Wiener Forscher fanden möglicherweise neuen Therapieansatz
Ein gestörtes Zellrecycling kann eine Rolle bei der Entstehung von Bauchspeicheldrüsenkrebs spielen. Das haben Forscher der Medizinischen Universität Wien und der University of California in San Diego herausgefunden. In der Behandlung dieser gestörten sogenannten Autophagie könnte ein neuer therapeutischer Absatz liegen, hieß es am Dienstag in einer Aussendung der MedUni.
Viele Faktoren führen zu Karzinom-Entwicklung
16 Prozent der gesunden Menschen und 60 Prozent von an Pankreatitis, also an Bauspeicheldrüsenentzündung, erkrankten Patienten weisen sogenannte Vorläuferläsionen in der Bauchspeicheldrüse auf. Daraus kann sich später mit einem Prozent Wahrscheinlichkeit ein Karzinom entwickeln. Auch genetische Faktoren, Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht, Diabetes und eine chronische Pankreatitis spielen eine Rolle. Wie all diese Faktoren miteinander zusammenhängen und welche Mechanismen dahinter stehen, war allerdings bisher unklar.
Ein Team um die Labormedizinerin Jelena Todoric vom Klinischen Institut für Labormedizin der MedUni und um den Molekularbiologen Michael Karin von der University of California hat im Rahmen einer Studie am Tiermodell und anhand von menschlichem Zellmaterial nachgewiesen, dass eine Störung der Autophagie der Zellen an der Entstehung des Karzinoms beteiligt ist. Die Autophagie ist jener notwendige Vorgang im Körper, bei dem Zellen eine Art Recycling betreiben und eigene Bestandteile abbauen und wiederverwerten, sowie schlechte Proteine und zelluläre Abfälle abstoßen. Eine solche Störung kann zum Beispiel durch Rauchen und Übergewicht verursacht werden.
Liegt sie vor, verschlechtert das genetisch verursachte Läsionen an den Bauchspeicheldrüsenzellen, deren Funktion die Produktion von Verdauungsenzymen ist, wie in der Aussendung erläutert wurde. Es kommt dann zu einer ungewöhnlichen Anhäufung des Proteins p62/SQSTM1, das typischerweise bei chronischer Pankreatitis und in den Vorläuferläsionen erhöht ist.
Läsionen begünstigen Krebs
Die Forscher haben herausgefunden, dass die Akkumulation von p62/SQSTM1 die Entstehung von frühen Vorläuferläsionen, den sogenannten azinär-duktalen Metaplasien begünstigt. In der Folge entsteht aus einer Kaskade molekularer Aktivitäten das Pankreaskarzinom. Dabei bewirkt zunächst das Protein p62 eine Verlagerung eines weiteren Proteins namens NRF2 in den Zellkern. Dieses wiederum stimuliert die Produktion vom Protein MDM2. Erhöhtes MDM2 wandelt Azinarzellen, die bestimmte krebsverursachende Genmutationen aufweisen, in stark wuchernde Duktzellen um. Daraus wächst schließlich der maligne Bauchspeicheldrüsentumor, das Duktale Adenokarzinom der Pankreas. Die Studie wurde im Fachjournal "Cancer Cell" publiziert.
Resultat könnte neuer Therapieansatz sein
"Das Resultat der Studie legt nahe, dass ein neuer therapeutischer Ansatz in der Behandlung der Autophagie liegen könnte, da die meisten genannten Risikofaktoren diesen Prozess stören. Die Entwicklung zielgerichteter MDM2-Medikamente könnte zukünftig die Entstehung des bösartigen Bauchspeicheldrüsenkrebses bei Menschen mit hohem Erkrankungsrisiko verhindern", erklärte die MedUni. Das Pankreaskarzinom ist eine der aggressivsten Krebsarten und bisher kaum therapierbar. Tückischerweise macht es anfangs kaum Beschwerden, sodass die Diagnose zumeist erst in einem fortgeschrittenen Stadium gestellt wird. In Österreich erkranken pro Jahr etwa 1.500 Menschen an einem Pankreaskarzinom, das rund vier Prozent aller bösartigen Krebserkrankungen ausmacht.