Coronavirus

Der Mut der Rendi-Wagner

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Isabelle Daniel versorgt Sie täglich mit unserem neuen Corona-Insider. Wie geht es weiter mit der Pandemie? Wie schlägt sich Österreich? Was plant die Politik? Alle Antworten im Corona-Insider, täglich neu.

Es ist wahrlich nicht leicht unpopuläre, Forderungen zu stellen – schon gar nicht für Politiker.

Genau diesen Mut zeigt aber SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Sie stellte sich bereits vor zwei Wochen gegen Lockerungen jenseits der Schule. Und sie stemmt sich auch jetzt massiv dagegen. Sie warnt – so wie übrigens so gut wie alle Experten – was Öffnungen mitten im Anstieg der Infektionszahlen für ein Risiko wären.

Im Hintergrund sieht das Wiens Bürgermeister Michael Ludwig übrigens ähnlich. Das liegt freilich auch daran, dass er eigene Prognostiker und Ärzte hat, die ihn in der Pandemie beraten. Als einziger Landeshauptmann auszuscheren und nicht mit den Wölfen zu heulen, ist natürlich nicht leicht.

Trotzdem könnte sich der Mut der Rendi-Wagner auszahlen. Menschen sind klüger als manche glauben.
Kanzler Sebastian Kurz war lange Zeit immer auf der Seite der „Vorsichtigen“. Es wird für ihn allerdings zunehmend schwieriger sich in den eigenen Reihen durchzusetzen.

Er wird es wohl heute noch einmal schaffen. Die Spitalszahlen zeigen schließlich bereits in welche Richtung es wieder geht. Zunächst steigen die Neuinfektionen, dann zeitverzögert die Hospitalisierungen und anschließend die Belegung in den Intensivstationen. In Niederösterreich, Salzburg und Kärnten ist der klare Anstieg bereits erkennbar. In Wien sieht man, dass die Spitäler alles andere als leer sind.

Vorarlberg gilt derzeit als Musterland. Tatsächlich ist es das einzige Bundesland, das klar unter einer Siebentages-Inzidenz von 100 ist. Das liegt auch daran, dass die B.1.1.7 Mutation, die im übrigen Land bereits dominant ist, dort noch weniger stark verbreitet ist.

Endlich ein Zonen-Modell zu versuchen, ist vernünftig. Allerdings muss es dann auch in Bezirken mit explodierendem Infektionsgeschehen auch endlich Verschärfungen geben.

Nur Zuckerbrot ist heikel

Also versuchen wir jetzt in Österreich ein halbes Zonen-Modell. Heißt: Wir lockern dort, wo die Inzidenz unter 100 liegt, verschärfen aber nicht da, wo sie bereits über 200 ist. „Ein bissi schwanger“ nennt sich das.

In der gestrigen Sitzung mit Kanzler, Experten, Opposition und Landeshauptleuten warnte Gesundheitsminister Rudolf Anschober – laut mehreren Teilnehmern – mehrmals, dass die Situation „brandgefährlich“ sei. Er sichert sich damit ab. Denn, sollte das Experiment schiefgehen, könne danach niemand mehr sagen, dass er ja früher für Verschärfungen gewesen sei.

Das Zonen-Modell, wie es Italien macht – regionale mobile Beschränkungen in Orten mit steigender Inzidenz –, wäre freilich klug. Aber let´s face it, das Gros der Länder hat das erneut verhindert. Bereits in den Arbeitsprotokollen der Ampel-Kommission von Donnerstag konnte man lesen, dass nur Wien und Oberösterreich für eine fixe Zahl – Inzidenz 200 – für Bezirke war.

Mut, das Unpopuläre zu sagen, heißt Leadership

Landeshauptleute wissen freilich, dass Verschärfungen unpopulär sind. Dass sich Bayerns Markus Söder das traut, sehen sie zwar, aber das Risiko will offenbar keiner eingehen. Sie fordern mitunter auch Öffnungen, weil sie „wissen, dass die Bundesregierung es nicht zulassen wird“, sagt ein Eingeweihter.

Eine, die sich eben traut, das Unpopuläre zu sagen, ist Pamela Rendi-Wagner. Das macht freilich auch Leadership aus. Und die Umfragewerte zeigen, dass sie auch politisch davon profitiert.

Sie ist auch gegen die Öffnung in Vorarlberg. Wie sie oe24.at sagt, sei „jetzt keine Zeit für Öffnungen“. In der Sitzung hat auch der Virologe und Sequenzierungsexperte Andreas Bergthaler davor gewarnt, dass Vorarlberg derzeit ein geringeres Infektionsgeschehen habe, weil die B.1.1.7-Mutation noch nicht die dominierende Variante in Vorarlberg sei. Aber sie werde sich auch dort ausweiten. Stand jetzt kann man das Experiment wagen. Ob das in zwei bis drei Wochen noch der Fall sein wird, wird sich weisen.

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