Musiker begeisterte mit aufwendiger Bühnenshow und großartigen Songs
Der Sprung von kleinere in mittelgroße bis große Konzerthallen ist oft nicht nur für Musiker ein Problem, sondern auch für das treue Publikum, ist doch mit der wachsenden Größe der Raumkapazitäten naturgemäß ein steigender Bekanntheitsgrad zu verbinden. Und der bleibt mitunter nicht ohne Qualitätsverlust. Beim Konzert des deutschen Sängers Clueso und seiner sechsköpfigen Band am Mittwoch, 27.4. im Wiener Gasometer durfte zwar Veränderung wahrgenommen werden, aber auf hohem Niveau. Ein Auftritt auf den Punkt gebracht, und das Publikum dankte es ihnen ausgiebig.
Deutlicher Wandel
Immerhin hat der 1980 als Thomas Hübner geborene Musiker seit seinen Anfängen im Hip-Hop-Milieu einen deutlichen Wandel vollzogen, dabei stetig die Verkaufszahlen gesteigert und dennoch nicht an Authentizität verloren. So werden ältere Nummern wie "Vier kleine Wände" nach wie vor ins Set eingebunden, auch wenn am Groove orientierte Stücke oder gar Reggae-Anleihen wie etwa bei "Herz Boom Boom" und "Love The People" seit einigen Jahren verstärkt durch rockige Gitarren und klassische Singer-Songwriter-Arrangements ausgetauscht werden.
Bühnenshow
Dennoch hat der Erfurter den Sprung ins (umsatzträchtigere) Popsegment endgültig und sehr erfolgreich vollzogen, was sich auch an der mittlerweile sehr aufwendigen, aber liebevoll gestalteten Bühnenshow erkennen ließ. Da wurden zu Beginn Videos auf dem Artwork des neuen Albums "An und für sich" entlehnten Dreiecksmustern projiziert, bevor zu dem vielleicht zwingendsten Stück dieser Platte, "Die Straßen sind leer", das Gasometer in einen Tanztempel verwandelt wurde: Ein weißer Vorhang verdeckte die komplette Bühne, die Band trat nur noch schemenhaft hervor, während eine letztendlich an Minimal Techno erinnernde Beatsalve zu hypnotischen Visuals geboten wurde.
Gefühlvoll
Neben den älteren Stücken, neuen Experimenten und den rockigen Klängen der letzten drei Alben kam aber auch die gefühlvolle Schiene nicht zu kurz, wurde gerade die Hitsingle "Gewinner" standesgemäß gefeiert und gab es im Mittelteil bei dem hochkarätigen Doppel aus "Chicago" und "Keinen Zentimeter" kein Halten und vor allem keine stumme Kehle im Publikum. Was dabei auch angesichts des hohen Kreischpegels bei Ansagen von Clueso immer wieder auffiel, war die Fokussierung auf den Song an diesem Abend: Trotz aller Schwärmerei für den feschen Musiker und einer sicher oft abgebrühten Performance sind es letztendlich die großartigen, auch neben den Hitsingles durchwegs zwingenden Stücke, die die Leute überzeugen konnten.
Musikmaschine
Clueso präsentierte sich während des über zweieinhalbstündigen Abends als charmanter Gastgeber einer gut geölten Musikmaschine, der mit seinen Instrumentalisten auch klangtechnisch zu überzeugen wusste. So durften sich allen voran Christoph Bernewitz an der Gitarre, Paul Tetzlaff am Schlagzeug und Keyboarder Philipp Milner mit einigen Solopassagen hervorarbeiten, die auf der rückwärtigen Videowall genau verfolgt werden konnten.
Zu schnell vorbei
Ein kleiner Wermutstropfen ist die doch recht lange Aufwärmzeit, bis das gestrige Konzert seine Betriebstemperatur erreichte: Zwar war der Großteil des Publikums von den ersten Tönen des Eröffnungssongs "Dreh dich" enthusiastisch mit dabei, die wirkliche Reise begann aber erst etwas später. Aber ähnlich wie die Alben des Thüringers meist Anlauf- und Entwicklungszeit brauchen, um ihre Qualität zu entfalten, verhält es sich mit seinen Liveshows. Am Ende - nach zwei Zugaben, einem wunderbar humorvollen Freestyle und etlichen musikalischen Gustostückerln - verlässt man den Saal und denkt an die aktuelle Single von Clueso: "Zu schnell vorbei".
Alle Infos: www.clueso.de