gefordert, sagte Reinfeldt nach dem Gespräch. Schwedische Beobachter vertraten die Ansicht, Klaus wolle mit diesem Vorgehen möglicherweise versuchen, den Fortgang des Vertragsprozesses zu hemmen. Der Vertrag tritt erst in Kraft, wenn er von allen 27 EU-Mitgliedstaaten ratifiziert wurde.