Österreichs Industrie steckt tief in der Krise

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In der heimischen Industrie ist noch immer keine Erholung in Sicht. "Wir können aktuell keine Entwarnung geben, auch eine optimistische Einschätzung der Zukunft ist nicht möglich", sagte der Geschäftsführer der Bundessparte Industrie in der WKÖ, Manfred Engelmann.

Sowohl Auftragseingänge als auch die Produktion und das Exportgeschäft sind nach wie vor hoch zweistellig rückläufig; beim Personalabbau rechnet Engelmann sogar mit einer Verschärfung. Bis Jahresende dürften in der Industrie bis zu 10 % weniger Menschen arbeiten als vor einem Jahr. Insgesamt beschäftigt die Branche derzeit 405.000 Personen.

Erst vor wenigen Tagen meinte das Wifo, Österreichs Industrie komme rascher aus der Rezession als angenommen. Die jüngsten Zahlen der WKÖ zeigen ein anderes Bild: Von Jänner bis August 2009 gab es 5,4 % oder 23.000 Beschäftigte weniger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Das betraf allerdings nur das Eigenpersonal. Das Leihpersonal reduzierte sich um satte 42 % bzw. um 10.000 Personen.

30 % weniger Aufträge

Mit Blick auf die Auftragseingänge zeigt sich ein ähnlich düsteres Bild. Im 1. Halbjahr 2009 sind die um die Storni bereinigten Auftragseingänge um knapp 30 % auf 31,3 Mrd. Euro eingebrochen, im 3. Quartal setzte sich der Rückgang mit einem Minus von 25 % fort. Besonders hart hat es die Bereiche Bergwerke und Eisenerzeugung, Gießerei, NE-Metall, Fahrzeuge sowie Maschinen und Metallwaren getroffen. Im 4. Quartal sei nicht mit einer Verbesserung zu rechnen, einzig in der chemischen Industrie, Ledererzeugung und Holzindustrie werden steigende Auftragseingänge erwartet, erläuterte Engelmann.

Die österreichische Industrie ist stark exportorientiert, vor diesem Hintergrund fällt der Einbruch der Ausfuhren in den ersten neun Monaten besonders ins Gewicht. Von Jänner bis September verringerten sich die heimischen Warenlieferungen weltweit um 23,5 Prozent bzw. um 21,2 Mrd. Euro auf insgesamt 69 Mrd. Euro, das entsprach in etwa dem Niveau aus 2005.

In der EU-27 reduzierten sich die Exporte in den ersten drei Quartalen um 26,3 %, in den übrigen europäischen Ländern sogar um 31,2 %. Die Warenausfuhren nach Nordamerika gingen um 25,1 % zurück, jene nach Südamerika um 20,7 %. Nach Ländern brachtet war der einzige "Lichtblick" China mit einem Plus von 5,3 %. Besonders hoch war der Rückgang in Russland und Kanada (je -33 %).

Der Exporteinbruch ging vor allem zulasten der Warengruppen Maschinen und Fahrzeuge, die im Zeitraum Jänner bis September um 4,3 bzw. 3,9 Mrd. Euro schrumpften.

Negativtrend bleibt bestehen

Was die Industrieproduktion betrifft, sei weiterhin mit einer Fortsetzung des negativen Trends zu rechnen. Im ersten Halbjahr betrug das Minus 14,6 %, im 3. Quartal laut derzeitiger Prognose 20 %. Die stärksten Produktionseinbrüche verzeichneten die Branchen Fahrzeuge, Gießerei, NE-Metall, Bergwerke und Eisenerzeugung sowie Textil. Glimpflicher kamen die Bereiche Gas und Wärme, Bekleidung, Lederverarbeitung sowie Nahrungs- und Genussmittel davon.

Angesichts der angespannten Lage fordert Engelmann "Nachbesserungen" beim Unternehmenshaftungspaket des Bundes. "Wenn sich die Krise gelockert hat, wird es einen Bedarf an Überbrückungen geben", meinte der Spartenobmann. Anträge auf Überbrückungsfinanzierungen beim Austria Wirtschaftsservice (aws) würden eine sehr hohe Ablehnungsquote aufweisen.

Derzeit müssen die Betriebe 2006 und 2007 eine Eigenkapitalquote von mindestens 8 % aufweisen und eine Schuldentilgungsdauer von höchstens 15 Jahren. Manche Branchen, beispielsweise der Tourismus, haben aber massiv mit der Eigenkapitalquote zu kämpfen und bekommen dann keine Überbrückungskredite. Engelmann wünscht sich hier eine Aufweichung. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und aws-Chef Bernhard Sagmeister haben das vor einigen Monaten in Aussicht gestellt.

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