Schwere Koalitionskrise in Rumänien

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Ministerpräsident Emil Boc (PD-L) forderte auf einer Sitzung der Großen Koalition ultimativ den Rücktritt von Innenminister Dan Nica (PSD).

Der Regierungspartner wies dies zurück. Beobachter schlossen einen Bruch der Koalition nicht aus. Die PSD habe jedenfalls 24 Stunden, um einen neuen Innenminister zu nominieren, sagte Premier Boc, der auch Vorsitzender der Liberaldemokratischen Partei (PD-L) ist, laut Rompres. Boc habe seinerseits 24 Stunden, um sein Vorgehen zu überdenken, konterte PSD-Sprecher Bogdan Niculescu-Duvaz: Die Partei stehe hinter Nica. Der Innenminister selbst sprach von einem "Angriff, der Rumänien in eine nie dagewesene Krise führt, die sehr ernste Auswirkungen haben könnt".

Boc machte dem Innenminister die steigende Kriminalität zum Vorwurf. "Die Kriminalitätsrate ist binnen eines Jahres um 13 Prozent gestiegen, die Straßen sind unsicher geworden", sagte Boc laut dpa. Dabei sei im Regierungsprogramm festgelegt, dass die Sicherheit der Bürger zu erhöhen sei.

Diskussion um angeblichen Wahlbetrug

Nica habe zuvor ferner von einem angeblichen Wahlbetrug gesprochen, den der Koalitionspartner PD-L vorbereiten würde, ohne dafür Beweise zu bringen. "Das ist unverantwortlich." Premier Boc rief die Sozialdemokraten eine andere Person für das Amt des Ministers für Verwaltung und Inneres vorzuschlagen; dies stehe ihnen zu. Ansonsten müsse er interimistisch jemanden mit der Funktion betrauen.

Die PD-L unterstützt bei der Präsidentenwahl am 22.11. eine Wiederkandidatur des Amtsinhabers Traian Basescu, die Sozialdemokratische Partei (PSD) hat einen eigenen Kandidat. Dabei ist noch offen, ob sich Basescu überhaupt für ein zweites Mandat bewirbt. Laut Umfragen würden rund 30 % Basescu wieder wählen.

So wurde auch Basescu zur Zielscheibe im Streit um den Innenminister. Sollte sich Boc nicht einlenken, werde man auch den Präsidenten für die Krise verantwortlich machen, so Niculescu-Duvaz. Nica rückte Basescu und Boc sogar in die Nähe des Organisierten Verbrechens, das er als Minister zu bekämpfen habe. PSD-Vorsitzender und Präsidentschaftskandidat Mircea Geoana bezeichnete die Aktion des Premiers als einen unverantwortlichen Schachzug im Vorfeld der Präsidentenwahl.

Bruch der Koalition nicht ausgeschlossen

Die Sozialdemokraten wollten am Nachmittag über ihre Position entscheiden. Beobachter schlossen einen Bruch der Koalition nicht aus. Der Vize-Chef der Liberaldemokraten, Gheorghe Flutur, sagte nach einem Treffen der Parteiführung, man wolle an der Koalition mit der PSD festhalten. Premier Boc habe jedoch das Recht und die Pflicht Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten.

Die Große Koalition in Rumänien ist seit Ende des Vorjahres an der Macht. Nach Gabriel Oprea und Liviu Dragnea ist Nica schon der dritte Innenminister. Oprea verlor die Unterstützung der PSD, nachdem er ohne vorherige Konsultation Staatssekretäre ernannt hatte. Er trat im Jänner zurück und wurde aus der PSD ausgeschlossen. Dragnea warf im Februar nach zwölf Tagen im Amt das Handtuch: Er gab an das Budget seines Ressorts reiche nicht aus, um vorgegebene Ziele - die Dezentralisierung der Verwaltung und die Steigerung der Sicherheit der Bürger - zu verwirklichen. Nica ist zugleich auch Vize-Regierungschef.

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