Am 1. März wolle man erneut beraten, sagte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Montagnachmittag, nach Beratungen mit Experten, Ländern und den Parlamentsparteien.
Wien. Die türkis-grüne Regierung verlängert den Lockdown für die Gastronomie, den Tourismus und den Kulturbereich bis "rund um Ostern". Ein konkretes Datum, wann die betroffenen Branchen aufsperren dürfen, gab es zunächst nicht. Am 1. März wolle man erneut beraten, sagte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Montagnachmittag, nach Beratungen mit Experten, Ländern und den Parlamentsparteien.
Kurz sagte, die Infektionslage sei nach Öffnung des gesamten Handels nach wie vor stabil. In Ostösterreich habe die britische Virus-Mutation zugenommen, in Tirol die südafrikanische. Es sei weiter große Vorsicht geboten und es gelte unverändert private Kontakte zu vermeiden. Erlaubt sind derzeit Treffen zweier Haushalte. "Wenn hier nicht alle vorsichtig sind, sind wir schnell wieder in einem exponentiellem Wachstum", warnte Kurz.
Der Kanzler äußerte aber auch die Hoffnung, dass aufgrund der vielen Tests es eine gute Chance gebe, das Infektionsgeschehen unter Kontrolle halten zu können. Diese Woche könnte die Zahl der Corona-Tests auf zwei Millionen steigen, so viel wie in keinem anderen Land. Kurz verwies darauf, dass es ab 1. März auch kostenlose Wohnzimmer-Schnelltests in Apotheken geben werde. Schon jetzt werde massiv in Betrieben, Schulen, Apotheken und Teststraßen getestet.
Regierung gab sich optimistisch
Die Regierung gab sich optimistisch, dass die kommende, wieder wärmere Jahreszeit kombiniert mit der steigenden Durchimpfungsrate die Lage verbessern wird. Eine Sieben-Tages-Inzidenz pro 100.000 Einwohner von 50 sei aber unrealistisch. Ziel sei es daher, die Infektionszahlen stabil zu halten. Sollten sie aber wieder schnell steigen, müsse man reagieren. Ob es wieder Schließungen geben könnte? - "Wir sind alle keine Hellseher", so Kurz.
Die Gasthäuser und Restaurants sind zur Eindämmung des Coronavirus seit 2. November 2020, also seit 15 Wochen, geschlossen, ebenso Hotels für Urlauber. Auch Kulturbetriebe und Freizeiteinrichtungen wie Theater und Kinos sind seither zu.
Uni Wien-Vizerektor Oswald Wagner deutete in seinen Ausführungen an, dass man mit einer Kombination aus FFP2-Masken und Freitesten bald auch im Kulturbereich Öffnungen ermöglichen könnte. Wenn zwei Menschen FFP2-Masken tragen sei das wie eine Impfung. Beide haben einen Schutz von über 95 Prozent. Gleichzeitig sinke die Ansteckungsrate um 40 Prozent, wenn ein Viertel der Bevölkerung getestet ist. Der sogenannte R-Wert liege dann nicht bei 1, sondern bei 0,6. Der Reiz, sich für den Friseurtermin testen zu lassen, werde bald erschöpft sei, insofern könne man mit Öffnungen etwa der Theater und Konzerte neue Anreize für das Testen setzen, so Wagner. Die Wirkung der Impfung bezeichnete er wörtlich als "phänomenal".
Auch Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zeigte sich optimistisch, dass bald Öffnungsschritte möglich sein werden. Das würden die nächsten zwei Wochen zeigen. "Ich bin heute optimistischer als ich es Anfang Jänner war", sagte auch der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP), der aktuell Vorsitzender der LH-Konferenz ist. "Die vorsichtigen Öffnungen sind auf fruchtbaren Boden gefallen. Zuversicht ist ins Land gekehrt, gleichzeitig müssen wir aber vorsichtig bleiben", so Schützenhöfer.
Anschober: "Situation ist stabil"
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) bezeichnete die Situation als stabil. "Das Ziel ist, bis Ostern durchzukommen ohne starken Anstieg. Das können wir schaffen", so Anschober. Bis Ostern soll eine Millionen Menschen geimpft sein und damit das Risiko schwerer Erkrankungen deutlich reduziert werden. Erfreulich sei vor allem, dass die Todesfälle seit Jahresbeginn drastisch reduziert wurden. Entsprechend seien auch die Krankheitsfälle in den Alters-und Pflegeheimen von einer Maximalzahl von 4.000 im Dezember auf 635 mit dem heutigen Tag gesunken.
Für die Gastronomie und den Tourismus handelte es sich um bittere Pillen, wie Branchenvertreter enttäuscht feststellten. Der Präsident der Wirtschaftskammer (WKÖ), Harald Mahrer, will sich ungeachtet der Ansagen der türkis-grünen Regierung für weitere Öffnungsschritte noch im März einsetzen.
Zermürbt bis frustriert zeigten sich Kulturvertreter, die beklagten, dass es für den Kulturbereich keinerlei realistische Perspektiven, sondern allenfalls Vertröstungen gebe. Auch die zuständige Staatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) sah zwar "keine gute Nachricht", aber immerhin Gewissheit bis Ostern gegeben. Öffnen durften am 8. Februar nur Museen, Archive und Bibliotheken, Theater, Konzert- und Opernhäuser und Kinos bleiben jedenfalls bis Ostern zu.
Rendi-Wagner: Lockdown-Ende letzte Woche zu früh
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hatte gleich nach dem Gespräch der Regierung mit der Opposition begrüßt, dass nicht weiter gelockert wird. Sie betonte ein weiteres Mal, dass das Lockdown-Ende letzte Woche eindeutig zu früh gekommen sei. Das zeige die unsichere Situation in Tirol, aber auch die gefährliche Entwicklung der Virus-Mutationen.
FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl empörte sich in einer Aussendung, dass die Regierung Gesellschaft und Wirtschaft "weiterhin in Geiselhaft" halte. Aus seiner Sicht sind die "Zwangsmaßnahmen" zur Eindämmung des Corona-Virus "nicht evidenzbasiert und unverhältnismäßig". Und jetzt male die Regierung "das Schreckgespenst der Mutationen an die Wand", um die massiven Einschränkungen fortsetzen zu können.
NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker will zumindest einen Fahrplan für die weitere Öffnung "spätestens in zwei Wochen". Dass die Regierung zwar ankündige, die Situation in zwei Wochen wieder evaluieren zu wollen, aber gleichzeitig kundtue, dass vor Ostern keine Öffnungsschritte möglich seien, werde nicht für Verständnis in der Bevölkerung sorgen, merkte er in einer Aussendung an.
Nicht als großer Freund des Lockdowns zeigte sich einmal mehr Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). Für ihn ist "klar, dass die Antwort auf steigende Infektionszahlen künftig ein mehr an Testen und weniger ein Herunterfahren des Landes sein sollte". "Lockdown in Dauerschleife" könne man sich nicht leisten, weder gesellschaftlich noch volkswirtschaftlich, betonte Stelzer in einer schriftlichen Stellungnahme.
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