Nachhaltiges Österreich

Wie österreichische Konzerne in die Urwaldvernichtung verstrickt sind

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Illegales Holz: Tausende Kubikmeter Holz werden jährlich nach Österreich importiert. Ihre Herkunft ist oftmals dubios. Wer sind die Profiteur:innen dieser Naturzerstörung? 

„Intakte Wälder sind neben Meeren und Mooren als Kohlenstoffsenke die wichtigsten natürlichen Verbündeten im Kampf gegen die Klimaerhitzung. Sie sichern essentielle Ökosystem-Leistungen wie Wasserspeicherung, Biodiversität, Kühlung der Landschaft, Schutz vor Überflutungen oder Lawinen. Der ‚Gesundheits-Zustand‘ der Wälder in der EU ist aber alarmierend: Sie leiden zusehends an den Folgen der Intensiv-Forstwirtschaft in Kombination mit Klimaschäden wie Dürre und Insektenkalamitäten - und illegalem Raubbau.

Der Hitzesommer 2022 hat dramatische Spuren fast in der ganzen EU hinterlassen: Allein in Deutschland sind seit 2018 mehr 500.000 ha Wald (v.a. Nadelforst und stark durchforstete Laubwälder) kollabiert; im Süden Österreichs starben heuer im Sommer Fichtenwälder im Gebirge flächig ab - mit unabsehbaren Folgen für die Täler“, so Matthias Schickhofer, Sprecher des NGO-Bündnisses „Forest Defenders Alliance“.

Wald ist also nicht nur Erholungs- und Lebensraum, sondern auch kimarelevant sowie bietet Schutz gegen Naturgewalten. Nichtsdestotrotz sinkt der Bestand an Waldflächen in Europa immer mehr, nicht zuletzt auch durch illegale Abholzung. Der Raubbau findet dabei auch in ausgewiesenen Wald-Schutzgebieten statt.

Österreichische Holzimporte

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Der österreichische Bedarf an Holz übersteigt das Inlandsangebot deutlich, infolge wird der natürliche Rohstoff jährlich im Gegenwert von über 4,6 Milliarden Euro importiert. Große Mengen stammen etwa aus Rumänen oder der Ukraine, wobei nicht immer nachvollziehbar ist aus welchen Quellen. Dass sich auch illegal geschlägertes Holz darunter findet, das wurde etwa durch die Arbeit des Lieferkettenatlas der Gemeinwohlstiftung COMÚN (https://lieferkettenatlas.com/) bereits ausführlich dokumentiert.

Auch österreichische Holzkonzerne wie EGGER, HS TIMBER und KRONOSPAN waren in der Vergangenheit in dubiose Aktivitäten im Ausland verstrickt (illegale Marktabsprachen). Nun zeigen neue Ermittlungen, dass just diese Unternehmen trotz Gütesiegel und Nachhaltigkeitsversprechen erneut in illegale Aktivitäten in Rumänien involviert sein könnten.

Holz aus „Waschsalons“

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Die Menge legal geernteten Holzes in Rumänien beträgt, ähnlich wie jene in Österreich, etwa 18 Millionen Festmeter. In Rumänien werden allerdings nochmal 20 Millionen Festmeter Holz pro Jahr illegal geschlägert und verschwinden nachweislos. Behördlich kontrolliert wird nur etwa ein Prozent der gesamten jährlichen Holzernte.

In Rumänien wurden in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen, um die illegale Abforstung zu unterbinden – von Digitalisierung der Wälder bis zu errichteten Kontrollinstanzen. Strukturelle Korruption untergräbt jedoch die Bemühungen: Auch diese neuen Stellen sind bereits nachweislich korrupt, mutmaßlich auch unter Einbezug von Regierungsstellen.

Unterschiedliche Praktiken werden z Rate gezogen, um Kontrollregularien zu umgehen. Etwa die „Telleportation“, bei der Holz aus anderen, zum Teil auch geschützten Regionen als solches aus anderen Gebieten ausgegeben wird. Darüber hinaus können sich illegal agierende Gruppen vorbereiten, wenn sie von den Kontrollen im Voraus erfahren.

Verstrickung Österreichischer Fabrikant:innen

Auch große österreichische Konzerne wie KRONOSPAN, EGGER oder HS Timber, profitieren wissentlich oder unwissentlich von illegalem Holz, so Gabriel Paun, rumänischer Umweltschützer und Präsident der NGO „Agent Green“: „Die Wahrscheinlichkeit, dass sich illegales Holz in den Lieferketten dieser Unternehmen findet, ist sehr hoch. Dabei gelangt das Holz in der Regel nicht direkt vom Wald in die Fabriken der Konzerne, sondern über Holzplätze. Diese fungieren als regelrechte Waschsalons für illegales Holz.“

Laut Gabriel Paun hatte das Unternehmen HS TIMBER nach eigenen Angaben in der Vergangenheit Kontakt zu zwei hauptsächlich agierenden kriminellen Gruppen. Eine davon wurde jedoch bereits im Jahr 2016 auf eine schwarze Liste gesetzt, die zweite unmittelbar nachdem das Unternehmen über die Machenschaften informiert wurde. Ein Bestand von einigen tausend Kubikmetern Holz aus dieser Quelle soll allerdings noch vorrätig sein.

Die beiden Unternehmen KRONOSPAN und EGGER haben sich bislang noch nicht im Detail dazu geäußert, ob und in welchem Ausmaß sie Geschäftsbeziehungen zu kriminellen Gruppen hatten oder haben. Laut Angaben der Polizei in Rumänien wurden jedoch Spuren gefunden, die darauf hindeuten, dass zumindest rund 6.000 Kubikmeter Holz bei EGGER von einer der beiden kriminellen Gruppen stammen könnten.

Profiteure von illegalen Praktiken in Österreich zur Verantwortung ziehen

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Die Gemeinwohlstiftung COMÚN, Trägerin der österreichischen Initiative für ein Lieferkettengesetz, fordert anlässlich der jüngsten Aufdeckung aus Rumänien, dass die heimischen Holzkonzerne für die Machenschaften ihrer Subfirmen und deren Zulieferer auch rechtlich zur Verantwortung gezogen werden können müssen. Und zwar hier in Österreich, am Ort der Profitgenerierung und den Sitzen der Eigentümer.

Dies soll etwa durch ein schlagkräftiges Lieferkettengesetz gewährleistet werden. Gegenwärtig finden dazu Konsultationen der österreichischen Bundesministerien für Justiz und für Arbeit und Wirtschaft statt.Die Gemeinwohlstiftung COMÚN ist in diese Gespräche involviert und hat ein umfangreiches Forderungspaket eingebracht, darunter etwa die persönliche Haftung des Managements, der Ausweitung des Geltungsbereichs und der Erweiterung von sogenannten Risikobranchen wie der Baubranche. Im Wettbewerb würden davon auch jene Möbelproduzent:innen, Holzhändler:innen etc. profitieren, die jetzt schon saubere Lieferketten sicherstellen.

Die Strafen für Import illegalen Holzes sind überdies erschreckend gering - bis zu 100.000 Euro, aber erst im Wiederholungsfall. Auch wenn es durchaus Möglichkeiten für heimische Unternehmen gibt sicherzustellen, dass das verwendete Holz aus Österreich stammt und damit nicht aus illegaler Rodung, etwa die PEFC Austria-Zertifizierung. Diese sei im Gegensatz zum FSC-Siegel oder ausländischen Zertifizierungen vertrauenswürdig.

Energetische Nutzung von Holz-Biomasse

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Treiber des wachsenden Holzbedarfs ist auch eine künstlich angeheizte Biomasse-Nachfrage. In Bosnien fungieren nach heutigem Stand 35 Pelletsfirmen, vor einigen Jahren gab es noch kein einziges solches Werk. In Zeiten der Klimakrise die Wälder abzuholzen und die Wald-Biomasse in Kraftwerken zu verbrennen, sei, so Schickhofer von der „Forest Defenders Alliance“, sowieso der falsche Weg und dürfe nicht mehr für die nationalen Klimaziele anrechenbar oder förderbar sein. Es gebe kein „Bio CO2“, Biomasse-Verbrennung werde erst „CO2 neutral“, wenn der nachwachsende Wald die Emissionen aus der Verbrennung wieder aufgenommen hat. Das dauert aber viele Jahrzehnte und komme für die Klimaziele viel zu spät.

Eine Recherche der Forest Defenders Alliance bei Holzkraftwerken in der EU habe außerdem gezeigt, dass hier keineswegs nur „Sägespäne und Reststoffe“ verbrannt werden, sondern zu einem beträchtlichen Anteil auch ganze Baumstämme in den Häcksler wandern.

EU-Ebene

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Europas Wälder werden von Kahlschlägen, Monokulturen, Waldbränden und klimakrisenbedingten Extremwetterereignissen bedroht. Gleichzeitig verantwortet die EU durch ihre Importe 16 Prozent der weltweiten Regenwaldabholzung. Allein der Import an Rohstoffen von Kakao (80% der weltweiten Einfuhren), Kaffee (60%), Rindfleisch (41%), Mais (30%), Palmöl (25% ), Gummi (25%) und Soja (15%) in die EU verursachen einen großen Anteil an der weltweiten Entwaldung. Die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten könnte einen Paradigmenwechsel vollziehen. Importierte Entwaldung wird so unterbunden. Nun gilt es eine starke Position im Europäischen Parlament zu finden, bevor es in die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten und der Kommission geht.

Widerstand gegen einen einheitlichen Schutz von Wäldern gibt es vor allem von den skandinavischen und baltischen Mitgliedstaaten, aber auch Rumänien und das Österreichische Landwirtschaftsministerium wehren sich gegen strengere Regulierungen.
  

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