Auf den eigenen Körper hören und bewusst, ganz ohne Druck und Verbote essen – wie dies gelingt, verrät die Diätologin.
Wir haben verlernt, wie „richtiges“ Essen geht, darin sind sich viele Expertinnen und Experten einig. Zu kalorienreich, zu häufige ungesunde Snacks und zu unausgewogene, nährstoffarme Hauptmahlzeiten – das sind nur ein paar wenige der Gründe, warum die moderne Ernährung häufig unvorteilhafte Nebenwirkungen nach sich zieht. Parallel dazu haben auch problematische Körperideale, Diäten und eine vielfach schwierig behaftete Einstellung zum Essen am Tisch Platz genommen. Besonders Frauen hadern mit den genannten Einflüssen und in Folge mit sich selbst.
Signale stoßen auf taube Ohren
Dass Kampfansagen an den eigenen Körper, regelmäßige Diäten und ein gespanntes Verhältnis zu bestimmten Nahrungsmittelgruppen (z. B. Fett, Zucker, Kohlenhydrate) auf Dauer keine gesunde Lösung sind, weiß die Diätologin Katharina Kühtreiber. Sie hilft Frauen dabei, sich vom ewigen Druck zu lösen und auf die eigenen Körpersignale von Hunger und Sättigung vertrauen zu können. Diese Signale gehen im heutigen Ernährungsalltag zusehends verloren. Wir essen, ohne Hunger zu verspüren, oder andersrum: Wir unterdrücken den Hunger. Wir essen über das Sättigungsgefühl hinaus oder wir erlauben uns nur zu kleine Portionen, die uns nicht satt machen. Wir greifen zu ungesunden, hochkalorischen Snacks, die wenig nährstofflichen Gehalt bieten, oder wir erlauben uns nur hochgesunde Nahrungsmittel, die für sich alleine wenig Essbefriedigung bringen. Wir müssen wieder lernen, intuitiv zu essen – ohne strikte Verbote, aber mit viel Bewusstsein und Ausgewogenheit.
Hunger versus Gusto
Ein häufiges Problem ist die fehlende Differenzierung von Gusto und Hunger: „Die Wahrnehmung von Hunger und Sättigung geschieht durch Interozeption, also die Wahrnehmung von innen. Hunger ist ein unspezifisches Verlangen nach etwas, Hauptsache ‚irgendwas‘“, weiß Katharina Kühtreiber. Gusto hingegen, sei „ein lustvolles, spezifisches Verlangen nach einem bestimmten Lebensmittel“, beispielsweise nach Keksen, Butterbrot, Chips oder Pizza. Es ist wichtig, diesen Unterschied zu kennen. Ständiges „Grasen“ (=Snacken) sei laut Kühtreiber übrigens oft ein Zeichen für Nährstoffhunger. Wer das gut kennt, sollte die Zusammenstellung der eigenen Mahlzeiten unter die Lupe nehmen. Liegt der genannte Nährstoffhunger vor, dann wurde zu wenig beziehungsweise zu nährstoffarm gegessen und der Körper fordert ein, was er braucht – oftmals in Form von Heißhungerattacken. „Und weil die Energielevel unten sind, greifen wir zu schnell verfügbarer Energie in Form von Kohlenhydraten oder Fett“, resümiert Kühtreiber. Die Diätologin empfiehlt, Regelmäßigkeit in den Essalltag zu bringen, sodass der Körper erkennt, dass er gut versorgt wird.
Intuitive Ernährung
Wer auf die Signale des Körpers hört, auf Balance statt Verbote setzt und ein breites Spektrum an Nährstoffen zuführt, lebt gesünder, genussvoller und isst intuitiv. „Je weniger wir uns bestimmte Lebensmittel oder ganze -gruppen verbieten, desto weniger interessant werden diese Lebensmittel“, rät Katharina Kühtreiber. So sinke auch die Wahrscheinlichkeit von Heißhungerattacken. Die Diätologin empfiehlt, jeden Tag, bei jeder Mahlzeit bewusst hinzuspüren und sich selbst zu fragen: „Bin ich hungrig? Was möchte ich essen? Wie schmeckt mir das? Wann bin ich satt?“ Auf diese Signale zu achten und unbedingt ohne Schuldgefühle zu essen ist essenziell. Regeln und Verbote von außen müssen ignoriert werden.
Vielfalt auf dem Teller
Verabschieden Sie sich vom Gut/Böse-Gedanken. „Ein Lebensmittel ist ein Lebensmittel“, sagt Kühtreiber. „Natürlich liefert jedes Lebensmittel unterschiedliche Nährstoffe, mehr oder weniger Energie, Vitamine, Mineralstoffe & Co. Manche tun dem Körper gut und manche tun eben der Seele gut.“ Anstatt bestimmte Speisen gänzlich zu streichen, sollte stattdessen etwas Nährstoffreicheres ergänzt werden, beispielsweise zum Schnitzel ein frischer Blattsalat oder eine Gemüsebeilage. Für mehr Nährstoffvielfalt sorgt das Prinzip „Eat the Rainbow“ (dt. „Iss den Regenbogen“): Die Mahlzeiten sollen so gestaltet sein, dass möglichst viele Farben vertreten sind. Wer bunt isst, isst ausgewogener.
Intuitiv essen lernen
10 Prinzipien:
(Quelle: „10 Prinzipien des intuitiven Essens“ nach Elyse Resch und Evelyn Tribole)
Häufige Fragen an die Diätologin:
Nehme ich beim intuitiven Essen ab?
Was kann ich essen, wenn ich Gusto auf Süßes habe? |
KATHARINA KÜHTREIBER ist studierte Diätologin mit Fokus auf intuitiver Ernährung, achtsames Essen, „Anti-Diät“-Bewegung und Frauengesundheit. Im Web:
femalefoodfreedom.at