Nationalistischer polnischer TV-Chef vor Ablösung

Teilen

Der Leiter des öffentlich-rechtlichen polnischen Fernsehens TVP Piotr Farfal hat sich offenbar mit seiner Ablösung abgefunden. Farfal berief eine Sitzung des neuen Aufsichtsrats ein, dem er bis jetzt die Legitimität abgesprochen hatte und der ihn vermutlich sogleich abberufen wird.

Seine Berufung auf den TVP-Chef-Posten im Jänner hatte im In- und Ausland heftige Kritik hervorgerufen, weil Farfal für seine nationalistischen Ansichten bekannt ist und noch vor wenigen Jahren in einer rechtsradikalen Zeitschrift publizierte. "Ich klebe nicht an meinem Stuhl", hatte Farfal schon vor wenigen Tagen erklärt. Nun berief er nach Informationen der Nachrichtenagentur PAP für 16. September die erste Sitzung des neuen Aufsichtsrats ein. Deren wichtigster Tagesordnungspunkt dürfte die Abberufung von Farfal aus seinem Amt sein. Der neue Aufsichtsrat war im Juli von nationalen Rundfunkrat KRRiT gewählt worden, weil die Amtszeit des alten Aufsichtsrats abgelaufen war. Farfal hatte massiv Einfluss auf die Berichterstattung bei TVP genommen und etwa im EU-Wahlkampf die Partei "Libertas" des irischen EU-Skeptikers Declan Ganley bevorzugt.

Die politische Auseinandersetzung um TVP wird mit seiner Abwahl aber kaum beendet sein. Der neue Aufsichtsrat wird von Vertrauten der Oppositionsparteien "Bündnis der demokratischen Linken" (SLD) und "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) dominiert - zwei politischen Kräften, die sich in den vergangenen Jahren stets bekämpften. Über die informelle Koalition der beiden Parteien im Rundfunkrat KRRiT gibt es indes keine offiziellen Aussagen.

Suche nach einem neuen TVP-Chef

Die Zeitschrift "Newsweek Polska" zitierte anonym einen SLD-Politiker mit der Aussage, dass sich der SLD-Parteichef Grzegorz Napieralski und sein Kollege bei der PiS, der Ex-Premier Jaroslaw Kaczynski, vor der Abstimmung im Rundfunkrat verständigt hätten. Nach Informationen von Newsweek sind die Parteien nun auf der Suche nach einem neuen TVP-Chef, der für beide akzeptabel ist.

Einig sind sich PiS und SLD auch darin, dass sie das neue Mediengesetz, das von der rechtsliberalen Regierungspartei "Bürgerplattform" (PO) durch das Parlament gebracht wurde, verhindern wollen. Das zu erwartende Veto von Präsident Lech Kaczynski gegen das Gesetz müsste im Parlament mit drei Fünfteln der Stimmen zurückgewiesen werden - dies können die beiden Oppositionsparteien PiS und SLD verhindern. "Sie wollen selbst die öffentlichen Medien kontrollieren", kommentierte dies der Kulturminister Bogdan Zdrojewski (PO) bei Radio TOK FM.

Das neue Mediengesetz würde in der Tat die Karten neu mischen und zu einer transparenteren Auswahl der TVP-Führung führen. Aber es gibt auch gewichtige Argumente gegen das Gesetz: Es würde die Rundfunkgebühr abschaffen, ohne den öffentlichen Medien eine äquivalente Finanzierung aus dem Budget zu garantieren.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.
OE24 Logo
Es gibt neue Nachrichten