Kriminacht

US-Star-Autor Pollock liest heute in Wien

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Donald Ray Pollock stellt "Das Handwerk des Teufels"  im Cafe Landtmann vor.

Versager, Mörder, religiöse Fanatiker, Menschen, die ihre Machtposition ausnutzen und daran zugrunde gehen - das sind zentrale Figuren in Donald Ray Pollocks Büchern. "Ich kann keine schönen Geschichten schreiben. Ich hatte keine glückliche Kindheit, ich bin mit einer pessimistischen Lebenseinstellung aufgewachsen", sagte der US-Autor am 16. September im Interview mit der APA. Am 17. September liest der 59-Jährige im Rahmen der Wiener Kriminacht um 20.00 Uhr im Wiener Cafe Landtmann.

Der Star-Autor aus der Geisterstadt

Pollock stammt aus dem Kaff Knockemstiff in Ohio, heute eine Geisterstadt. Dort spielen seine im Band "Knockemstiff" (so eben auch auf Deutsch erschienen) zusammengefassten Kurzgeschichten, aber auch große Teile seines Erstlingsroman "Das Handwerk des Teufels". Typen aus der Unterschicht, Versager und Außenseiter, stehen im Mittelpunkt. "Ich tendiere dazu, dieser Sorte von Mensch eher meine Aufmerksamkeit zu schenken", betonte Pollock.  "Wo ich aufgewachsen bin, gab es viele solcher Typen", führte der Autor weiter aus. "Ich habe in einer Fleischverpackungsfabrik gearbeitet, später in einer Schuhfabrik und in einer Papiermühle. Ich habe viel Zeit in Bars verbracht. Ich war ständig von solchen Leuten umgeben. Ich hatte kaum mit Leuten aus der Mittel- oder Oberschicht zu tun."

Bleibt seinem Umfeld treu
Die Kurzgeschichten in "Knockemstiff" handeln von Menschen, die von einem besseren Leben träumen - "und sie versagen dabei alle", so Pollock, der viel von sich selbst in solchen Charakteren sieht: "Wir wollten dem Ort entkommen, wir hatte die große Ambition, von dort wegzukommen. Jetzt bin ich fast 60 und lebe ein bloß paar Kilometer weit von Knockemstiff entfernt, habe nie außerhalb des Bezirks gewohnt. Ich glaube, dass ist ein weltweites Phänomen. Leute haben Ambitionen, aber sie schaffen es nicht. Sie wollen Sportler oder Musiker werden, dann arbeiten sie in einer Fabrik, heiraten und stecken in ihrem Leben fest." Pollock selbst hat sich zumindest mit seiner Arbeit seinen Traum erfüllt. Erst mit 54 Jahren wurde er Autor, nachdem er mit 50 seiner Frau mitgeteilt hatte, dass er seine Arbeit kündigt und mit dem Schreiben beginnen würde. "Das Handwerk des Teufels" brachte den Durchbruch. "Ich gebe den Lesern keine 100 Prozent korrekte Ansicht von Amerika. Es ist Fiktion. Aber ich treffen im Süden von Ohio immer wieder Menschen, die mir sagen, dass irgendeine Figur in meinen Büchern sie an jemand erinnert, den sie kennen."

Brutale Väter sind ein wiederkehrendes Thema
Dominante, alkoholsüchtige oder gewalttätige Väter sind ein wiederkehrendes Motiv in Pollocks Werken. "Ich hatte keine gute Beziehung zu meinem eigenen Vater. Er hatte ein furchtbares Temperament, er drohte ständig zu explodieren, man musste sehr vorsichtig sein." Dass Pollock, der sich nicht als "Krimiautor" versteht, zur Kriminacht geladen ist, lässt sich seiner Meinung nach leicht erklären: "In meinen Geschichten gibt es viel Gewalt und Düsternis, es kommen viele tiefe Typen vor, darum sehen viele Leute mein Buch als Kriminalroman. Ich weiß überhaupt nicht, welche Art von Autor ich bin, ich erzähle einfach meine Geschichten." Und Pollock weiß, dass seine Stoffe nicht jedermanns Sache sind: "Ich verstehe es, wenn Leute meine Sachen nicht lesen wollen. Sie wollen sich am Abend entspannen, ihre Probleme und den Alltag vergessen. Das wird ihnen mit meinen Büchern nicht gelingen."

Wiener Kriminacht
Aber nicht nur Pollock selbst kommt um eines seiner Werke in Wien vorzustellen. Viele andere Autoren haben sich in der Donau-Metropole angemeldet, um aus ihren Büchern zu seleben. An 52 Locations - meist Kaffeehäuser - lesen Autoren bei freiem Eintritt aus ihren Werken. Neben heimischen "Kriminalisten" wie Eva Rossmann oder Stefan Slupetzky stehen auch internationale Starautoren auf der Gästeliste: Martin Walker, Peter James, und das Duo Nicci French.

Info
Sämtliche Programmdetails zur neunten Wiener Kriminacht finden Sie unter www.kriminacht.at.







 

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