Das Interview

Christina Stürmer: "Neustart mit alten Nummern!"

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Am Freitag bringt Christina Stürmer ihr neues Album "MTV Unplugged". Mit Wolfgang Ambros als Gast-Star und ganz neuer Rolle: Stürmer ist jetzt ihr eigener Plattenboss. Das oe24-Interview über Veränderungen, Neustart und das magische Ambros-Duett. 

Sie haben sich nun komplett neu aufgestellt. Sind nun Ihr eigener Plattenboss.
Christina Stürmer:
Im Herbst 2019 ist mein Plattenvertrag ausgelaufen. Dazu habe ich zeitgleich von meinem Management, von dem ich mich eigentlich schon zwei Jahre früher trennen wollte, verabschiedet. Dann ging's für 6 Wochen nach Los Angeles. Einfach mal, um komplett abzuschalten und auch weil wir wussten, dass irgendwann mal für Marina die Schule kommen wird und dann sind wir Ferien-gebunden. Dort habe ich sehr viel nach Managements gegoogelt. Und Sascha Madsen, der Schlagzeuger von Madsen, hat mir Marc Liebscher empfohlen. Wir haben uns dann in München getroffen und stundenlang getratscht und getrunken: Das war Liebe auf den ersten Blick.

Warum dieser Neustart?
Stürmer:
Ich habe nach Veränderung gelechzt. Wir haben dann auch überlegt, ob wir eine andere Plattenfirma suchen. Doch ich habe innerlich gespürt: Ich mag nicht mehr. So toll die 17Jahre auch waren und so viel ich auch gelernt habe, so sehr habe ich die letzten Jahre immer mehr gemerkt, dass mich das reizt, und dass man wegen jedem Furz nachfragen muss, ob man das überhaupt darf. Das hat mich die letzten Jahre über wahnsinnig gemacht. Auch was man auf Social Media machen darf. Deshalb hat bei mir alles innerlich geschrien: Selber machen!

Christina Stürmer:
© Sony Music
× Christina Stürmer:

Sie müssen jetzt aber nicht wie Taylor Swift hergehen und alle Ihre Songs neu aufnehmen.
Stürmer:
Darüber habe ich aber schon nachgedacht. Denn eigentlich finde ich das schon spannend.

Weil Sie die Songs heute anders singen würden?
Stürmer:
Nein, aber gerade die ersten Alben sind ja mit einem Knebelvertrag entstanden. Ich würde es anders singen. Ich find es schon lustig, wenn man die alten Aufnahmen hört, weil die Stimme ja ganz anders klingt.

Auch in den alten Videos sehen Sie anders aus.
Stürmer:
Aber da frage ich mich viel mehr: warum? Ich weiß bis heute nicht, was bei „Ich lebe“ alles los ist. Oder bei „Nie genug“. Wie arg war die Zeit. Da ist man nach Südspanien geflogen und hat dort gedreht.

Das würde die heutige Plattenfirmen-Chefin Christina Stümer nicht mehr erlauben. Da wird gespart?
Stürmer
: Nein, das würde sie nicht erlauben!!! Klar war das super. Wir sind für „Millionen Lichter“ nach Los Angeles geflogen und haben dort vier Tage gedreht. Aber das hat Unmengen gekostet. Ich schau mir am liebsten handgemachte Videos an.

In einer gewissen Weise haben Sie Ihre Songs nun ja schon neu aufgenommen: für das neue Album "MTV Unplugged"
Stürmer:
Genau. Und da habe ich jetzt auch die Masterrechte (lacht). Das MTV-Unplugged ist ein Ritterschlag. Von meiner Generation haben ja alle das Unplugged-Album von Nirvana daheim stehen. Und wenn man bedenkt, wer das schon alles gemacht hat: Eric Clapton, Nirvana, Alanis Morissette. Schon alles ziemlich geil. Klar ist MTV heute nicht mehr das, was es früher war, aber es steht noch immer für Qualität, diese MTV-Unplugged. Es gibt dafür aber auch Regeln. Man kann da nicht so tun, wie man will. Mit Recht. Das ist ein Siegel. Das für Qualität steht.

Christina Stürmer:
© YouTube

Ihr Ambros-Duett „Du bist wia de Wintasun“ bewegt die Herzen.
Stürmer:
Mich haben so viele Leute darauf angesprochen. Auch Lehrer von Marina. Ich bin da ja eigentlich eine ganz normale Mama wie jede andere auch, aber da hieß es dann. „Ich habe das gesehen und wow, das ist so schön und so emotional und so berührend.“ Da sind alle dahingeschmolzen. Aber das finde ich so schön, weil die Nummer ist ja auch nicht mehr die jüngste.

War Ihnen beim Duett klar, dass das ein magischer Moment ist?
Stürmer
: Ja schon. Ich habe es aber auch schon gewusst, wie wir das im Proberaum gespielt haben. Er ist aus Tirol gekommen mit seiner Frau. Eigentlich war geplant, dass wir das proben und er über Nacht in der Nähe bleibt. Im Endeffekt war er eine Stunde da und wollte zwei Wurstsemmeln als Jause. Ich mag ihn total gern, weil er menschelt so. Viele sagen ja, dass er ein grantiger alter Mann ist, aber ich denke, das liegt vor allem daran, weil er immer sagt, was er nicht super findet. Und wenn er zu lange wartet, dann sagt er: „Hättest des ned daham mach'n können“. Das finde ich großartig. Wir haben es vier Mal gespielt. Und nach dem letzten Mal sagt er „Leiwand. Genauso machen wir das!" Und das ist so schön, weil ich genau weiß, wenn Wolfgang etwas leiwand findet, dann findet er es auch leiwand. Das ist in einer Branche, wo es so viele Schulterklopfer gibt, so viel wert.

Ihre Plattenfirma heißt „Ich lebe Records“ so wie einer ihrer größten Hits 
Stürmer:
Wir haben einen Namen gesucht und für mich war "ich lebe" passend. Ich habe auch nicht vor, andere Künstler zu signen. Wir sind mit Christina Stürmer schon reichlich bedient. Ich schupfe mich selbst und da bin ich mehr als ausgelastet.

Christina Stürmer:
© Nikolaus Ostermann
× Christina Stürmer:

Wann kommt neue Musik?
Stürmer:
Gute Frage. Wir haben schon angefangen zu schreiben, schon vor Corona und dann als man wieder fliegen konnte. Da ist ja dann auch 2021 in Berlin der neue Song „Ein halbes Leben“ entstanden.  Ich hoffe, dass wir im Sommer wieder ein bisschen reinkommen und dann ins Studio gehen. Es ist ja auch die Frage, und da habe ich mir noch nicht so viele Gedanken gemacht: Braucht es ein Album? Andere veröffentlichen alle zwei Wochen einen Song. Ich bin immer noch der Album-Freund. Vom alten Schlag.

Gibt‘s Konflikte zwischen der Musikerin und der Geschäftsfrau Christina Stürmer?
Stürmer:
Nein. Eigentlich nicht. Vom Gefühl her bin ich ein Album Mensch. Es braucht aber auch Albumtracks. Es muss nicht alles eine Single sein. Vielleicht wird es eine EP. Es kommt ganz darauf an, wie wir mit dem Songwriting vorankommen. Die Zeit ist so schnelllebig. Im Moment kann ich mir nicht vorstellen, einen Song nach dem anderen rauszuschießen. So wie Mathea das macht. Das finde ich für sie super. Aber für mich geht sich das nicht aus.

Eigentlich hätte das Unplugged-Album schon im November kommen sollen
Stürmer:
Ja, das stimmt, aber ich bin froh, dass es erst jetzt kommt. Ich war ja lange nicht da in der Öffentlichkeit. Bis auf "Masked Singer". Dadurch, dass ich so lange weg war, braucht es nun Zeit für den Aufbau. Auch auf Social Media. Dass man alle aktiviert. Dass man wieder zu den Fans findet. Für das läuft es jetzt eigentlich super. Auch dank dem  Wolfgang-Ambros-Duett.

Wo stehen Sie im Austropop? Ist das ein Neustart?
Stürmer:
Es fühlt sich durch das eigene Label wie ein Neustart an. Mit den alten Nummern.

Sieben Ihrer Alben gingen auf Platz 1. Folgt nun der achte Streich?
Stürmer:
Das hoffe ich. Ist es wichtig? Das weiß nicht! Viele Alben gehen auf Platz 1 und sind dann in der nächsten Woche in der Versenkung. Am liebsten wäre mir natürlich auf Platz 1 einsteigen und dort ein paar Wochen bleiben. Aber es ist jetzt die 1 nicht so wichtig, aber dass es eher weiter vorne ist als hinten, das wäre schon schön. 

Ab April gehen Sie damit auch auf Tour
Stürmer:
Gegenüber dem Volkstheater wird es anders, weil die Bläser und die Percussionistin nicht dabei sind. Die Klavierspielerin kommt mit. Dafür bleibt der Oliver daheim. Bei den Kindern. Marina hat leider Schule, die kann ich nicht drei Wochen rausnehmen.  

Christina Stürmer:
© zeidler
× Christina Stürmer:

Christina Stürmer mit ÖSTERREICH-Reporter Thomas Zeidler-Künz

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