"Wollen kein Geld von Deutschen, Franzosen, Italienern"

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Der griechische Ministerpräsident Giorgios Papandreou hat neuerlich betont, dass sein Land trotz der Schuldenkrise keine finanzielle Hilfe beanspruche. Vor dem Sonderausschuss zur Finanzkrise im EU-Parlament sagte er: "Wir bitten nicht um Unterstützung, wir wollen andere nicht dazu heranziehen, unsere Probleme zu lösen. Wir wollen kein Geld von deutschen, französischen, italienischen oder anderen Steuerzahlern".

Aber wichtig sei eine "starke politisch Unterstützung", um die notwendigen Reformen durchführen zu können, wobei Papandreou betonte, dass "wir in die Lage versetzt werden sollten, Kredite zu einem ganz normalen Zinssatz so wie andere auch" in der Euro-Zone aufnehmen zu können.

Entschieden wandte sich Papandreou gegen Stimmen, die zuletzt auch einen Ausschluss Griechenlands aus der Euro-Zone in Erwägung gezogen haben. "Reine Sanktionen sind nicht unbedingt eine Lösung. Denn wenn man Sanktionen verhängt oder jemand sogar aus der Eurozone ausschließt, ist das ein Zeichen für ein Scheitern der Union. Was allfällige Hilfen betrifft, ist der IWF die letzte Möglichkeit.

"Ich hoffe, es wird nicht notwendig sein, sich dem IWF zu nähern", so der Athener Regierungschef. "Wir betteln nicht um Geld, wir haben uns mit dem IWF zusammengesetzt, aber ich würde eine europäische Lösung vorziehen, als Mitglied der Euro-Zone und als Europäer. Es wäre gut, wenn Europa der Welt demonstriert, dass Europa gemeinsam handeln könnte". Jedenfalls "werden wir nicht in Konkurs gehen", und man sollte nicht glauben, "dass wir vor dem Abgrund stehen".

Die Mehrheit der griechischen Bevölkerung unterstütze die eingeleiteten Sparmaßnahmen. "Wir haben alles Mögliche getan, wir müssen die Kredite aber noch immer zu sehr hohen Zinssätzen aufnehmen. Da können wir das Defizit nicht so rasch abbauen wie wir wollen".

Dazu kämen noch die "Spekulationen auf den internationalen Märkten", die beitragen, dass sich "einige außerhalb Europas an den Computer setzen und unsere Anstrengungen null und nichtig machen". Papandreou äußerte die "Hoffnung, dass Griechenland mit seinen Problemen zurecht kommen wird. Aber auch auf europäischer Ebene sollte es den Anlass geben, nachzudenken, welche Art von internationaler Finanzsituation wir brauchen. Was könnte ein Europäischer Währungsfonds machen, das muss diskutiert werden".

Jedenfalls "suchen wir hier nicht nach einem Sündenbock". Er wolle "nicht anderen die Schuld zuschieben" für die Situation in Griechenland. Allerdings hätten sich die Probleme durch Spekulationsbewegungen verstärkt.

"Unser Schicksal ist auch von denen bestimmt worden, den gleichen Kräften, sowohl im Bereich der SWAP-Märte als auch der Rating-Agenturen, die nicht erkannt haben, dass es tiefgreifende Mängel im internationalen Finanzsystem gegeben hat. Wir sind auch Mitopfer der Mängel im internationalen Finanzsystem geworden. Jetzt gibt es die paradoxe Situation, dass das Geld unserer Steuerzahler, das verwendet wurde, um die Banken zu retten, jetzt unser Defizit auch aufgebaut hat, und sie machen uns dafür verantwortlich und unsere Bürger müssen dafür aufkommen", beklagte Papandreou.

Griechisches Verteidigungsbudget am Prüfstand

Der griechische Ministerpräsident hofft auf eine Kürzung des "großen Verteidigungshaushalts" seines Landes, um zur Budgetsanierung beitragen zu können. Vor dem Sonderausschuss zur Finanzkrise im EU-Parlament sagte Papandreou, dies wäre möglich, wenn "wir im Rahmen des europäischen Friedensprojekts mit den Beziehungen zur Türkei vorankommen und den Verteidigungshaushalt kürzen können. Das würde das griechische Budget enorm stürzen", immerhin gingen bis zu 5 % nur für diesen Bereich drauf, "welches andere Land verfügt über einen solchen großen Verteidigungshaushalt".

Angesprochen auf Äußerungen seines Stellvertreters Theodoros Pangalos zu deutschen Reparationszahlungen winkte Papandreou ab. "Ich glaube, es ist nicht der geeignete Zeitpunkt, darüber jetzt zu reden, das würde nur zu Verwirrung führen und das Signal aussenden, dass wir nicht bereit sind, das zu tun, was wir im eigenen Land tun müssen, um Veränderungen einzuleiten", betonte der griechische Regierungschef.

Neuerlich forderte Papandreou klare Regulierungen der Finanzmärkte angesichts der weltweiten Spekulationen. "Wir sollten die Märkte nicht ersticken, aber regulieren". Natürlich könne man auch sagen, dass man "keine Ampeln mag, weil dann die Autos nicht mehr so schnell fahren können. Aber wir wollen ja auch Unfälle verhindern". Genauso müsse man im Finanzbereich vorgehen, um Spekulationen zu vermeiden.

Mehr Griechen ohne Job: Quote steigtl auf 10,3 %

Im schuldengeplagten Griechenland steigt die Zahl der Arbeitslosen. Die Quote kletterte im vierten Quartal 2009 auf 10,3 % von 9,3 % in den vorherigen drei Monaten, wie das nationale Statistikamt am Donnerstag auf Basis nicht saisonbereinigter Daten mitteilte. Ende 2008 lag die Arbeitslosigkeit noch knapp unter 8 %.

Auch Kirche muss zahlen

Die griechische Regierung macht angesichts ihrer Schuldenlast mit der Besteuerung von Vermögen ernst. Davon bleibt auch die allmächtige orthodoxe Kirche nicht ausgenommen. Ministerpräsident Giorgos Papandreou und Finanzminister Giorgos Papakonstantinou präsentierten am Donnerstag ein 200-Seiten-Steuergesetz. Papandreou nannte es das "Gesetz zur Wiederherstellung der Steuergerechtigkeit".

Wer Luxusautos, eine Yacht oder große Immobilien besitzt, wird sich danach nicht mehr mit der Behauptung herausreden können, er verdiene 10.000 Euro im Jahr, wie es in vielen Fällen vorkommt. Der Besitz werde künftig steuerlich berücksichtigt. Erstmals werde auch die Kirche besteuert, berichtete das staatliche Fernsehen. Vererbe ein Gläubiger seiner Gemeinde eine Immobilie müsse diese 20 % des Wertes an Steuern zahlen. Zehn Prozent würden dann auf Geldspenden erhoben.

Das neue Gesetz soll jetzt mit Gewerkschaften und Unternehmerverbänden debattiert werden. Bereits in zehn Tagen wird es dem Parlament zur Abstimmung vorgelegt. Die sozialistische Regierung will zudem in den kommenden Monaten ein neues Rentengesetz einbringen. So soll unter anderem das durchschnittliche Rentenalter von heute 61,3 auf mindestens 63 Jahre angehoben werden.

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