Der Leidensweg der Frauen ist oft lang: Diejenigen, die vergeblich versuchen schwanger zu werden, warten im Durchschnitt drei Jahre auf die Diagnose. Diejenigen, die unter heftigen Schmerzen im Unterleib leiden, oft sogar zehn Jahre, bis sie endlich wissen, was die Ursache ihrer Probleme ist: Endometriose.
10 bis 20 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter in Deutschland haben die geheimnisvolle Krankheit, bei der gebärmutterähnliches Gewebe im Bauchraum wuchert und vernarbt, blutet und sich entzündet. "Geforscht wird mit Hochdruck, aber die Ursachen der Krankheit sind immer noch nicht wirklich verstanden", sagt Cordula von Kleinsorgen, die am Berliner Vivantes Humboldt-Klinikum die Endometrioseforschung leitet. Die Internationale Endometriose-Woche vom 8. bis 14. März soll dazu beitragen, das geheime Leiden bekannter zu machen. "Obwohl Endometriose massive körperliche und psychische Probleme für die Betroffenen verursachen kann, gehört sie zu den unterschätzten und zu wenig untersuchten Frauenkrankheiten unserer Zeit", sagt auch Prof. Andreas Ebert, Chef des Endometriosezentrums am Humboldt-Klinikum.
Schon die Diagnose der Erkrankung ist kompliziert, denn beim "normalen" Vorsorgecheck beim Frauenarzt und selbst beim Ultraschall bleibt das Leiden meist unentdeckt: Erst eine Bauchspiegelung gibt definitiv Klarheit, ob und welche Organe betroffen sind. Gebärmutter, Eierstock, Blase oder Darm können das sein - und je nach Befall für heftige Schmerzen bei der Regelblutung, beim Wasserlassen und Stuhlgang, aber auch beim Sex sorgen. "Oft haben diese Frauen sich jahrelang anhören müssen, sie sollten sich nicht so anstellen. Fast 40 Prozent der Patientinnen, die zu uns kommen, haben deshalb auch depressive Symptome", sagt Kleinsorgen.
Am häufigsten wird Endometriose festgestellt, weil sich die erwünschte Schwangerschaft einfach nicht einstellen will. Die Ärzte vermuten, dass die gutartigen Wucherungen die Eileiter verschließen, aber auch den Transport der Spermien und die Befruchtung selbst behindern können. Die Entfernung des kranken Gewebes ist - wenn möglich - dann die einzige Möglichkeit, doch noch auf natürlichem Wege schwanger zu werden. "Aber die Wiedererkrankungsrate ist sehr hoch", räumt Kleinsorgen ein. Dann bleibt nur noch die In-Vitro-Befruchtung.
Spielt der Kinderwunsch keine Rolle, wird auch versucht, mit Medikamenten die Krankheit zumindest in Schach zu halten: Schmerztherapie und Hormonbehandlungen, die die Östrogenausschüttung unterdrücken sollen, gehören dazu. Auch das - zeitlich begrenzte - Herbeiführen der Wechseljahre ist möglich, um die Entzündungsherde "auszuhungern". "Heilbar ist die Krankheit bisher nicht", sagt Kleinsorgen.
Zur Entstehung gibt es verschiedene Theorien, heißt es auch am Endometriose-Centrum der Berliner Charité: Möglicherweise geraten mit etwas Regelblut auch Schleimhautzellen durch die Eileiter in die Bauchhöhle und wachsen dort dann im Monatszyklus weiter. Oder aber bereits während der Embryonalentwicklung läuft etwas schief, Zellen verändern sich zu potenziellen Endometrioseherden und beginnen dann in der Pubertät zu wachsen. Auch die Veranlagungsfrage wird diskutiert: Es gibt zwar kein "Endometriose-Gen", aber doch eine familiäre Häufung der Erkrankung.
Solange über die Ursachen keine Klarheit herrscht, lassen auch neue Therapieansätze auf sich warten. "Bisher haben wir nur die Hormone, aber die verhindern eben auch eine Schwangerschaft", sagt Kleinsorgen. Zumindest arbeiten australische Forscher an neuen Diagnosemethoden: Sie stellten bei erkrankten Frauen verstärkt Nervenfasern in der Gebärmutterschleimhaut fest, die möglicherweise in Zukunft als Indikator dienen könnten. Bis auf weiteres also der einzige Weg: Mehr Aufklärung schaffen und damit körperliche und psychische Leidenswege verkürzen.