Kroatien könnte EU-Gespräche 2010 abschließen

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Nach dem Kompromiss mit Slowenien kann Kroatien laut Europaabgeordneten Hannes Swoboda die EU-Beitrittsverhandlungen bis Mitte 2010 abschließen.

Swoboda, der vom Europaparlament wieder zum Kroatien-Berichterstatter gewählt wurde, sagte, der Vollbeitritt des Landes zur EU könne dann "frühestens 2012" erfolgen. Kroatien sei so weit fortgeschritten, dass es der EU beitreten werde, unabhängig davon, ob der Lissabon-Reformvertrag in Kraft tritt oder nicht, sagte Swoboda.

"Wirklicher Fortschritt" in Zagreb

Abgesehen von dem "Sonderfall Island" sei Kroatien das einzige Land unter den offiziellen und potenziellen Kandidatenländern, das in der gegenwärtigen, bis 2014 dauernden Gesetzgebungsperiode des Europaparlaments der Europäischen Union beitreten könne, sagte Swoboda. Vom diesjährigen Fortschrittsbericht der EU-Kommission, den Erweiterungskommissar Olli Rehn am 14.10. vorlegen will, erwartet der sozialdemokratische Fraktionsvize, dass Zagreb "ein wirklicher Fortschritt" bescheinigt wird.

"Man darf sich aber nicht der Illusion hingeben, dass mit der Deblockade Sloweniens alles gelöst ist", warnte Swoboda. So sei das Justizkapitel das wohl schwierigste in den laufenden Verhandlungen. Swoboda kritisierte, dass kroatische Unternehmen mit Hilfe der Justiz noch immer von Wettbewerb von außen geschützt würden. Entsprechende Beschwerden gebe es auch von österreichischen, in Kroatien tätigen Unternehmen. "Die Gesetze werden zum Teil willkürlich ausgelegt", kritisierte der Europaabgeordnete.

Probleme mit Schiffswerften

Nicht umgesetzt sei auch noch das von der EU-Kommission genehmigte Konzept zur Privatisierung der kroatischen Schiffswerften. Dies sei eine Folge der Wirtschaftskrise, sagte Swoboda. Als Berichterstatter wolle er der Ministerpräsidentin Jadranka Kosor und der Regierung noch im November einen Besuch abstatten. Offene Fragen im Grenzkonflikt mit Slowenien würden den Fortschritt bei den EU-Beitrittsverhandlungen nicht mehr gefährden, ist Swoboda überzeugt: "Die Stimmung in Slowenien ist so gut wie noch nie."

Mitte September legten die beiden Regierungschefs Borut Pahor und Kosor den Konflikt bei. Die kroatische Ministerpräsidentin Kosor gab gegenüber der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft eine Erklärung ab, wonach die umstrittenen Dokumente kein Präjudiz im Grenzstreit darstellen. Im Gegenzug zog Slowenien sein Veto zurück, Premier Pahor betonte aber, dass es noch vor dem Abschluss der Beitrittsverhandlungen auch eine inhaltliche Lösung des Grenzkonflikts geben müsse. Zu diesem Zweck wollen Ljubljana und Zagreb ein internationales Schiedsgremium einsetzen.

Grünes Licht aus Brüssel

Die EU-Botschafter in Brüssel hatten am 30.9. grünes Licht für die Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen mit Kroatien gegeben, nachdem Slowenien nach neun Monate langer Blockade elf Kapitel freigegeben hat. Damit kann die von der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft für Freitag in Brüssel einberufene Beitrittskonferenz mit Kroatien stattfinden, auf der sechs neue Kapitel offiziell eröffnet und fünf weitere Verhandlungsbereiche abgeschlossen werden sollen, verlautete aus Ratsvorsitzkreisen in Brüssel.

Kroatien kann somit sechs zusätzliche Bereiche (freier Kapitalverkehr, Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, Nahrungsmittelsicherheit, Steuerwesen, Regionalpolitik und Justiz) aufmachen. In den Bereichen Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Gesellschaftsrecht, Statistik, Transeuropäische Netze und Zollunion können die Verhandlungen vorläufig abgeschlossen werden. Mit der Beitrittskonferenz am 2.10. hat Kroatien 28 der 35 Verhandlungskapitel eröffnet, zwölf davon werden als abgeschlossen betrachtet. Zagreb hofft auf einen Abschluss der Beitrittsverhandlungen bis Mitte 2010.

Veto aus Slowenien wegen Grenzstreit

Slowenien hatte im vergangenen Dezember ein Veto gegen die Beitrittsgespräche mit Kroatien eingelegt, weil es die offiziellen Verhandlungsunterlagen des Nachbarlands beanstandete. Die Dokumente sollen den seit 1991 umstrittenen Grenzverlauf der beiden früheren jugoslawischen Teilrepubliken zugunsten Kroatiens präjudizieren.

Mitte September legten die beiden Regierungschefs Borut Pahor und Jadranka Kosor den Konflikt bei. Die kroatische Ministerpräsidentin Kosor gab gegenüber der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft eine Erklärung ab, wonach die umstrittenen Dokumente kein Präjudiz im Grenzstreit darstellen. Im Gegenzug zog Slowenien sein Veto zurück, Premier Pahor betonte aber, dass es noch vor dem Abschluss der Beitrittsverhandlungen auch eine inhaltliche Lösung des Grenzkonflikts geben müsse. Zu diesem Zweck wollen Ljubljana und Zagreb ein internationales Schiedsgremium einsetzen.

Ebenfalls am 30.9. stimmte der außenpolitische Ausschuss des slowenischen Parlaments dem Entwurf für das bilaterale slowenisch-kroatische Abkommen zu, das die Grundlage für das Schiedsverfahren im Grenzstreit bilden soll. Die Demokratische Partei (SDS) des konservativen Oppositionsführers und Ex-Premiers Janez Jansa meldete jedoch Widerstand an, weil es einen Verrat nationaler Interessen durch die linksgerichtete Regierung Pahor befürchtet. Kernpunkt des Streits ist die Grenzziehung in der Adria-Bucht von Piran und vor ihr, wo Slowenien einen eigenen territorialen Zugang zu internationalen Gewässern beansprucht.

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