Siemens Österreich ist es im Konzern-internen Wettbewerb gelungen, fünf Kompetenzzentren im Bereich Forschung und Entwicklung (F&E) nach Österreich zu holen, ein 6. könnte demnächst folgen.
Siemens-Österreich-Chefin Brigitte Ederer führt den Erfolg auf die indirekte und direkte Forschungsförderung durch die öffentliche Hand zurück. Siemens investiert inklusive Förderung 25 Mio. Euro pro Jahr in die neuen Kompetenzzentren, wo 220 Mitarbeiter im Bereich F&E arbeiten sollen, rund 80 Jobs davon seien neu.
Bei den neuen Kompetenzzentren handelt es sich um die Bereiche "Metros",
"Smart Grids", "Drahtlose Kommunikation", "Anwendungsspezifische
Chips" und "Komplexe Konfigurationen". Der Bereich "Metro"
wurde aus Deutschland nach Österreich verlagert.
Damit erfolgt nun
für jede Siemens-U-Bahn Engineering, Vertrieb und Produktion von Wien aus,
so Ederer, für die das "in Zeiten des immer stärker werdenden
öffentlichen Verkehrs eine riesige Chance ist". Bei "Smart
Grids" geht es um intelligente Stromnetze, bei der "Drahtlosen
Kommunikation" etwa um die Abstimmung zwischen fahrenden Autos im
Millisekunden-Bereich.
"Anwendungsspezifische Chips" kommen etwa in Computertomografen
zur Visualisierung von Daten zum Einsatz, bei "Komplexen Konfigurationen"
geht es um das Zusammenspiel zahlreicher Elemente, etwa in einem
Verschubbahnhof mit Hunderten Weichen und Signalen, erklärte die
Siemens-Chefin.
International erfolgreich war die auf
Prozessvisualisierungs- und Steuerungssysteme spezialisierte Siemens-Tocher
ETM im Burgenland, die etwa Leitstände für das Europäische
Kernforschungzentrum CERN oder die New Yorker U-Bahn gebaut hat. In den
nächsten Wochen soll die Entscheidung fallen, ob dieser Bereich ebenfalls
ein F&E-Kompetenzzentrum im Siemens-Konzern wird, sagte Ederer.
Kooperation zwischen Wirtschaft und Politik
Für Infrastrukturministerin Bures ist die Ansiedlung bzw. Aufwertung dieser
Bereiche ein "Beispiel für die erfolgreiche Kooperation zwischen
Wirtschaft und Politik". Es brauche intelligente Förderinstrumente, um
internationale Konzerne dazu zu bringen, ihre Headquarters nach Österreich
zu verlegen.
Beim Headquarter-Förderprogramm ihres Hauses betrage die
durchschnittliche Förderung 35 %. Mit jeder Mio. Euro, die in diesem Bereich
investiert werden, würden zwei weitere Mio. Euro von Unternehmen in
angewandte Forschung investiert. Im konkreten Fall von Siemens stimmt diese
Rechnung aber nicht, "wir haben weniger Förderung als im Verhältnis
eins zu zwei bekommen", sagte Ederer, ohne allerdings - unter Verweis
auf den Wettbewerb - konkrete Zahlen zu nennen.
Siemens Österreich hat im vergangenen Geschäftsjahr knapp 900 Mio. Euro in F&E investiert. Es sei gelungen, trotz der Krise dieses Niveau mit einem "geringen Minus" von sechs bis sieben Prozent gegenüber dem Jahr davor zu halten, "der Rückgang war nicht so stark wie ich befürchtet habe", sagte Ederer.
Siemens profitiert von Umwelt-Technologien
Siemens hat in der Wirtschaftskrise sein Geschäft mit umweltfreundlichen Technologien kräftig ausgebaut. Der Umsatz des Umweltportfolios sei im Geschäftsjahr 2008/2009 (Ende September) um 11 % auf 23 Mrd. Euro gestiegen, teilte Siemens in München mit. Der gesamte Konzernumsatz wird nach Angaben des Vorstands dagegen etwa stagnieren. "Unsere grünen Produkte und Lösungen tragen in der Wirtschaftskrise zu einer Stabilisierung unseres Geschäftes bei", sagte Vorstandsmitglied Barbara Kux. Etwa ein Drittel seines Geschäfts macht das Unternehmen jetzt mit solchen Technologien.
Vor allem Windkraftanlagen hätten sich blendend verkauft, aber auch sparsame Dampfturbinen, Züge und intelligente Stromnetze. Im Geschäft mit Windkraftanlagen konnte der Konzern jetzt einen ersten Auftrag aus Lateinamerika an Land ziehen. Er umfasst die Lieferung von 70 Windrädern im Wert von 270 Mio. US-Dollar nach Mexiko. Ab Ende 2010 sollen damit mehr als 200.000 Haushalte mit Strom versorgt werden. Siemens übernimmt auch die Wartung der Anlagen für 5 Jahre.
Neu im Umweltportfolio sind bestimmte Elektromotoren, Solar-Wechselrichter und ausgewählte Komponenten aus der Gebäudetechnik. Aus dem Grund hat das Unternehmen auch seine Vorjahreszahl angepasst.
Ursprünglich hatte Siemens für das Umweltportfolio im vergangenen Jahr 19 Mrd. Euro Umsatz eingeplant und wollte bis 2011 rund 25 Mrd. Euro erreichen. "Das Ziel ist angesichts des rapiden Wachstums sicherlich sehr konservativ", sagte ein Unternehmenssprecher. Zu einer möglichen Erhöhung wollte er sich mit Verweis auf die anstehende Vorlage der Jahresbilanz am 3.12. nicht äußern.
Siemens investiert kräftig in seine umweltfreundlichen Produkte. Vor allem das Solargeschäft hat der Konzern jüngst durch mehrere Zukäufe ausgebaut. Die "grünen Technologien" bieten neben guten Geschäftsmöglichkeiten auch Renommee. Siemens und Erzrivale General Electric streiten deshalb seit einiger Zeit darum, wer mehr Umweltprodukte absetzt. Unterschiedliche Definitionen erschweren aber direkte Vergleiche.